Foto: FilmMagic

Das meint SonntagsBlick zum Model-Missbrauch
Endlich werden Täter enttarnt

Sind es bloss ein paar Wölfe im Schafspelz oder hat der Missbrauch im Modelbusiness System? Inzwischen sind viele der Übeltäter entlarvt, weil die Opfer nicht mehr schweigen und endlich gehört werden.
Publiziert: 13.06.2020 um 22:39 Uhr
|
Aktualisiert: 08.04.2021 um 18:31 Uhr
Katja Richard

Was tun diese Mädchen da oben bloss? Es ist bestimmt zehn Jahre her, seit ich den Elite Model Look in Zürich besuchte. Ausgestellt im grellen Scheinwerferlicht und in Unterwäsche balancierten superdünne Teenager unsicher über den Laufsteg – keine Kinder mehr, aber auch noch keine Frauen. Begafft von einem Publikum, das im Schutz des Dunkels verborgen blieb. Den meisten Models war anzusehen, dass sie sich nicht so richtig wohlfühlten mit so viel nackter Haut. Ich bin alles andere als prüde, aber ich hätte am liebsten um jede von ihnen eine Decke geworfen. Die Szenerie hatte etwas Beklemmendes. Zum Glück gibts das heute nicht mehr.

Die Wahrheit ist: Wo junge, bildschöne und hoffnungsvolle Frauen zusammenkommen, um als Models Karriere zu machen, da lauern jene Männer mit Macht, die es skrupellos ausnützen. «Predators» nennt man sie in der Branche, also Jäger – oft gehören Fotografen, Agenten, Stylisten oder gutbetuchte Sponsoren dazu.

Bei den Models sind viele der Übeltäter längst bekannt. Ihre Namen werden auf schwarzen Listen weitergereicht, um Anfängerinnen vor Übergriffen zu schützen. Enttarnt wurden sie erst im Zuge der #metoo-Bewegung: Mehr als 50 Models nannten Namen, darunter tauchten Patrick Demarchelier, Mario Testino und Terry Richardson auf, drei der renommiertesten Fotografen der Branche.

Marketingchef Ed Razek (r.) soll Models mehrfach massiv belästigt haben. Bella Hadid habe er aufgefordert «das Höschen wegzulassen». Inhaber Leslie Wexner habe ihn gewähren lassen.
Foto: Astrid Stawiarz/Getty Images for Fragrance Foundation
1/6

Die Macher der Engel sind gefallen

Dass die ganz grossen Player der Branche ihre schmutzigen Hände im Spiel haben, wurde beim jüngsten Skandal um Victoria's Secret publik. Das Unterwäsche-Label steht massiv in der Kritik. Jahrelang soll Besitzer und Multimillionär Les Wexner (82) sexuellen Missbrauch seiner Models ignoriert haben. Eine, die schon länger keine Lust mehr hatte, den sexy Engel zu spielen, war Topmodel Karlie Kloss (27). Sie hängte die berühmten Flügel bereits vor ein paar Jahren an den Nagel, weil dies nicht das Bild von Schönheit sei, das sie jungen Frauen vermitteln wolle.

Damit ist wohl auch das Bild der Frau gemeint, die sexuell gefällig ist und Missbrauch schweigend über sich ergehen lässt. Viel zu lange sind die Täter ungeschoren davongekommen, auch weil ihre traumatisierten Opfer geschwiegen haben – aus Scham, aber auch weil in den bisherigen Machtstrukturen niemand ihre Stimmen hörte.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?