Foto: Richard Dumas/VU/laif

Emmanuelle Seigner (53) über das Problem, Polanskis Frau zu sein
«Die meisten Künstler hassen sich selber»

Trotz Skandalen blieb sie bei ihrem Mann: Emmanuelle Seigner (53), Ehefrau von Roman Polanski (86), plant eine Karriere als Rocksängerin.
Publiziert: 28.01.2020 um 23:01 Uhr
Interview: Dominik Hug

Sie gilt bis heute als eine der schönsten Frauen Frankreichs. 1989 heiratete Emmanuelle Seigner (heute 53) den 33 Jahre älteren Star-Regisseur Roman Polanski (86). Er hatte dem Model kurz zuvor zu einer grossen Hauptrolle in seinem Kinofilm «Frantic» (1988) verholfen. Es folgten fünf weitere Filme, die sie mit ihrem Gatten drehte. Doch jetzt will Seigner aus Polanskis Schatten treten und hat mit ihrer neuen Rockband L’Épée ihre erste CD veröffentlicht. Für das Interview mit BLICK ruft Seigner aus Paris an. Sie sitzt in einem Taxi und ist auf dem Weg zum Bahnhof. Sie will für ein paar Tage in die Normandie.

BLICK: Emmanuelle Seigner, Sie waren ein begehrtes Model und haben es als Schauspielerin zu Weltruhm gebracht. Wieso wollen Sie jetzt auch noch Rocksängerin werden?
Emmanuelle Seigner: Ich liebe Musik schon mein ganzes Leben. Vor allem die Rockmusik der frühen 70er-Jahre: die Stooges, die Rolling Stones, The Velvet Underground, David Bowie, Nico und Debbie Harry waren meine Helden, sie sind es bis heute.

Das hört man auf Ihrer CD.
Ja, ich mag Rap und R’n’B nicht besonders, auch die kommerzielle Popmusik von heute nicht. Die ist mir zu geschliffen. Der Mainstream ist nichts für mich.

Früher Model, dann Schauspielerin: Emmanuelle Seigner.
Foto: Getty Images for Miu Miu
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Wie Rock'n'Roll sind Sie?
Ziemlich Rock'n'Roll. Wobei ich nie rauchte, auch nicht trinke. Drogen, nein danke! Ich fing mit 14 als Model an, machte das aber nur, weil es leicht verdientes Geld war. Der Job hat mich ansonsten überhaupt nicht interessiert. Dann war ich plötzlich Schauspielerin. Das ist super. Aber mein Traum war es eigentlich immer, Sängerin zu werden und mit einer Band um die Welt zu touren. Ich musste lange warten, bis ich mir diesen Traum erfüllen konnte.

Lieber spät als nie.
Richtig. Ich habe in den letzten Jahren schon ein paar CDs aufgenommen. Aber erst jetzt fühlt es sich richtig an. Moment, ich muss kurz fürs Taxi bezahlen. Ich rufe gleich zurück.

Nach 43 Sekunden ist Emmanuelle Seigner wieder am Apparat. Sie stehe am Bahnhof, sagt sie. Es sei die Hölle los.

Der Zug hat wieder mal Verspätung. Die Leute sind alle genervt. Immer diese Hektik überall. Paris ist verrückt, ganz Frankreich ist verrückt.

War das nicht immer so?
Doch. Eigentlich schon (lacht).

Auf früheren CDs sangen Sie mit Brett Anderson, Iggy Pop, Bela B. von den Ärzten und Ihrem Mann Roman Polanski. Wer ist am talentiertesten?
Iggy Pop natürlich. Aber ich bin da voreingenommen. Ich liebe ihn schon seit meiner Jugend. Roman ist aber auch nicht schlecht. Wobei, ich sollte nicht über ihn reden.

Emmanuelle Seigner weiss genau, dass jeder Satz, den sie über ihren Mann verliert, um die Welt geht. Polanski darf bis heute nicht in die USA reisen, sonst droht ihm eine Verhaftung. Ihm wird vorgeworfen, vor 40 Jahren eine Minderjährige vergewaltigt zu haben. Das war vor ihrer Zeit. Trotz der Anklagen wich sie nie von der Seite ihres Mannes.

Wären Sie gerne nochmals jung?
Ich vermisse die Unbeschwertheit von früher. Aber heute nochmals jung zu sein, möchte ich nicht. Die Welt ist so kompliziert und grob geworden, alle sind immer so hektisch, das zehrt an den Kräften. Ich fühle mich völlig okay mit meinem Alter. Ich gehöre nicht zu den Frauen, die sich übers Alter beklagen und darüber, dass sie weniger begehrt sind oder weniger Rollen angeboten bekommen, weil sie jetzt schon über 40 sind. Jeder Lebensabschnitt birgt Schönheit.

