Neues Modell könnte Autoversicherungsmarkt umkrempeln
Prämien sparen, während das Auto in der Garage steht

Jetzt gibt es eine Lösung für Wenigfahrer: die Autoversicherung, die die Prämie aufgrund der zurückgelegten Kilometer berechnet. Die Idee: Wenig fahren, weniger Risiko, tiefere Prämie. BLICK hat das neue Modell unter die Lupe genommen.
Publiziert: 19.08.2019 um 23:38 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2019 um 09:21 Uhr
Christian Kolbe

Auch wer wenig Auto fährt, zahlt viel für die Versicherung. Im Schnitt sind es in der Schweiz rund 1200 Franken pro Jahr. Denn die meisten Versicherungsprämien sind nur sehr grob nach der jährlichen Fahrleistung abgestuft. 

Hier setzt das Start-up Autosense an und bringt zusammen mit dem Versicherer Dextra ein neuartiges Versicherungsmodell auf den hiesigen Markt. Dieses verrechnet nur die effektiv gefahrenen Kilometer, heisst Flexdrive und ist ab heute Dienstag erhältlich, wie BLICK erfahren hat. 

Versicherung passt sich Lebensumständen an

Wenn sich die Lebens- oder Arbeitsumstände ändern und das Auto plötzlich nur noch in der Garage statt im Pendler-Stau steht, dann lässt sich mit Flexdrive Geld sparen. Wie viel liegt drin? «Wir gehen von mehreren Hundert Franken im Jahr aus», so Nicolas Noth (53) von Autosense auf Anfrage. «Das haben erste Tests ergeben.» 

Wer weniger fährt, verursacht weniger Unfälle.
Foto: Timothy Pfannkuchen
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Und so funktioniert die neue Versicherung: Die Autosense-App herunterladen, den Adapter kaufen (Kostenpunkt 60 bis 90 Franken), diesen an der sogenannten Standardschnittstelle anschliessen und die Motorfahrzeug-Versicherung bei Dextra abschliessen (direkt in der App).

Haftpflicht und Vollkasko sind im Angebot. Teilkasko auch, allerdings spielt dabei die Fahrleistung keine Rolle, denn die Teilkasko deckt Schäden, die auch an einem stehenden Auto passieren können. Also gibt es hier auch kein Sparpotenzial. 

Neu für die Schweiz 

Jetzt also zählt jeder Kilometer, abgerechnet wird monatlich über die in der App hinterlegte Kreditkarte.

«Dieses Angebot gibt es in dieser Form in der Schweiz noch nicht», sagt Andrea Auer (33) vom Vergleichsdienst Comparis. «Es ist attraktiv, weil man wirklich weniger zahlt, wenn man weniger fährt.»

Das zahlt sich auch für die Umwelt aus: Wer öfter mit dem Velo oder dem ÖV zur Arbeit fährt, muss sich nicht mehr über zu viel bezahlte Versicherungsprämien grämen. 

Daten gegen Geld 

Geht die Rechnung für den Versicherer auf? Ja, glaubt Fabian Schmid von Dextra. «Es gibt einen sehr direkten Zusammenhang zwischen Fahrleistung und dem Schadenpotenzial.» Diese Erkenntnis fliesse noch viel zu wenig in die klassischen Versicherungsmodelle ein, so Schmid. 

Keine Ausnahme ist das neue Angebot insofern, als die Kunden mit Daten bezahlen. Versicherungsexpertin Auer: «Daten gegen Geld, das ist ein Trend, der sich in der Branche schon länger beobachten lässt.» Das heisst, die Versicherer sammeln Daten der Kunden, können so das Risiko eines Unfalls besser einschätzen und gerechtere Prämien berechnen. 

So sparen Sie bei der Autoversicherung

Vergleichen: Jedes Jahr die Angebote vergleichen. Nicht den Fehler machen, eine Versicherung abzuschliessen, den Dauerauftrag einzurichten und sich dann nicht mehr darum zu kümmern. Die Prämie sinkt nicht von allein. Vor allem bei der Haftpflicht gibts bei identischen Leistungen grosse Preisunterschiede. Aufpassen, dass man die Kündigungsfrist nicht verpasst. 
Fragen stellen: Es lohnt sich, immer wieder mal den Versicherungsberater zu kontaktieren und Wechselfreude zu signalisieren. Oft lässt sich bei solchen Gesprächen eine tiefere Prämie herausholen.
Leistungen: Eine Vollkasko braucht es nur für Neuwagen, spätestens nach dem 4. Betriebsjahr lohnt sich diese umfangreiche Deckung nur noch für sehr teure Autos. Für alle anderen reicht die wesentlich günstigere Teilkasko. Auch die Insassen-Unfallversicherung braucht es nicht. In der Schweiz sind die allermeisten Mitfahrer über den Arbeitgeber oder die Krankenkasse unfallversichert. 

Vergleichen: Jedes Jahr die Angebote vergleichen. Nicht den Fehler machen, eine Versicherung abzuschliessen, den Dauerauftrag einzurichten und sich dann nicht mehr darum zu kümmern. Die Prämie sinkt nicht von allein. Vor allem bei der Haftpflicht gibts bei identischen Leistungen grosse Preisunterschiede. Aufpassen, dass man die Kündigungsfrist nicht verpasst. 
Fragen stellen: Es lohnt sich, immer wieder mal den Versicherungsberater zu kontaktieren und Wechselfreude zu signalisieren. Oft lässt sich bei solchen Gesprächen eine tiefere Prämie herausholen.
Leistungen: Eine Vollkasko braucht es nur für Neuwagen, spätestens nach dem 4. Betriebsjahr lohnt sich diese umfangreiche Deckung nur noch für sehr teure Autos. Für alle anderen reicht die wesentlich günstigere Teilkasko. Auch die Insassen-Unfallversicherung braucht es nicht. In der Schweiz sind die allermeisten Mitfahrer über den Arbeitgeber oder die Krankenkasse unfallversichert. 

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Autosense und Dextra sind neue, kleine Unternehmen, die diesen Trend konsequent zu Ende denken. Stellt sich die Frage, was etablierte Konkurrenten in diesem Bereich im Köcher haben: Nichts, lautet kurz und knapp die Antwort der Allianz.

Die grossen Versicherer sind nicht so flexibel

Auch die Nummer 1 unter den Autoversicherern gibt sich bedeckt. «Wir berücksichtigen die Angabe der pro Jahr gefahrenen Kilometer beim Abschluss einer Autoversicherung bereits heute standardmässig als Kriterium für die Prämienberechnung», heisst es auf Anfrage bei der Axa. Mehr möchte die Versicherung nicht verraten.

Etwas anders liegt der Fall bei der Zurich: Diese ist zusammen mit Swisscom und Amag am Mobilitäts-Start-up Autosense beteiligt. Die Versicherung prüfe regelmässig, welche Produkte und Dienstleistungen in Zukunft basierend auf verändernden Kundenbedürfnissen «und auch in Bezug auf Autosense entwickelt werden können». 

Klar aber ist eines: Ab einer Fahrleistung von rund 12'000 Kilometern sind die Grossen wieder im Spiel, lohnen sich normale Autoversicherungen wieder. Wer mehr fährt, zahlt auch bei Flexdrive nicht mehr pro Kilometer, sondern eine Pauschalprämie. Allerdings liegt diese rund zehn bis 20 Prozent höher als bei den Standardangeboten.

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