Peach Weber über Erfolge, seine Kinder und seinen Rücktritt
«Muss ich bald nebst ‹Herrdöpfel› auch ‹Frauöpfel› sagen?»

Er ist längst Kult. Peach Weber ist seit über 40 Jahren eine feste Grösse in der Schweizer Humorlandschaft. Ein Gespräch über Erfolg, Grosseltern und wieso er bis heute nie richtig erwachsen geworden ist.
Publiziert: 23.11.2023 um 22:28 Uhr
|
Aktualisiert: 15.01.2024 um 07:55 Uhr
Aurelia Robles, Glückspost
Glückspost

Halb elf Uhr in Wohlen AG: Peach Weber (71) ist etwas erkältet und dennoch gut gelaunt. Der Aargauer Komiker hat noch genau 90 Minuten Zeit, um über sein soeben veröffentlichtes Hörbuch «Peach Weber verzellt vom Zwerg Stolperli», auf dem er seine vier bisher erschienenen «Stolperli»-Kinderbücher vorliest, zu sprechen. Um 12 Uhr wird er mit seinen Kumpels Pétanque spielen, wie jede Woche, bei jedem Wetter.

GlücksPost: Vor 19 Jahren haben Sie Ihre letzte Comedy-Show im Jahr 2027 angekündigt. Wie bereitet man sich so lange auf diesen Moment vor?
Peach Weber: Normale Leute würden einen Plan machen. Aber ich habe im Leben alles dilettantisch gemacht, so auch die Ansage zu diesen Shows. Ich weiss nur eines, und zwar, dass die Auftritte auf jeden Fall stattfinden. Je nach Aggregatzustand von mir, mache ich selbst ein ganzes Programm. Wenn ich halbwegs zwäg bin, dann ein halbes, dafür mit anderen. Und wenn ich nicht mehr hier sein sollte, dann werde ich irgendwann eine Version vorbereiten, die ohne mich funktioniert.

Wie halten Sie sich bis da fit?
Ich forciere meine Gesundheit weder mit Turnen noch mit Birchermüesli. Es liegt nicht in meiner Hand, ein bisschen Urvertrauen muss ich haben. Abgesehen davon ist eine Crèmeschnitte ab und zu genauso gesund wie ein Birchermüesli. Man darf sie nur nicht mit schlechtem Gewissen essen.

Peach Weber ist in der Schweizer Humorlandschaft längst Kult.
Foto: STEFAN BOHRER
1/7

Die Nachfrage ist gross. Die zwei Auftritte im Zürcher Hallenstadion am 15. Oktober 2027 sind ausverkauft. Mit der Zusatzvorstellung am 14. Oktober haben Sie nun auch Ihren 75. Geburtstag geopfert.
Ja, und witzig wäre, wenn dann nur 100 Leute in die riesige Halle kämen und wir am grossen Tisch sässen – es sind aber schon wieder 1500 Tickets weg. Grundsätzlich feiere ich meine Geburtstage nicht. Ich weiss nicht, was ich genau feiern sollte. Viel eher müsste ich meiner Mutter danken, aber sie ist nicht mehr da. Und mich selbst zu feiern, ist nicht meine Art. Das wird mir schnell peinlich.

Mehr im «Glückspost»-Newsletter

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Glückspost» veröffentlicht. Mehr aus der Welt der Schweizer Prominenz, Royals und Sportstars erfährst du immer montags in unserem Gratis-Newsletter! Zur Anmeldung

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Glückspost» veröffentlicht. Mehr aus der Welt der Schweizer Prominenz, Royals und Sportstars erfährst du immer montags in unserem Gratis-Newsletter! Zur Anmeldung

Mehr

Sie stehen nicht gerne im Mittelpunkt?
Gar nicht. Ein Berufsberater hätte mir sicher von meinem jetzigen Job abgeraten. Auch in der Schule war ich nie der Klassenclown, hatte es lieber mit meinen Kollegen lustig. Der Job, den ich jetzt mache, ist sozusagen gegen meine Natur, macht aber so viel Freude, dass es kein Problem ist. Ich dosiere meine Auftritte deshalb gut.

Sie sind nicht nur Komiker, sondern auch Kinderbuchautor von «Zwerg Stolperli».
Mit den «Zwerg Stolperli»-Lesungen habe ich ein ganz anderes Publikum. Kinder sind das kritischste Publikum der Welt. Sie bleiben nicht anstandshalber sitzen, wenn’s langweilig wird, sondern laufen davon. Wenn ich hinbekomme, dass sie mir eine halbe Stunde zuhören, ist das ein anderes Gefühl.

