Hater schiessen gegen Familienfoto von Reality-TV-Stars
Jetzt werden schon Babys gemobbt

Die Kleine ist erst fünf Monate alt. Von ihren Eltern in die Öffentlichkeit gezerrt, wird sie mit lieben Kommentaren, aber auch Beleidigungen überhäuft. Nun platzt dem Vater der Kragen.
Publiziert: 19.12.2019 um 00:26 Uhr
|
Aktualisiert: 15.06.2020 um 14:59 Uhr
Katja Richard und Flavia Schlittler

Ist dieses Baby zu dick? Diese Frage richtet sich an die fünf Monate alte Yoko. Eigentlich geht das ja niemanden etwas an. Doch seit der Geburt am 27. Juni können das Mädchen auf Social Media alle sehen und schonungslos bewerten. Verantwortlich dafür sind seine Eltern Peer Kusmagk (44) und Janni Hönscheid (29). Die Reality-TV-Stars aus der RTL-Nackt-Kuppelshow «Adam sucht Eva» teilen ihr Familienleben mit 160'000 Instagram-Fans.

Auch Yokos Bruder Emil-Ocean (2) wird prächtig inszeniert, er hat zudem bereits ein eigenes Instagram-Profil. Die Geschwister strahlen nicht nur in die Kamera, sie tragen als Werbebotschafter für Milchpulver, Sitzgruppen und Glacespielwagen auch zur Familienkasse bei. Beliebt bei den Fans sind zudem die persönlichen Geschichten. So schreibt ihre Mutter über Yokos Not-Kaiserschnitt: «Ich bin nachts aufgewacht und lag in meinem eigenen Blut.»

Das junge Leben ihrer Kinder gedeiht unter den wachsamen Augen der Internetgemeinde heran. Dafür gibt es viele positive Kommentare, nett gemeinte Worte, aber auch Beleidigungen.

Janni Hönscheid und Tochter Yoko. Viele finden die Kleine herzig, manche dick.
Foto: Instagram
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«Süsse Speckimaus» – «fettes Kind»

Von «süsse Speckimaus», «nicht gesund» bis «fettes Kind»: Bodyshaming macht auch vor Babys nicht halt. Natürlich verteidigt Janni Hönscheid ihre Kleine: «So wie du bist, bist du genau richtig. Kaum sind Kinder auf der Welt, wird man verrückt gemacht, dass etwas nicht stimmt, dass man vielleicht nicht in der Normkurve liegt. Dass man irgendwas falsch macht.»

Seid erwachsen, Eltern

Die Wahrheit ist kein Knuddelbärchen: Eltern sind selber schuld, wenn sie Kinderfotos frei zugänglich ins Internet stellen und dann Häme ernten. Leichtsinn hier, Schwachsinn dort, dazwischen liegt nur ein Klick. Wer sich wundert oder empört, soll dies über sich selbst tun.

Es war ja schon immer so, dass man das eigene Baby für das süsseste Wesen auf Erden hält. Und dass diese Ansicht nicht zwingend die ganze Welt teilt. Heute jedoch spielt sich Elternstolz exhibitionistisch in den weltweiten Weiten des Internets ab, unkontrolliert und dauerkommentiert.

Bei allem grossartigen Nutzen, den das Netz bietet, geht schnell vergessen: Das Internet ist nicht nett. Die sogenannt sozialen Medien können grausam asozial sein. Die negativen Folgen von globaler, gern anonymer Häppchen-Kommunikation sind unverdaute und unverdauliche Auswürfe.

Als Erwachsener kann man sich darauf einlassen, wenn man mag. Wer aber seine Kinder dem digitalen Mob zum Frass vorwirft, handelt respekt- und verantwortungslos. Ausgerechnet jenen gegenüber, die man über alles liebt. Und die sich nicht wehren können.

Liebe Eltern, statt Bildergalerien zu posten, nehmt ihr lieber wieder mal ein Bilderbüechli hervor. Das Staunen und Strahlen des Kindes ist echte Emotion, kein Emoticon.

