Queen Elizabeth II. (†96) ist tot
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Rückblick auf ihr Leben:Queen Elizabeth II. (†96) ist tot

Königin Elisabeth II. – 70 Jahre auf dem Thron
Sieben schicksalhafte Momente

Am 6. Februar 1952 wurde Elizabeth II. zur Königin von England ausgerufen. Viele schicksalshafte Ereignisse haben ihr Leben geprägt. Die wichtigsten davon lassen sich an genauen Daten festmachen.
Publiziert: 06.02.2022 um 10:02 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2022 um 21:04 Uhr
Jean-Claude Galli

Vor 70 Jahren wurde Elizabeth II. (95) zur Königin ausgerufen. Ihre Anfänge waren vom Tod ihres Vaters George VI. (1895–1952) überschattet, die Krönung folgte am 2. Juni 1953. In seinem Standardwerk hat Biograf Nick Davies (1939–2016) auf den Punkt gebracht, weshalb die Königin derart fasziniert. «Obschon sie so omnipräsent ist, gehört sie zu den ganz wenigen Menschen, die noch nie gesagt haben, wie es ihnen eigentlich geht und was sie für eine Meinung haben.»

Ihr Befinden lässt sich nicht einmal an kleinen Gesten oder der Mimik abschätzen. Gerne würde sie, glaubt man Davies und anderen Chronisten, die sie persönlich getroffen haben, sich strikte aus der Öffentlichkeit heraushalten. Doch wenn eine den wichtigsten Grundsatz von Macht kennt, dann sie: «Man muss mich sehen, damit man an mich glaubt.»

Schon in ihren Mädchenjahren wird jedes ihrer Worte gewogen und abgesegnet. Auch jene der allerersten Ansprache an das Volk, am 13. Oktober 1940 übers Radio, an die in den Luftschutzkellern sitzenden Kinder aus dem Volk gerichtet. «Wenn Frieden kommt, dann erinnert euch daran, dass es unsere Aufgabe sein wird, die Welt von morgen zu einem besseren und glücklicheren Ort zu machen.»

Königin Elizabeth II. und Prinz Philip bei der Krönung 1953.
Foto: Getty Images
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Besuch im Schlafzimmer

Was ihr Vater nur noch in den späteren Jahren erlebt – BBC 1 beginnt 1936 zu senden –, ist für Elisabeth II. ein ständiger Begleiter, den es zu kontrollieren gilt: das Fernsehen. Ihre Krönung wird als erste eines britischen Monarchen übertragen. Praktisch alle ihre Begegnungen mit Bürgerinnen und Bürgern finden kontrolliert statt – mit Ausnahme des nie ganz aufgeklärten Besuchs des Londoner Flachmalers Michael Fagan, dem es am 9. Juli 1982 gelingt, an allen Wachen des Buckingham-Palastes vorbei bis ins Schlafzimmer der Queen vorzudringen.

Bis tief in die 1960er-Jahre ist Elisabeth II. weit entfernt vom Bild der fürsorglichen Volksmutter. Dass sie wirklich echt ist und die Distanz zu ihren Mitmenschen ein Problem sein kann, zeigt ihr der 29. Oktober 1966 brutal auf. Damals besucht sie das Bergwerksdorf Aberfan in Wales, wo durch einen Erdrutsch 144 Menschen, darunter 116 Kinder, sterben. Dass sie ihre Aufwartung erst acht Tage nach der Tragödie macht, nehmen ihr die Landsleute jahrelang übel. Die als Annäherung gedachte TV-Sendung «Royal Family» ist 1969 ein Quotenhit, wird aber von vielen Briten als anbiedernd empfunden und ist auch intern umstritten, weil er die den Hof umgebende Mystik entzaubert. Später nimmt die BBC den Dokfilm auf Wunsch von oben wieder zurück.

