«The Big Bang Theory»-Star Jim Parsons
«Schwule Schauspieler lebten mit der Angst, geoutet zu werden»

Schauspieler Jim Parsons erzählt im BLICK-Interview von seiner neuen Netflix-Serie «Hollywood» – und wie er nach dem Welterfolg der Sitcom «The Big Bang Theory» weitermacht.
Publiziert: 24.05.2020 um 16:04 Uhr
|
Aktualisiert: 23.12.2020 um 09:29 Uhr
Hollywood-Star Jim Parsons sagt, dass schwule Männer früher im Verborgenen Sex haben mussten – sonst wäre es mit ihrer Karriere vorbei gewesen.
Foto: WireImage
1/7
Dierk Sindermann aus Los Angeles (USA)

Jim Parsons (47) ist einer der fiesesten Typen in Hollywood. Wie bitte? Der beliebte Superstar aus «The Big Bang Theory» kann doch kein Kotzbrocken sein. Also gut, hier ist die Korrektur: Jim Parsons spielt einen der fiesesten Typen in seiner neuen Serie «Hollywood» (läuft seit dem 1. Mai auf Netflix). Als Künstleragent Henry Willson (eine Power-Figur im Showbusiness der 40er-Jahre) baut er gut aussehende Männer, die aus der Provinz kommen und auf eine Filmkarriere hoffen, zu Stars auf. Wie Rock Hudson. Den zwang der ebenfalls homosexuelle Willson, zum Schein seine Sekretärin Phyllis Gates zu heiraten. Jim Parsons’ Rolle in «Hollywood» beginnt mit einer Schockszene. Willson stellt Hudson bei dessen Vorstellungsgespräch im Büro des Agenten mit nicht druckbaren Worten vor die Alternative: Oral-Sex oder Rausschmiss.

BLICK: Homosexuelle Schauspieler hatten es früher besonders schwer.
Jim Parsons: Ja. Sie haben mit der Angst gelebt, geoutet zu werden. Es war ein solches Tabu, dass ihre Karriere vorbei gewesen wäre. Du hattest keine Wahl, als Sex heimlich zu haben und der Karriere zuliebe etwas vorzuspielen. Ich kann mir vorstellen, wie schrecklich einsam das Leben für diese Männer und Frauen gewesen ist. Einfach traurig!

Wie ist der Übergang, nach Sheldon Cooper ein Ekel wie Henry Willson zu spielen?
Es war befreiend, insbesondere die körperliche Verwandlung durchzumachen. Ich habe eine Menge Zeit auf dem Schminkstuhl verbracht. Ich habe jedes Mal eine Glatzenperücke, Zahnprothesen und braune Kontaktlinsen getragen, wenn ich vor die Kamera trat.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Sheldon aus «Big Bang» war zwar sarkastisch, aber nie widerwärtig.
Ja, Henry hat eine Menge abartiger Dinge getan, und viele Menschen verachten ihn dafür. Sie sehen ihn als Teufel und als den schlimmsten Teil ihres Lebens an. Ich habe Empathie für ihn empfunden. Viel von seinem Verhalten basierte darauf, dass er seine Sexualität und seine Gelüste unterdrücken musste.

Sind Sie als junger Schauspieler auch an Leute wie Willson geraten?
Nein, an keinen so schlimm, wie er war. Gott sei Dank habe ich ziemlich schnell Jobs bekommen und bin nicht in irgendwelche schwierigen Lagen geraten. Im Nachhinein sehe ich, wie viel Glück ich gehabt habe.

«The Big Bang Theory» wird als eine der erfolgreichsten Sitcoms aller Zeiten in die Fernsehgeschichte eingehen. Wie schwierig ist es weiterzumachen, wenn man quasi auf dem Zenit war?
Man lebt und wird älter. Und je älter man wird, desto weniger macht man sich wirklich über solche Dinge Sorgen. Ich schätze es, weiterhin die Chance zu bekommen, mich in neuen Rollen beweisen zu können. Neue Herausforderungen zu haben, andere Seiten in mir zu erkunden – das ist mir wichtig!

Wann wussten Sie, dass Sie Schauspieler werden wollten?
Nachdem ich mit zehn mit meiner Familie im Kino war und «Tootsie» mit Dustin Hoffman gesehen habe. Es war völlig ausverkauft, und die Atmosphäre war wunderbar. Wie alle um mich herum gelacht und einfach den Film genossen haben, das hat einen tiefen Eindruck auf mich hinterlassen.

Mal eine ganz andere Frage, da wir ja per Videokonferenz reden: Wo sind Sie eigentlich gerade?
In New York. Also nicht in der Stadt, sondern im Bundesstaat New York in meinem Haus.

Wie sehen Sie die aktuelle Lage?
Wir gehen gerade durch etwas, was keiner so hat kommen sehen. Viele Menschen haben Existenzängste. Und für mich ist das Schlimmste an der ganzen Situation, dass niemand von uns wirklich weiss, was als Nächstes passieren wird. Selbst wenn wir eines Tages wieder aus unseren Häusern kommen dürfen, wird es psychisch noch lange dauern, bis wir das alles verarbeitet haben.

In Hollywood herrscht gerade Stillstand …
… und niemand weiss, wann wir wieder zurück zur Arbeit gehen dürfen. Es scheint gerade unvorstellbar zu sein, wieder am Set zu stehen oder gar in einer Szene jemanden zu umarmen oder zu küssen. Ich wünschte, ich wüsste, wann alles wieder normal ist. Aber die kurze Antwort ist: Ich habe keine gottverdammte Ahnung!

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?