«Hört verdammt noch mal auf zu klatschen!»
Andra Day über ihre Rolle als Jazz-Ikone Billie Holiday

Sängerin Andra Day war bei den diesjährigen Oscars als beste Hauptdarstellerin nominiert. Mit Blick spricht sie über ihre Rolle in «The United States vs. Billie Holiday» – und wie es sich anfühlt einen Song zu singen, der die Lynchmorde an Schwarzen behandelt.
Publiziert: 28.04.2021 um 21:10 Uhr
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Aktualisiert: 01.05.2021 um 14:22 Uhr

Sie rüttelte die Welt auf. Mit ihrem Auftritt im Jahr 1939 im Café Society in New York und ihrem Song «Strange Fruit» thematisierte die afroamerikanische Sängerin Billie Holiday die Lynchmorde an Schwarzen. Im Blockbuster «The United States vs. Billie Holiday» verkörpert Sängerin Andra Day (36) die Rolle der legendären Jazzsängerin. Im Film sieht man, wie Billie Holiday erbittert von Drogenfahndern verfolgt wird – die Regierung wollte verhindern, dass sie mit ihrem Protest-Song auftritt. Während des Interviews mit Blick wird Day nicht müde zu betonen, wie wichtig es ihr ist, die Geschichte von Holiday zu erzählen. Für die R&B- und Soulsängerin war es die erste Filmrolle überhaupt. Für ihre Darstellung wurde Day gleich mit einem Golden Globe geehrt und für einen Oscar nominiert.

Blick: Frau Day, was bedeuten Ihnen solche Auszeichnungen?
Andra Day:
Ich bin einfach nur dankbar, dass die Welt bereit ist, Billie Holidays Geschichte zu hören. Dass es einen Raum und Ort dafür gibt, dass wir Frauen, wir schwarzen Frauen, gesehen werden. Es ist so wichtig, dass die Menschen ihre Story hören und beginnen zu verstehen.

Was müssen die Menschen besser verstehen
Es geht nicht nur um die Geschichte der Schwarzen, die Geschichte Amerikas, sondern die Geschichte darüber, was sich auf der ganzen Welt in Bezug auf Sklaverei und Rassismus abgespielt hat – und immer noch abspielt. Ich bin sehr dankbar, dass ich durch diese Auszeichnungen und Billie Holidays Geschichte einen Teil davon sichtbar machen kann und mehr Menschen Zugang dazu finden.

Andra Day wurde für ihre Rolle als Billie Holiday im Film «The United States vs. Billie Holiday» für einen Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert.
Foto: DUKAS
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Eine gewaltige Aufgabe für Ihre allererste Rolle …
... und darum bedeuten mir die Auszeichnungen auch viel, weil sie nicht nur meine Arbeit repräsentieren, sondern die des gesamten Casts. Ich durfte mit wunderbaren, erfahrenen Menschen zusammenarbeiten. Ihr Wirken steckt in mir als Billie Holiday. Ich kam als Neuling ans Set und durfte jeden Tag von ihnen lernen.

Sie sind selbst Musikerin. Hatten Sie eine Beziehung zu Billie Holiday, bevor Sie sie spielten?
Ich habe ihr gegenüber immer nur Liebe, Respekt und Dankbarkeit empfunden. Die ersten Lieder, die ich von ihr gehört habe, waren «Sugar» und «Strange Fruit». Diese Werke haben mir gezeigt, was es bedeutet, eine grosse Sängerin zu sein. Sie halfen mir dabei, meine eigene Stimme zu finden. Meine Lieder sollten auch so intensiv sein, eine Botschaft haben und einen Zweck erfüllen – selbst, wenn es sich nur um ein Liebeslied handelt.

Was haben Sie während Ihrer Zeit als Billie Holiday über sie herausgefunden, was sie zuvor noch nicht über sie wussten?
Mir war nicht klar, dass sie vom FBI verfolgt und zum Staatsfeind Nummer eins erklärt wurde, weil sie «Strange Fruit» sang. Sie war drogenabhängig, doch letzten Endes hat das FBI ihren Tod zu verantworten. Sie hat ihre Lebensgeschichte umgeschrieben und sie als tragischen Junkie dargestellt. Doch in erster Linie war sie eine berühmte Jazzsängerin. Das wollten Lee Daniels (Anm. d. R.: der Regisseur des Films) und ich deutlich zeigen – sie war und ist eine Ikone der Bürgerrechtsbewegung.

Andra Day

Andra Day ist eine Soul- und R&B-Sängerin, Songwriterin und Filmschauspielerin. Sie wurde 1984 im Bundesstaat Washington geboren. Mit der Ballade «Rise Up» wurde sie bekannt, den Song performte sie an der Inaugurationsfeier von US-Präsident Joe Biden. Für ihre Darstellung der Jazz-Legende Billie Holiday wurde sie mit einem Golden Globe als beste Hauptdarstellerin geehrt. Bei der Oscar-Verleihung 2021 war sie in der gleichen Kategorie nominiert.

Andra Day ist eine Soul- und R&B-Sängerin, Songwriterin und Filmschauspielerin. Sie wurde 1984 im Bundesstaat Washington geboren. Mit der Ballade «Rise Up» wurde sie bekannt, den Song performte sie an der Inaugurationsfeier von US-Präsident Joe Biden. Für ihre Darstellung der Jazz-Legende Billie Holiday wurde sie mit einem Golden Globe als beste Hauptdarstellerin geehrt. Bei der Oscar-Verleihung 2021 war sie in der gleichen Kategorie nominiert.

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«Strange Fruit» ist ein gewaltiger Song mit einer starken Aussage. Wie war es für Sie, dieses Lied heute zu singen?
Ich zollte Billie damit Tribut. Doch im Laufe der Zeit, als ich immer mehr mit ihr verschmolzen bin und den Song schliesslich am Set vor Publikum sang – da habe ich Wut gefühlt. Ich sang «Blut auf den Blättern und Blut an der Wurzel», es geht um schwarze Körper an den Pappeln, denen die Augen aus den Höhlen herausquellen, es riecht nach verbranntem Fleisch. Und die Leute haben geklatscht und meinten «das war wundervoll» und ich dachte nur: «Hört verdammt noch mal auf zu klatschen, das ist Horror, das ist kein schöner Song.» Ich habe mit Billie mitgefühlt – sie war bereit zu sterben, als sie diesen Song performte. Und das habe ich als Schauspielerin gefühlt. Ich habe eine Dringlichkeit verspürt die Leute dazu aufzufordern: Tut etwas, bevor die nächste Person sterben muss!

Sie haben es selbst angesprochen – Billie Holiday war drogenabhängig. Sie starb im Alter von 44 Jahren an einer Leberzirrhose. An ihrem Sterbebett stand die Polizei, um sie noch einmal wegen Drogenbesitzes zu verhaften. Verfolgt Sie dieses Unrecht noch, obwohl die Dreharbeiten ja jetzt vorbei sind?
Meine Zuneigung zu Billie Holiday wurde nur noch tiefer. Sie wird mich nie wieder loslassen.

Ab 29. April im Kino: «The United States vs. Billie Holiday»

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