Die Wahrheit ist kein Knuddelbärchen: Eltern sind selber schuld, wenn sie Kinderfotos frei zugänglich ins Internet stellen und dann Häme ernten. Leichtsinn hier, Schwachsinn dort, dazwischen liegt nur ein Klick. Wer sich wundert oder empört, soll dies über sich selbst tun.

Es war ja schon immer so, dass man das eigene Baby für das süsseste Wesen auf Erden hält. Und dass diese Ansicht nicht zwingend die ganze Welt teilt. Heute jedoch spielt sich Elternstolz exhibitionistisch in den weltweiten Weiten des Internets ab, unkontrolliert und dauerkommentiert.

Bei allem grossartigen Nutzen, den das Netz bietet, geht schnell vergessen: Das Internet ist nicht nett. Die sogenannt sozialen Medien können grausam asozial sein. Die negativen Folgen von globaler, gern anonymer Häppchen-Kommunikation sind unverdaute und unverdauliche Auswürfe.

Als Erwachsener kann man sich darauf einlassen, wenn man mag. Wer aber seine Kinder dem digitalen Mob zum Frass vorwirft, handelt respekt- und verantwortungslos. Ausgerechnet jenen gegenüber, die man über alles liebt. Und die sich nicht wehren können.

Liebe Eltern, statt Bildergalerien zu posten, nehmt ihr lieber wieder mal ein Bilderbüechli hervor. Das Staunen und Strahlen des Kindes ist echte Emotion, kein Emoticon.

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Auch Yokos Vater, der RTL-Dschungelkönig 2011, geht in die Offensive. «Damit rechnest du ja wirklich als Allerletztes, dass jemand einem schreibt: ‹Dein Kind ist zu dick.› Sagt mal, Leute, gehts noch oder was? Also, ich meine, das ist doch wirklich das Absurdeste, was ich in meinem ganzen Leben gehört habe», äussert er sich in deutschen Medien zornig.

Mimi Jägers Kleiner wirbt für Zahnbürsten und Posterbilder

Auf den werbewirksamen Zug sind auch Schweizer Prominente aufgesprungen. Ex-Freestyle-Skifahrerin Mirjam «Mimi» Jäger (37) und Ex-Bachelor Rafael Beutl (34) haben gemeinsam 90'000 Follower auf Instagram. Sie vermarkten mit ihrem bald dreijährigen Sohn Louie Zahnbürsten, Schuhe und Posterbilder, auch der Kleine hat bereits seine eigene Internetseite. Jäger sagt dazu: «Mein Kind gehört zu meinem Leben, Social Media auch. Heute hat dies die klassischen Fotoalben ersetzt, das Handy die Fotokamera. Vieles läuft digital ab. Man kann es nie allen recht machen. Diejenigen, die lästern wollen, sollen. Meine Meinung dazu steht.»

Mehr als 173 Millionen Bilder sind unter #Baby zu sehen

Wer weiss, was Yoko und Louie dazu sagen, wenn sie Teenager sind und sie Zehntausende als speckiges Baby, in Windeln, mit elektrischer Zahnbürste in der Hand und schoggiverschmiertem Mund gesehen haben? Längst sind es nicht nur Prominente, die Fotos von ihren Kindern auf Facebook oder Instagram teilen. Unter dem Hashtag #baby finden sich knapp 173 Millionen Bilder. Es sind nicht nur vorteilhafte Aufnahmen, die für jedermann einsehbar sind.

Werden diese mit fiesen Worten kommentiert, meint eine Followerin von Peer Kusmagk und Janni Hönscheid: «Sorry, man muss ja sein Kind nicht auf dem Kanal zeigen, selber schuld.»

Wenn posten, dann möglichst anonym

Dürfen Bilder von Babys einfach ins Netz gestellt werden? Eine Frage, die jede Familie beschäftigt. «Das Recht am eigenen Bild ist ein höchstpersönliches Recht, das jeder Person bereits ab der Geburt zusteht», sagt die Basler Datenschutzexpertin Sandra Husi. «Man soll selber bestimmen können, wer welche Informationen über einen zur Kenntnis nehmen oder bearbeiten darf – und zu welchem Zweck.»

