«Ein Bankangestellter ist nicht mein Kumpel»
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Weil sie hip sein will:Die Credit Suisse duzt ihre Kunden am Schalter

Weil sie hip sein will
Die Credit Suisse duzt ihre Kunden

Die letzte Bastion fällt: Schweizer Grossbanken steigen aufs «Du» im Umgang mit Kunden um. Auch Krawatte und Anzug fallen weg. Die Mitarbeiter ziehen sich in Zukunft «cool» an.
Publiziert: 03.09.2020 um 18:43 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2020 um 18:31 Uhr
Franziska Scheven

Der Schweizer und seine Bank, das ist eine enge aber förmliche Beziehung. Ein Banker, der seinen Klienten duzt? Undenkbar. Trotz oder grad wegen des Vertrauens, das man als Kunde seiner Bank entgegenbringt. Schon Banklehrlinge tragen Anzug und Krawatte. Das steht für Seriosität und sorgt auch für das nötige Vertrauen. Damit ist bei der Credit Suisse nun Schluss.

Die Grossbank will genau dieses etwas verstaubte Image ablegen. Sie will jung und hip rüberkommen. Man will das Gefühl vermitteln, auf Augenhöhe mit der neuen Zeit zu sein. Der Kunde wird ab jetzt in der neuen Filiale an der Europaallee in Zürich geduzt. «Die «Du-Kultur» ist Teil unseres neuen Geschäftsstellenkonzepts und kommt in der letzte Woche eröffneten Filiale in der Zürcher Europaallee erstmals zur Anwendung», sagt eine CS-Sprecherin zu BLICK.

In den kommenden Jahren soll das neue Geschäftsstellenkonzept auch an weiteren Standorten umgesetzt werden.

Die Credit Suisse will mit dem neuen Auftritt cooler rüberkommen.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Ein «Du» ist die Ausnahme

«Wenn ein Kunde in die Filiale kommt, stellt sich der Mitarbeiter neu mit dem Vornamen vor», sagt der Leiter des Privatkundengeschäfts der Credit Suisse, Serge Fehr, gegenüber dem Tages-Anzeiger. «Wir werden die Regeln der Bankenbranche ändern», sagt er. Wenn der Kunde sich aber nicht mit Vornamen vorstelle, dann erfolge das Gespräch in der Sie-Form, ergänzt Fehr.

Das formelle «Herr» und «Frau» fällt also künftig weg, wenn es keinen Aufschrei der CS-Kunden gibt.

Damit ist die Credit Suisse in der Schweiz Vorreiterin. In den Filialen vieler Regionalbanken oder bei der UBS wird weiterhin gesiezt. «Ausser Sie haben ein persönliches Verhältnis mit dem Kunden. Sonst werden bei uns alle gesiezt», verrät ein Mitarbeiter einer Raiffeisen-Filiale in Zürich. Auch Valiant und die Zürcher Kantonalbank handhaben das so.

Vermögende Kunden werden gesiezt

Nicht alle Banken ziehen bei dem radikalen Schritt mit. «Gerade bei sehr vermögenden Kunden oder solchen aus Asien ist ein Du nicht der richtige Umgang», sagt Serge Steiner, Mediensprecher der Schweizer Bankenvereinigung.

Dabei spielt der kulturelle Hintergrund eine wichtige Rolle. Kunden aus Asien würden eher gesiezt und mit «Herr» und «Frau» angesprochen. Amerikaner hingegen verzichten gern auf diese Formalität und bieten den Vornamen an, erklärt Steiner.

Man will «cool aussehen»

Innerhalb der Bank ist das anders. Das «Du» unter Kollegen ist hier nichts Neues. Krawatte und Anzug sind ebenfalls seit längerem keine Pflicht mehr. Von der Regionalbank bis zur UBS trägt man kaum noch Schlips im Büro.

In der Filiale und gegenüber dem Kunden ist dieser Schritt eindeutig radikaler. «Es wird künftig in der Filiale keine Krawatte mehr geben», kündigt Fehr die neue Massnahme an. Die neue Kleider-Ordnung: Hemd, trendige Chino-Hosen und weisse Turnschuhe. So wolle man «cool aussehen», sagt er.

Später Wechsel

Experten sind skeptisch, was das «Du» gegenüber dem Kunden angeht. «Den Kunden zu Duzen birgt Risiken», sagt der Unternehmensberater Andreas Kerneder (31) zu BLICK.

«Die Kunden könnten sich wegen der fehlenden Distanz auf den Schlips getreten fühlen. Zudem besteht die Gefahr, als unprofessionell wahrgenommen zu werden. Selbst bei jüngeren Kunden merken wir immer wieder, dass ein «Du» unangebracht ist. Dies variiert allerdings von Branche zu Branche.»

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