Al Pacino zum 50-Jahr-Jubiläum von «Der Pate»
«Ich habe die Rolle meiner Oma wegen angenommen»

Der Part des Michael Corleone hat Al Pacino zum Weltstar gemacht. Im Interview spricht er darüber, warum er die Rolle gar nicht bekommen sollte oder wollte – und warum er seine Darstellung schrecklich findet.
Publiziert: 29.08.2022 um 09:26 Uhr
Interview: Patricia Danaher

Während der Dreharbeiten zu «Der Pate» gabs einen Moment, in dem er zu ahnen begann, dass die Mafia-Saga grossartig werden würde. Al Pacino (82) erinnert sich, dass er nach dem Dreh des Begräbnisses von Marlon Brando (1924–2004) alias Don Corleone auf Francis Ford Coppola (83) traf. Coppola sass im Dunkeln allein auf einem Grabstein und «heulte wie ein kleines Kind». Der Grund: Der Produzent hatte dem Regisseur aus Budgetgründen verboten, am nächsten Tag noch weitere Begräbnisszenen zu drehen. Und Coppolas Reaktion war für Pacino damals der Beweis, «was für eine unglaubliche Leidenschaft Francis in sein Werk gesteckt hat». Zum 50-Jahr-Jubiläum des Kultfilms – er lief am 24. August 1972 in den Schweizer Kinos an – blickt der Schauspieler noch einmal zurück.

Herr Pacino, die Rolle des Michael Corleone hat Sie zum Weltstar gemacht. Dabei hätten Sie die eigentlich gar nicht bekommen sollen.
Al Pacino: Richtig. Die Bosse des Paramount Studios wollten mich nicht. Dann hätte ich nach zwei Wochen direkt wieder gefeuert werden sollen. Aber Francis Coppola hat an mir festgehalten und meine wichtigste Szene, in der ich als Michael zwei Männer im Restaurant erschiesse, extra vorgezogen. Ich hätte am liebsten alles hingeworfen. Aber dieser Mann hat mir klargemacht, dass er mich für die Rolle brauchte.

Er hat mit Leib und Seele um seinen Michael Corleone gekämpft?
Francis Coppola ist der Hauptgrund, warum wir heute hier sitzen. Ich war damals als Schauspieler ein Niemand, wohnte in einem kleinen Loch und schlug mich nebenher als Hausmeister des Gebäudes herum. Doch er wollte mich unbedingt für die Hauptrolle.

Unvergessen: Al Pacino in «Der Pate» aus dem Jahr 1972.
Foto: imago images/Ronald Grant
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Neun Mal für den Oscar nominiert

Al Pacino gehört zu den grössten Kinostars aller Zeiten. Er kam 1940 als Sohn italienischer Einwanderer zur Welt. Schon früh interessierte er sich für die Schauspielerei, zu seinen bekanntesten Filmen gehören die «Godfather»-Trilogie, «Scarface» und «Der Duft der Frauen». Neunmal war er für einen Oscar nominiert. Zehn Jahre war er mit der Schweizerin Marthe Keller (77) liiert. Er hat drei Kinder. Verheiratet war er aber nie.

Al Pacino gehört zu den grössten Kinostars aller Zeiten. Er kam 1940 als Sohn italienischer Einwanderer zur Welt. Schon früh interessierte er sich für die Schauspielerei, zu seinen bekanntesten Filmen gehören die «Godfather»-Trilogie, «Scarface» und «Der Duft der Frauen». Neunmal war er für einen Oscar nominiert. Zehn Jahre war er mit der Schweizerin Marthe Keller (77) liiert. Er hat drei Kinder. Verheiratet war er aber nie.

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Gerüchten zufolge war es die Ehefrau von George Lucas, die Coppola überzeugt hat, dass Sie Ihrer Augen wegen der perfekte Michael Corleone sind.
Mein Schlafzimmerblick, der wars! (Lacht sein typisches, heiseres Pacino-Lachen.) Fakt ist: Francis hat mich in einem Theaterstück am Broadway gesehen und dann nach San Francisco eingeladen. Ich habe fünf Tage mit ihm und seinen Freunden herumgehangen. Es waren ein paar Kids mit grossen Ambitionen. Sie hiessen Steven Spielberg, George Lucas, Martin Scorsese und Brian DePalma.

Haben Sie direkt zugesagt, als Coppola Ihnen die Corleone-Rolle angeboten hat?
Nein. Ich habe Francis deutlich gemacht, dass ich lieber Sonny spielen würde. Doch die Rolle gehörte bereits James Caan. Für ihn kam ich aber sowieso nur als Michael infrage. Trotzdem habe ich erst Nein gesagt.

Und warum haben Sie Ihre Meinung geändert?
Ich verrate Ihnen etwas, das ich noch nie öffentlich zugegeben habe. Ich habe die Rolle am Ende meiner Oma wegen angenommen!

Wie bitte?
Ich bin bei meiner Grossmutter aufgewachsen und wollte ihr nach Coppolas Angebot als Erster mitteilen, was gerade passiert war. Ich rief sie an und sagte: «Granny, ich soll in ‹Der Pate› Michael Corleone spielen.» Sie sagte nur «Oh» und legte einfach auf. Eine halbe Stunde später rief sie zurück und sagte: «Ich wollte dir nur sagen, dass dein Grossvater in Italien in einem Ort namens Corleone geboren wurde.» Da wusste ich, dass das Schicksal für mich entschieden hat.

Wissen Sie noch, wann Sie «Der Pate» das erste Mal gesehen haben? War es bei der Premiere?
Nein. Francis Coppola hat mir gleich nach Ende der Dreharbeiten den ersten Schnitt des Films vorgeführt. Er war noch nicht mal ganz fertig.

Und Ihre Reaktion?
Ich fand ihn sehr gut. Nur was mich betraf … Es war einfach schrecklich!

Sie fanden sich selbst schrecklich?
Egal, wo ich hingeschaut habe. Ich dachte nur: Was mache ich da bloss? Ich habe meine Gedanken dazu niedergeschrieben und sie Coppola später überreicht. Er hat die drei Seiten nie gelesen. Denn er wusste, dass er einen wundervollen Film produziert hatte.

Glauben Sie heute auch noch, dass Ihre Darstellung so schlecht ist?
Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, fairer mit mir zu sein. Bis heute brauche ich eine Vorführung mit der Reaktion von Zuschauern, um wirklich zu verstehen, wie der Film geworden ist. Es ist wie mit einem Gemälde: Du siehst dein Bild wirklich erst dann, wenn du ein paar Schritte zurückgehst. Man braucht Distanz, um das Gesamtbild zu begreifen – insbesondere wenn man jung ist.

Wann haben Sie sich den Film zum letzten Mal angeschaut?
Das liegt schon etwas zurück, etwa zehn Jahre. Ich habe die DVD zu Hause für meine jüngeren Kids angemacht. Der Erfolg war mässig, meine Tochter ist dabei eingeschlafen (lacht). Und es hat mir wieder mal vor Augen geführt, wie alt ich geworden bin.

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