Wieso stimmt die Chemie zwischen Ihnen und den Kleinen?
Vermutlich hilft’s, dass ich keine Tricks habe, denn sie sind nicht dumm und merken, wenn man Tricks anwendet. Ein grosser Pluspunkt, für den ich nichts kann, ist meine Stimme. Die funktioniert einfach, besonders auch beim Erzählen. Und sie wird immer tiefer, obwohl ich keinen Alkohol trinke oder auch nicht rauche.

Ihre unaufgeregte Art zu präsentieren, ist gegen den Trend der Schnelligkeit.
Eigentlich gegen alle Trends, denn einfach hier hocken und etwas vorlesen, ist langsam verloren gegangen. Auch die Grossmütter müssen mittlerweile eher einen Marathon laufen, statt vorzulesen. Wo sind alle die Grosseltern hin, die Freude haben, mit ihren Enkeln zu spielen? Mittlerweile ist die Frage, ob zwischen Fitnesscenter und Kreuzfahrt noch Zeit bleibt.

Werden Sie je älter je kindlicher?
Ich bin gar nie richtig erwachsen geworden. Und wenn das irgendwann mal die Bedingung gewesen wäre, hätte ich ein grosses Problem gehabt. Ich habe auch immer nur mit Menschen Kontakt gehabt, die sich das Kindsein bewahren konnten. Meine besten Kumpels von früher sehe ich mittlerweile jede Woche. Es ist noch genau wie vor 40 Jahren. Wir zünden einander an, machen Sprüche. Das gemeinsame Pétanquespielen ist für mich Wellness. Wenn wir vier Stunden spielen, lachen wir vier Stunden. Und wenn ich nach Hause komme, habe ich aufgetankt. Das Schlimmste, was mir jemand schenken könnte, wäre ein Wellness-Wochenende.

Sie sind Vater einer Tochter, aber noch nicht Grossvater. Wären Sie das gerne?
Ich kann die Enkel ja noch selber machen, das ist auch ein Trend. (Lacht.) Bei mir war es ein Vorteil, dass ich erst mit über 40 Vater geworden bin. Deswegen habe ich damals meine Grossvaterseite bereits ein bisschen ausleben können. Ich musste nicht der strenge Vater sein, der erst abends nach Hause kommt. Als Nina auf die Welt kam, trat ich nicht mehr am Wochenende auf. Ich wusste, wenn ich diese Chance verpasse, bin ich dumm. Diese Zeit kann man nicht nachholen.

Was vermitteln Sie Nina?
Ich gebe ihr das Gefühl, dass es immer irgendeinen Weg gibt, auch wenn es dauern kann. Sie liest die Zeitungen, da muss ich ihr nicht zusätzlich noch Angst machen. Als Vater probiere ich eher, ein gutes Gefühl zu fördern. Ein Talent, das ich habe, ist, dass ich nicht jammere, sondern schnell vorwärts schaue, neue Wege finde.

Woher haben Sie das?
Wahrscheinlich von meiner Mutter. Sie war ein sehr positiver Mensch und sagte stets: «Es chont scho guet.» Das stimmt zwar nicht immer, aber es gibt einem ein gutes Gefühl. Meine Eltern haben mir sehr viel Freiheiten gegeben, aber auch Verantwortung. Und im schlimmsten Fall standen sie zu mir. Vertrauen ist das Schönste, was Eltern einem mitgeben können. Von dem zehrt man lange.

Persönlich

Als Peter Mario Weber am 14. Oktober 1952 geboren, absolvierte Peach Weber die Ausbildung zum Primarlehrer. 1976 nahm er an einem Talentwettbewerb teil, wo er wegen seiner lustigen Einleitung Zweiter wurde. Seither hat Peach Weber 16 Programme geschrieben, mit seinen CDs mehrfach Gold- und Platinstatus erreicht, weit über eine halbe Million Tonträger verkauft sowie zweimal den Prix Walo gewonnen. Am 14. und 15. Oktober 2027 sind im Zürcher Hallenstadion seine letzten Comedy-Shows «Fertig luschtig» geplant. Peach Weber schreibt zudem eine Zeitungskolumne und hat mit «Zwerg Stolperli» mehrere Kinderbücher und nun ein Hörbuch veröffentlicht. Er lebt in Hägglingen AG, ist geschieden und hat eine Tochter (28).