Gemeinsam mit der Kinderanwältin Rita Jedelhauser hat sie näher untersucht, ab welchem Alter Minderjährige als urteilsfähig gelten können in Sachen «Bilder von mir auf Social Media». Sie kommen zum Schluss: «Etwa vom Kindergartenalter an. Wenn sich ein Kind dann beim Fotografieren abwendet, ist das zu respektieren.» Wer dann gegen den Willen oder ohne Einwilligung des Kindes ein Bild auf Social Media, in einem Gruppenchat oder auf Whatsapp veröffentlicht, verletzt dessen Persönlichkeit.

Vorher werden Kleinkinder noch durch ihre Eltern vertreten. Dabei dürfen diese nicht gegen die Interessen des Kindes handeln. «Bilder, die entwürdigend sind oder die Intimsphäre verletzen, sind nie von der elterlichen Sorge gedeckt», sagt Jedelhauser.

Was manche Eltern vergessen: Viele Aussenstehende haben ein Interesse am digitalen Leben von Kindern und Jugendlichen. «Von Pädophilen über grosse Internethändler, die dem Kind massgeschneiderte Werbung schicken, bis hin zu Versicherungen, die aufgrund von Bildanalysen zu einem späteren Zeitpunkt eine Deckung ablehnen», warnt Jedelhauser.

Tipps, wie man Fotos von Kindern im Internet sicherer macht:

  • Kinder von hinten oder ohne direkte Aufnahme des Gesichts ablichten
  • Nie Namen und Adressen nennen
  • Keine Angaben zu gesundheitlichen Beschwerden machen
  • Vorher bewusst die Perspektive wechseln: «Würde ich solche Bilder von mir im Netz gezeigt haben wollen?»
  • Immer dran denken: Was im Netz ist, bleibt im Netz

Cornelia Döbeli, Rechtsanwältin im Beratungszentrum des «Beobachters».

Dürfen Bilder von Babys einfach ins Netz gestellt werden? Eine Frage, die jede Familie beschäftigt. «Das Recht am eigenen Bild ist ein höchstpersönliches Recht, das jeder Person bereits ab der Geburt zusteht», sagt die Basler Datenschutzexpertin Sandra Husi. «Man soll selber bestimmen können, wer welche Informationen über einen zur Kenntnis nehmen oder bearbeiten darf – und zu welchem Zweck.»

Gemeinsam mit der Kinderanwältin Rita Jedelhauser hat sie näher untersucht, ab welchem Alter Minderjährige als urteilsfähig gelten können in Sachen «Bilder von mir auf Social Media». Sie kommen zum Schluss: «Etwa vom Kindergartenalter an. Wenn sich ein Kind dann beim Fotografieren abwendet, ist das zu respektieren.» Wer dann gegen den Willen oder ohne Einwilligung des Kindes ein Bild auf Social Media, in einem Gruppenchat oder auf Whatsapp veröffentlicht, verletzt dessen Persönlichkeit.

Vorher werden Kleinkinder noch durch ihre Eltern vertreten. Dabei dürfen diese nicht gegen die Interessen des Kindes handeln. «Bilder, die entwürdigend sind oder die Intimsphäre verletzen, sind nie von der elterlichen Sorge gedeckt», sagt Jedelhauser.

Was manche Eltern vergessen: Viele Aussenstehende haben ein Interesse am digitalen Leben von Kindern und Jugendlichen. «Von Pädophilen über grosse Internethändler, die dem Kind massgeschneiderte Werbung schicken, bis hin zu Versicherungen, die aufgrund von Bildanalysen zu einem späteren Zeitpunkt eine Deckung ablehnen», warnt Jedelhauser.

Tipps, wie man Fotos von Kindern im Internet sicherer macht:

  • Kinder von hinten oder ohne direkte Aufnahme des Gesichts ablichten
  • Nie Namen und Adressen nennen
  • Keine Angaben zu gesundheitlichen Beschwerden machen
  • Vorher bewusst die Perspektive wechseln: «Würde ich solche Bilder von mir im Netz gezeigt haben wollen?»
  • Immer dran denken: Was im Netz ist, bleibt im Netz

Cornelia Döbeli, Rechtsanwältin im Beratungszentrum des «Beobachters».

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