Eine förmliche Beziehung verbindet die Queen mit «ihren» Premierministern, bis und mit zur Abwahl von Labour-Mann James Callaghan allesamt Männer. Mit dem Amtsantritt von Margaret Thatcher (1925–2013) am 4. Mai 1979 ist da plötzlich eine zweite starke Frau, deren Handlungen sich auf die Queen auswirken. Bis heute wird das Verhältnis der beiden als latent angespannt geschildert, Äusserungen gibt es dazu kaum. Erschüttert ist die Queen hingegen, als am 27. August desselben Jahres Earl Mountbatten (1900–1979) auf seinem Boot Shadow V in der Bucht von Sligo einem IRA-Attentat zum Opfer fällt. Der Onkel von Prinz Philip soll die königliche Ehe 1947 angebahnt haben und galt als einer der wenigen wirklich Vertrauten der Monarchin.

Schüsse auf die Königin

Auch die Königin selber ist naturgemäss ein Ziel von Attentaten, die meisten davon werden schon in ihrer Planung vereitelt. Doch ein Jahr vor dem Schlafzimmerbesuch von Michael Fagan kommt Elisabeth II. weniger glimpflich davon. Der damals 17-jährige Marcus Sarjeant schiesst bei der Militärparade «Trooping the Colour» am 13. Juni 1981 mit einer Starterpistole sechsmal auf die auf ihrem Lieblingspferd Burmese sitzende Queen, bevor er überwältigt wird. Seine Motivation, die er kurz zuvor in sein Tagebuch niederschreibt: «Ich werde der berühmteste Teenager der Welt sein.» Nach einer Haftstrafe wird er entlassen und mit einer neuen Identität ausgestattet. Sein Entschuldigungsschreiben beantwortet die Queen nicht. Ein ähnliches Attentat vom selben Jahr anlässlich eines Staatsbesuchs in Neuseeland wird erst 2018 offiziell bestätigt.

Beinahe zeitgleich tritt noch eine starke Frau ins Leben der Queen, die ihr durch ihr gewinnendes Wesen und die daraus resultierende Popularität gefährlich wird. Bis zu ihrem Unfalltod am 31. August 1997 stiehlt ihr Lady Di (1961–1997) bei jedem ihrer Auftritte jene Show, die Elisabeth II. um jeden Preis vermeiden will. Ende der 1980er-Jahre akzentuiert sich die Ehekrise zwischen Di und Prinz Charles (73), was die Queen angeblich stark betrübt. Anfang der 1990er-Jahre wird erstmals eine gewisse Amtsmüdigkeit registriert. Diese gipfelt in der Rede vom 24. November 1992 zu ihrem 40. Thronjubiläum, als sie den Brand auf Windsor Castle, die Trennung von Prinz Andrew (61) und Sarah Ferguson (62) und die Scheidung ihrer Tochter Anne (71) von Mark Philips (73) unter der treffenden Bezeichnung «Annus horribilis» zusammenfasst.

Mit Tony Blair (68), Premierminister von 1997 bis 2007, umgibt sich Elisabeth II. im Gegensatz zu Margaret Thatcher gerne. Er hilft ihr, aus dem Popularitätstief nach dem Tod von Lady Di herauszukommen, und steht am Anfang jener Metamorphose, die im Film «The Queen» von Stephen Frears (80) 2006 mit Helen Mirren (76) gipfelt, der zusammen mit dem historischen und versöhnlichen Staatsbesuch in Irland im Mai 2011 einen beträchtlichen Anteil an der Ikonenbildung der echten Königin bis zum heutigen Tag innehat. Und mit zunehmendem Alter ist bei ihr jedes Jahr ein Goodwill-Zugewinn auszumachen. Das Bild der am 17. April 2021 allein in der Kapelle auf Schloss Windsor um ihren Gatten trauernden Queen löst weltweit Mitleid aus. Es ist der beste Beweis, dass jemand wirklich menschlich und greifbar geworden ist, auch wenn er ein ganzes Leben lang für diese Wandlung gebraucht hat.

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