Oberster Energiedirektor Mario Cavigelli zur Alpiq-Krise
«Ein Unternehmen muss rote Zahlen schreiben können»

Sie wollten Beteiligungen an Wasserkraftwerken verkaufen. Doch der Energiekonzern Alpiq findet keine Investoren. Der oberste Energiedirektor Mario Cavigelli greift Alpiq nun an – und bewegt sich im Wasserzinsstreit.
Publiziert: 28.08.2017 um 23:38 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 18:13 Uhr
Gehört der Alpiq zu 21,6 Prozent: Der Zervreilasee im Kanton Graubünden in der Gemeinde Vals.
Foto: GIAN EHRENZELLER
Cinzia Venafro
«Die Energiekonzerne dürfen nicht auf dem Rücken der Bergkantone ihre Bilanzen sanieren», sagt CVP-Mann und Präsident der Energiedirektorenkonferenz Mario Cavigelli.
Foto: PETER KLAUNZER

Er atmet auf: «Ich bin schon etwas erleichtert», sagt Mario Cavigelli (52), Bündner Regierungsrat und Präsident der Energiedirektorenkonferenz. Grund: Der Energiekonzern Alpiq hat den Verkauf von Wasserkraftwerkbeteiligungen abgeblasen – weil er schlicht keine Investoren gefunden hat.

«Alpiq hatte einen Verkauf ins Ausland nicht ausgeschlossen. Da hätten wir nicht gewusst, in welchen Händen unsere Stauseen am Ende noch landen», sagt Mario Cavigelli.

Und der oberste Energiedirektor der Schweiz greift Alpiq an: «Vorübergehend muss ein Unternehmen in der Lage sein, rote Zahlen zu schreiben», sagt der CVP-Mann. «Eine rote Null alleine heisst nicht, dass man notleidend ist.» Dafür müsste das Unternehmen auch in der Vergangenheit defizitär gewesen sein. Er betont: Stromkonzerne wie Alpiq hätten während Jahrzehnten gut verdient an der Wasserkraft.

Und trotzdem: Jetzt verdient man in der Schweiz mit Wasserkraft kein Geld – etwa, weil für jede Kilowattstunde ein Wasserzins an die Standortgemeinde berappt werden muss.

Die Bergkantone bewegen sich im Wasserzinsstreit

«Die Energiekonzerne dürfen nicht auf dem Rücken der Bergkantone ihre Bilanzen sanieren», sagt Cavigelli und lehnt eine Reduktion, wie sie der Bundesrat vorschlägt, rigoros ab. «Trotzdem sind wir unter eng eingegrenzten Voraussetzungen bereit, eine Senkung der Wasserzinsen von 110 Franken pro Kilowattstunde Bruttoleistung auf 100 Franken zu prüfen. Diese zehn Franken sollen aber nur ein Darlehen sein.»

Roland Eberle, SVP-Ständerat und Vizepräsident der Energiekommission.
Foto: GAETAN BALLY

Damit die Gebirgskantone diese Kröte schlucken, fordert Cavigelli «totale Transparenz» von den Stromkonzernen. Sie müssten ihre Kosten und Erlöse, die ihnen beim Wasserkraftstrom anfallen, vollständig offenlegen. «Es geht doch nicht an, dass man jahrzehntelang gut verdient, Dividenden ans potente Unterland ausschüttet und jetzt die Bergkantone und Randgebiete ohne ernste Not dafür bluten lässt.»

Selbst die SVP will den Strommarkt wieder regulieren

Auffallend: Der Wasserstrommarkt ist derart unattraktiv – sogar am rechten Rand des Nationalrats wird der Ruf nach dem Staat laut. «Beim Strom muss der Staat seine Pfoten draufhaben. Man muss den europäischen Überschussmarkt steuern und einschränken, auch wenn es wehtut», sagt Roland Eberle (63, SVP/TG), Vizepräsident der Energiekommission des Ständerats.

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Und auch die SP poltert: «Das Angebot, das Alpiq potenziellen Investoren gemacht hat, ist schlicht schlecht und viel zu wenig attraktiv.» Solange sie nur gewillt sei, Minderheitsbeteiligungen an Wasserkraftwerken abzugeben, würden interessierte Käufer vergrault. «Es gibt auch im Inland genügend Leute, die in Wasserkraft investieren wollen», sagt SP-Energiepolitiker Eric Nussbaumer (57, BL).

Wieso gibt es Streit um Wasserzinsen?

Stromfirmen müssen den Kantonen sogenannte Wasserzinsen abliefern. Sie müssen für die Benützung des öffentlichen Guts Wasser also etwas bezahlen.

Derzeit sind es 110 Franken pro Kilowattstunde. Der Bundesrat will diesen Betrag auf 80 Franken senken, um die gebeutelten Strombarone zu entlasten. Dies geht der Konferenz der kantonalen Energiedirektoren zu weit.

Derzeit bezahlen Stromfirmen 110 Franken pro Kilowattstunde.
Keystone

Stromfirmen müssen den Kantonen sogenannte Wasserzinsen abliefern. Sie müssen für die Benützung des öffentlichen Guts Wasser also etwas bezahlen.

Derzeit sind es 110 Franken pro Kilowattstunde. Der Bundesrat will diesen Betrag auf 80 Franken senken, um die gebeutelten Strombarone zu entlasten. Dies geht der Konferenz der kantonalen Energiedirektoren zu weit.

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