Mötley-Crüe-Bassist Nikki Sixx
Der geläuterte Rockstar

Nikki Sixx, der Bassist der legendären Glam-Metal-Band Mötley Crüe, liebte «Sex, Drugs and Rock 'n' Roll» – und starb zweimal fast wegen Drogenmissbrauch. Das hat er heute alles hinter sich gelassen und will mit SonntagsBlick nur über Musik sprechen.
Publiziert: 25.06.2023 um 09:59 Uhr
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Laszlo SchneiderTeamlead People-Desk

Eine Horde junger Männer mit Vokuhila und Lederjacken marschiert offensichtlich alkoholisiert und wohl unter Einfluss diverser andere Substanzen durch ein Hotel. In ihrem Rausch schlagen sie alles kurz und klein, was sich ihnen an Inventar in den Weg stellt. Schnitt. Wenig später ziehen die Typen von Tischchen in einer Suite weisses Pulver rein, während sich im Hintergrund halb bis ganz nackte Frauen auf Boxspringbetten räkeln. Die Protagonisten dieser Szenen des Films «The Dirt – Sie wollten Sex, Drugs und Rock 'n' Roll» aus dem Jahr 2019 sind die Bandmitglieder von Mötley Crüe, einem der Aushängeschilder des sogenannten Glamrock.

Der Streifen beruht auf wahren Begebenheiten – und Bassist Nikki Sixx (64) war Teil davon. Obwohl Mötley Crüe nach der Veröffentlichung des Films noch einmal an Popularität gewinnen konnte, Sixx möchte mit den dargestellten Eskapaden nicht mehr in Verbindung gebracht werden. In Zeiten, in denen die deutsche Rockband Rammstein wegen ihres Umgangs mit Groupies heftiger Kritik ausgesetzt ist, hat Sixx mit dem Thema abgeschlossen. Im Vorfeld zu unserem Gespräch heisst es, man solle bitte ausdrücklich von Fragen zum Drogenmissbrauch oder den Gewalttaten seines Bandkollegen Tommy Lee (60) absehen. Es gehe ihm heute nur noch um die Musik.

Keine Frage, der Kalifornier ist einer der begnadetsten Bassisten seiner Zeit. Und er ist wohl der einzige, der dem Teufel zweimal vom Karren gefallen ist: Heroinüberdosen haben ihn fast das Leben gekostet. Der Nahtoderfahrungen wegen entstand 1989 auch der grösste Hit von Mötley Crüe: «Kickstart My Heart». Den Erfolgssong wird er womöglich auch am 27. Juni zum Besten geben, wenn der geläuterte Rockstar mit Mötley Crüe und der britischen Heavy-Metal-Band Def Leppard in Thun BE auftritt. «Ich liebe die Schweiz», sagt Sixx im Gespräch. «Die Landschaft, das Essen und die Architektur hier sind wunderbar. Und ich freue mich darauf, das Land ein bisschen geniessen zu können.»

Nikki Sixx, Bassist der legendären Glamrock-Band Mötley Crüe, möchte nichts mehr mit seinem alten Rockstar-Image zu tun haben.
Foto: DUKAS
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«Ich will weit weg von den Leuten sein»

Das passt zum neuen Lebensstil des ehemaligen Tunichtguts. Sixx lebt nämlich mittlerweile in einer abgelegenen Ecke im US-Bundesstaat Wyoming («weil ich weit weg von den Leuten sein möchte»), meditiert täglich und schreibt gemeinsam mit seiner Frau ein Kinderbuch. Haben Mötley Crüe ohne ihr abgeranztes Image überhaupt noch die Ausstrahlung der vergangenen Tage? Für Sixx steht ausser Frage, dass es nicht die Negativschlagzeilen sind, warum er und seine Kumpanen gross geworden sind: «Was Mötley Crüe so einzigartig gemacht hat, war das Songwriting. Ausserdem hatten wir durch die Stimme von Sänger Vince Neil einen aussergewöhnlichen Sound. Und den Glamrock.»

Wenn der Amerikaner über das Subgenre spricht, kommt er in Fahrt – und hier zeigt sich auch sein musikalisches Fachwissen: «Wenn ich an Glam denke, denke ich an die 70er, an David Bowie und Queen. Viele Leute, die in den 80ern aufgewachsen sind, meinen, Glam sei ausschliesslich ein Produkt ihrer Zeit. Es ist aber eine Hybridform aus 70er- und 80er-Rock.» Musiker wie Eddie Van Halen (1955–2020) hätten Mötley Crüe die Türen geöffnet und ihnen gezeigt, was Bands in den 80ern mit Einflüssen von früher bewirken können.

Er fände es genial, zu sehen, dass es mittlerweile auch wieder andere Bands gebe, die dem klassischen Rock abschwören. Mit einer davon sind Mötley Crüe seit Februar auf Achse: Def Leppard. Und als wir auf die Tour zu sprechen kommen, will Sixx dann doch kurz über den Film sprechen, der sein Leben mit allen Abgründen zeigt.

«Wir sind eine grosse Familie»

«Nachdem ‹The Dirt› erschienen war, zu einem solch grossen Erfolg wurde und wir vor allem plötzlich eine ganz neue Fanbase hatten, fragte ich meine Mötley-Crüe-Kumpanen an, ob wir nicht wieder auf Tour gehen wollen», erinnert er sich. Sie seien sich aber nicht hundertprozentig sicher gewesen, ob das eine so gute Idee sei – «bis Def Leppard ins Spiel kam». Nach der Pandemie und nach dem Film hätten sie sich alle danach gesehnt, wieder auf der Bühne zu stehen und zu touren. «Wir sind keine Konkurrenten, sondern eine grosse Familie, die sich gegenseitig unterstützt», schwärmt der Rockstar. Und so wechseln sich Def Leppard und Mötley Crüe von Februar bis August als Headliner ihrer Konzerte ab. Ob es seit Tourstart zu demolierten Hotelzimmern gekommen ist? Überliefert ist nichts.


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