Sie sagten mal, Sie seien eine Feministin. Zugleich bekunden Sie Mühe damit. Das Problem mit Feministinnen sei, dass sie ihre Weiblichkeit verlieren und wie Männer werden.
Richtig. Aber ich mag darüber nicht mehr sprechen. Es langweilt mich. Je heisser ein Thema in der Gesellschaft hochgekocht wird, umso öder finde ich es. Will ein Mann einer Frau sagen, dass er sie schön findet, sollte er das auch tun dürfen, ohne dass er gleich zur Hölle geschickt wird. Ich liebe Frauen, sie sind grossartig! Aber ich liebe auch Männer für das, was sie sind.

Sehen Sie sich als Vorbild?
Nein, überhaupt nicht. Das liegt auch nicht an mir, mich als Vorbild hervorzuheben. Dafür bin ich viel zu unsicher. Manchmal denke ich, mein ganzes Leben sei ein einziger Strudel. Und ich versuche nur, nicht zu ertrinken. Ich glaube, das geht vielen Künstlern so. Die meisten Künstler hassen sich selber.

Inwiefern ein Strudel?
Ich will gute Filme drehen. Dein Leben wird nicht einfacher, wenn du mit einem grossen Regisseur verheiratet bist. Andere Regisseure sind oft gehemmt, wenn sie mich verpflichten wollen. Leute können auch sehr eifersüchtig sein. Aber man kann nicht alle für sich gewinnen. Als Schauspieler bist du immer abhängig von den Sehnsüchten und Wünschen anderer. Es ist nicht einfach. Aber dann, nichts im Leben ist einfach.

Setzen Sie darum auf die Karte Musik?
Ja. Da bin ich weniger abhängig von anderen, muss mich auch niemandem unterwerfen. Ich wähle die Leute, mit denen ich arbeiten möchte. Wir sind ein kleines Team, ich habe viel mehr Kontrolle, das mag ich. Beim Film sind gleich immer viele Dutzend Leute involviert.

Worauf sind Sie am meisten stolz?
Auf Filme wie «Venus im Pelz» oder «Frantic». Auch «Bitter Moon» mag ich noch immer.

Und privat?
Ich habe eine tolle Familie, aber ich weiss nicht, ob ich darauf stolz sein kann. Auch wenns manchmal schwierig ist in einer Beziehung, sollte man nicht gleich alles immer hinterfragen. Meine Eltern sind bis heute zusammen, so bin ich erzogen worden.

Worauf freuen Sie sich?
Ich freue mich auf die kleine Europa-Tournee, die wir bald machen. Ich würde mit meiner Band auch mal gerne durch die USA reisen.

Das müssten Sie aber ohne Ihren Mann machen.
Ich weiss. Das wäre okay.

Sie und Roman Polanski haben ein Chalet in Gstaad BE. Wie oft sind Sie in der Schweiz?
Er ist öfter da als ich. Ich verbringe vielleicht einen Monat pro Jahr in Gstaad. Ich mag den Schnee. Aber ich mag die Grossstadt etwas mehr. Deshalb zieht es mich meist schnell wieder zurück nach Paris.

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
Ich treibe gerne Sport. Ich liebe es auch, zu lesen, und treffe mich oft mit Film-Leuten. In meinem Leben ist immer etwas los. Jetzt sollte ich aber auf den Zug, der wartet nicht auf mich. Ach, immer diese Hektik! Au revoir!

«Frantic» war ihr Durchbruch

Er war ein berühmter Regisseur, sie ein junges Model: Roman Polanski engagierte Emmanuelle Seigner Ende der 80er-Jahre für eine grosse Rolle im Thriller «Frantic» – der Film wurde ein Hit, Seigner ein Star. Kurze Zeit später heirateten die beiden. Polanski engagierte seine Frau noch für weitere Filme, unter anderem für «Die neun Pforten» (1999) mit Johnny Depp (56). Das Paar hat zwei Kinder: Tochter Morgane (27) und Sohn Elvis (21). Schon 1977 wurde Polanski in Los Angeles wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen angeklagt. Seither ist er nie wieder in die USA eingereist. 2009 sass er wegen eines internationalen Haftbefehls der USA mehrere Wochen in einem Schweizer Gefängnis, bevor er acht Monate Hausarrest in seinem Chalet in Gstaad BE absitzen musste. Die Justizbehörden lehnten den Auslieferungsantrag der USA schliesslich ab.

Er war ein berühmter Regisseur, sie ein junges Model: Roman Polanski engagierte Emmanuelle Seigner Ende der 80er-Jahre für eine grosse Rolle im Thriller «Frantic» – der Film wurde ein Hit, Seigner ein Star. Kurze Zeit später heirateten die beiden. Polanski engagierte seine Frau noch für weitere Filme, unter anderem für «Die neun Pforten» (1999) mit Johnny Depp (56). Das Paar hat zwei Kinder: Tochter Morgane (27) und Sohn Elvis (21). Schon 1977 wurde Polanski in Los Angeles wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen angeklagt. Seither ist er nie wieder in die USA eingereist. 2009 sass er wegen eines internationalen Haftbefehls der USA mehrere Wochen in einem Schweizer Gefängnis, bevor er acht Monate Hausarrest in seinem Chalet in Gstaad BE absitzen musste. Die Justizbehörden lehnten den Auslieferungsantrag der USA schliesslich ab.

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