EZB-Draghi senkt Zinsen und verschärft Strafe für Banken
Zieht SNB-Jordan nach?

Das schmerzt! EZB-Chef Mario Draghi senkt den Strafzins für die Banken im Euroraum auf minus 0,5 Prozent. Der Leitzins bleibt auf Nullniveau. Der Spielraum für die Schweizerische Nationalbank wird damit kleiner.
Publiziert: 12.09.2019 um 19:28 Uhr
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Aktualisiert: 18.09.2019 um 08:36 Uhr
EZB-Chef Mario Draghi (72) hat an seiner zweitletzten Zinssitzung die Geldschleusen nochmals ganz weit geöffnet, pumpt weitere Milliarden Euro in die Märkte und senkt die umstrittenen Strafzinsen für Banken auf minus 0,5 Prozent.
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Sven Zaugg und Christian Kolbe

Super-Mario hat wieder zugeschlagen: EZB-Chef Mario Draghi (72) hat an seiner zweitletzten Zinssitzung der Europäischen Zentralbank die Geldschleusen nochmals ganz weit geöffnet. Er pumpt weitere Milliarden Euro in die Märkte und senkt die umstrittenen Strafzinsen für Banken auf minus 0,5 Prozent. Das heisst: Geschäftsbanken, die ihr Geld bei der EZB bunkern, anstatt die Wirtschaft damit anzukurbeln, werden noch stärker zur Kasse gebeten.

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«Die Strafzinsen tun nun auch den Banken in der Eurozone so richtig weh», sagt Daniel Kalt (48), Chefökonom UBS Schweiz. Wenn die Banken bestraft werden, dann müssen die Sparer zittern. Dieser Donnerstag könnte deshalb zu einem schwarzen Tag für die Kleinsparer in vielen Ländern Europas werden. 

Lagarde wie Draghi?

Vor allem auch, weil Super-Mario noch einen draufsetzen könnte, bevor er abtritt. «Der EZB-Entscheid ist ein Kompromiss. Draghi gibt zwar wieder mächtig Gas, spart sich aber offenbar noch Möglichkeiten auf für seine allerletzte Sitzung Ende Oktober», befürchtet Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff (58). 

Hält sich Draghi bei seiner letzten Sitzung zurück, könnte seine Nachfolgerin Christine Lagarde (63) nachlegen. Sie hat bereits deutlich gemacht, dass sie eine sehr lockere Geldpolitik für absehbare Zeit als nötig erachtet. Erst wenn sich die Inflationsaussichten dem Ziel von knapp unter zwei Prozent annähern, ist laut EZB eine Zinswende möglich. 

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Dabei sah es nach einer Trendwende aus. «Wir hatten alle im letzten Dezember noch die Hoffnung, dass wir aus diesem Schlamassel mit den Negativzinsen wieder rauskommen – diese Hoffnungen haben sich inzwischen zerschlagen», sagt Kalt. Denn selbst die Amerikaner drehen wieder an der Zinsschraube, haben wegen der Folgen des Handelskrieges die Zinsen kürzlich gesenkt. 

Mit dem EZB-Entscheid steigt der Druck auf die Schweizerische Nationalbank (SNB), die seit ein paar Wochen wieder heftig mit Devisenkäufen gegen die Aufwertung des Frankens kämpft. «Die SNB hat seit Anfang August jede Woche zwei bis vier Milliarden Franken in die Märkte gepumpt», so Kalt von der UBS. 

Das könnte sich schon bald wieder ändern. «Die SNB wird nun sehr genau beobachten, wie der Franken auf den EZB-Entscheid reagiert», erklärt Neff. «Solange der Euro zum Franken nicht unter 1.08 fällt, dürfte sie eher mit Devisenmarkt-Interventionen operieren als an der Zinsschraube drehen.» Nach dem EZB-Entscheid fiel der Euro deutlich unter 1.09 Franken.

Den Franken im Fokus

Obwohl der Druck auf die Nationalbank hoch bleibt, scheint eine weitere Senkung der Zinsen derzeit eher unwahrscheinlich. Die nächste reguläre Zinssitzung der SNB ist für 19. September geplant. Aktuell liegt der Leitzins bei minus 0,75 Prozent.

Das glaubt auch UBS-Ökonom Kalt: «Wenn der Schweizer Franken in den kommenden Tagen nicht zu stark aufwertet, dann muss sich die Nationalbank gut überlegen, ob sie in einer Woche die Zinsen weiter senken will – also ihren letzten Pfeil im Köcher verschiesst.» Denn Negativzinsen von mehr als einem Prozent dürften in der Schweiz nur schwer akzeptiert werden. Zu gross wäre der Schaden für Sparer, Pensionskassen und Banken. 

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