Als Peter Mario Weber am 14. Oktober 1952 geboren, absolvierte Peach Weber die Ausbildung zum Primarlehrer. 1976 nahm er an einem Talentwettbewerb teil, wo er wegen seiner lustigen Einleitung Zweiter wurde. Seither hat Peach Weber 16 Programme geschrieben, mit seinen CDs mehrfach Gold- und Platinstatus erreicht, weit über eine halbe Million Tonträger verkauft sowie zweimal den Prix Walo gewonnen. Am 14. und 15. Oktober 2027 sind im Zürcher Hallenstadion seine letzten Comedy-Shows «Fertig luschtig» geplant. Peach Weber schreibt zudem eine Zeitungskolumne und hat mit «Zwerg Stolperli» mehrere Kinderbücher und nun ein Hörbuch veröffentlicht. Er lebt in Hägglingen AG, ist geschieden und hat eine Tochter (28).

Mehr

Sie sind 71 Jahre alt. Empfinden Sie sich als alt?
Ja, aber mittlerweile existiert diese unsinnig lange Lebenserwartung. Wenn heute jemand mit 65 stirbt, heisst es: «Das ist ja noch kein Alter. Hat er geraucht?» Früher war man mit 60 alt und hatte mit 65 das Recht, mit einem Stumpen auf dem Bänkli zu sitzen.

Die Rolling Stones sind älter als Sie und rocken noch die Bühne.
Die sind eine biologische Frechheit. Sie haben grösstenteils einfach Schwein gehabt. Erst seit ein paar Jahrzehnten leben sie gesund.

Was machen Sie mit Ihrer AHV?
Ich brauche wenig Geld, obwohl meine Generation zu den letzten Rentnern gehört, die noch gut gestellt sind und sich auch Kreuzfahrten leisten können. Ich nenne das «Generation Schwein ghaa». Wir kamen am Weltkrieg vorbei, wurden erst durch die Pandemie und die heutigen Kriege geprüft. Mir war mein Glück immer bewusst, aber viele in meinem Alter haben das noch nicht gecheckt. Die jammern jetzt. Statt die Jungen zu unterstützen, kritisieren sie an ihnen rum. Das ist einfach dumm.

Ihre Komik ist zeitlos und erreicht verschiedene Generationen. Warum?
Ich habe in einer Zeit angefangen, als es noch viele Bühnenkünste wie Schattenspiel, Papierreissen, Handorgelspiel und Zauberei gab. Die, die auch lustig waren, haben überlebt. Bei mir war vieles Glück. Auch dass eines meiner Lieder immer mal wieder den Kindern gefallen hat. Das erste war «De Borkechäfer», aber nur wegen «schmatz, schmatz». Als Bub ging es mir genauso. Ich fand Dinge lustig, die ich noch gar nicht verstanden habe.

Gendersprache, Diversity, Rassismus – haben solche gesellschaftlichen Bewegungen Ihre Witze beeinflusst?
Nein, nur insofern, dass ich gewisse Pointen nun extra mache. Was ich auf der Bühne erzähle, kann ich verantworten. Würde ich mein Programm Ethik-Experten vorlegen, hätte ich von meinen zwei Stunden am Schluss noch zehn Minuten. Die Grundidee war ja gut, aber irgendwann wurde es idiotisch. Muss ich bald nebst «Herrdöpfel» auch «Frauöpfel» sagen? Statt gewisse Wörter aus Büchern herauszustreichen, sollte man den Kindern lieber erklären, wieso diese nicht mehr gehen. Dann würden sie mehr davon lernen.

Sie leben alleine, stehen alleine auf der Bühne und sind nicht gerne im Mittelpunkt. Sind Sie ein Eigenbrötler?
Unter anderem. Ich bin zwar gerne mit Leuten zusammen, aber die suche ich mir selektiv aus. Ich brauche auch meine Zeit, in der ich alleine bin. Und dann ist mir nie langweilig, sondern ich geniesse das. Zuhause mache ich manchmal zwei «Mönch»-Tage zum Ausruhen. Ich beantworte keine Anrufe, koche für mich, «echli schäfferle», mähe den Rasen. «Ora et labora» – bete und arbeite. In meinem Fall heisst das ein bisschen Schaffen und über die Welt nachdenken. Für mich ist ein schöner Tag, wenn ich beides machen konnte.

Verstärkt sich Ihr Bedürfnis nach Ruhe?
Insofern, dass man nicht mehr so viel Energie hat wie mit 40. Ich merke es, weil ich mehr Pausen einschalten muss. Aber das Schlimmste wäre, wenn ich nichts mehr zu tun hätte. Ein Auftritt pro Woche gibt mir eine Minimalstruktur. Indem ich nicht aufhöre zu arbeiten, mogle ich mich durch.

Sind Sie bereit, 2027 aufzuhören?
Jetzt bin ich es noch nicht, aber in vier Jahren vielleicht. Ich habe gesagt, dass ich an einem Tag aufhöre und es dann am nächsten Tag fertig ist. Ich will kein Comeback. Danach werde ich vielleicht Orchideen züchten, wie es mein Vater tat.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?