Booktokerin Valentina Vapaux
Diese Influencerin macht dich zur Leseratte!

Sie hat einen französisch anmutenden Nachnamen, spricht leicht überdreht von ihren Leseerlebnissen und erreicht damit im Internet eine Drittel-Million Follower: Porträt der Booktokerin Valentina Vapaux (23).
Publiziert: 28.02.2024 um 19:01 Uhr
«What the hell»: Mit dem Kopfkissen im Nacken kommentiert Vapaux Donna Tart.
Foto: zVg
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Daniel ArnetRedaktor Gesellschaft / Magazin

Kopfkissen im Nacken, Buch auf Brust blickt Valentina Vapaux (23) in die Kamera, reisst die Augen auf, verdreht sie und spricht in exaltiertem Englisch: «Ich bin ungefähr auf Seite 220 von Donna Tarts ‹Geheimer Geschichte› und ich möchte Bunny tot sehen – zur Hölle! – ich weiss, dass er stirbt.»

In einem anderen Kurzvideo auf Youtube sieht man sie in einem Amsterdamer Antiquariat, darüber Musik und der Schriftzug: «Ich fand eine 100 Jahre alte Erstausgabe von Freud, die ungekürzten Liebesbriefe von Sartre und Beauvoir und eine gebrauchte Ausgabe von ‹Die Liebeshandlung› von Jeffrey Eugenides.»

Belesen, berührt, behende – diese Eigenschaften beweist Vapaux nur schon mit diesen wenigen Sekunden im Internet. Und sie bewegt damit auch andere: 140'000 Abonnentinnen und Abonnenten hat sie auf ihrem Youtube-Kanal, den sie mit 15 gründete. Auf Instagram hat sie gut 88'000 Follower, auf Tiktok fast 85'000.

Auf der Sorbonne und bei der «New York Times»

Valeria Vapaux ist der Künstlername von Anna Valentina Plesnar, die mit deutsch-mexikanischen Wurzeln im bayerischen Ingolstadt aufgewachsen ist und heute in Berlin lebt. Vapaux ist die Zusammensetzung aus dem finnischen Wort «vapaus» für Freiheit und der französischen Endung «aux» – très chic!

Im Sommer 2019 war sie einen Sommer lang an der Université Paris-Sorbonne und beschäftigte sich mit französischer Literatur und der Geschichte der Frau in der französischen Gesellschaft. 2020 nahm sie dann an einem Programm der «School of The New York Times» teil und lernte Artikel zu schreiben.

Im Internet machte die Influencerin zunächst mit Make-up-Tutorials und Reiseberichten von sich Reden, bevor sie sich fast ausschliesslich der Literatur und deren Vermittlung zuwandte. Im letzten Dezember war sie deshalb Gast im «Literaturclub» auf SRF unter dem bezeichnenden Motto «Kafka meets Booktok».

Gegen «Steinzeit-Feuilletonisten» und «Kultur-Jürgen»

Auf Booktok erreicht Vapaux, die heute praktisch nur noch englischsprachige Videos produziert, vor allem junge Frauen zwischen 18 und 25 Jahren – einerseits, weil sie emotional über die Lektüre redet und auch mal losheult oder ein Buch an die Wand wirft; andererseits, weil sie über Titel spricht, die ihre Altersgruppe auch interessieren.

«Generation Z – Zwischen Selbstverwirklichung, Insta-Einsamkeit und der Hoffnung auf eine bessere Welt» heisst der «Spiegel»-Bestseller von Vapaux, den sie 2021 veröffentlichte. Sie hatte es satt, dass 60-jährige Babyboomer ihre Generation erklären, «Steinzeit-Feuilletonisten» und «Kultur-Jürgen», die von Jugendkultur keine Ahnung haben.

Pah, das sitzt! Aber sie zeigt sich auch zerbrechlich, etwa im Gedicht «Bornholmer Strasse», mit dem sie 2019 den deutschen Lyrikwettbewerb «lyrix» gewann. Darin heisst es: «Hab mich hochgekämpft / Will wieder runterfallen. / An den seichten Ort / wo ich noch Träume hatte.» Momentan erfüllt sich Vapaux einen Traum – sie schreibt an ihrem ersten Roman.

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