Christoph Waltz (61) spielt in «Downsizing» einen Minimenschen
«Ich muss mich nicht aufblasen»

Weil es immer mehr Menschen auf der Erde gibt, müssen sie schrumpfen – das ist die Idee des neuen Films mit Christoph Waltz. Der Hollywoodstar aus Österreich über wahre Grösse.
Publiziert: 14.01.2018 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:31 Uhr
Interview: Dierk Sindermann

Downsizing – zu Deutsch Gesundschrumpfen. Damit versuchen Erdbewohner in der Science-Fiction-Tragikomödie mit Christoph Waltz, das Problem der Übervölkerung zu lösen. Die Menschen lassen sich auf Däumling-Format schrumpfen – manche freiwillig, andere unfreiwillig. Der zweifache Oscar-Preisträger spielt einen dieser Minimenschen.

SonntagsBlick: Was halten Sie von dieser Idee des Schrumpfens?
Christoph Waltz: Natürlich würde das eine Menge Probleme lösen, allerdings auch eine Menge Probleme erzeugen, von denen wir gar nichts ahnen. Für mich ist die Idee des Down­sizing eher eine Metapher, die auf die menschliche Denkweise bezogen ist.

Minimenschen in «Downsizing, gespielt von Matt Damon, Christoph Waltz und Udo Kier (von links).
Foto: Paramount Pictures

Will heissen?
Bis ins 15. Jahrhundert haben die Menschen geglaubt, dass wir das Zentrum des Universums seien. Dann haben Entdeckungen das Gegenteil bewiesen. Doch inzwischen haben wir uns als Spezies wieder so zurückentwickelt, dass jeder Einzelne glaubt, der Mittelpunkt des Universums zu sein. Die Menschheit muss einfach realisieren, dass wir gemeinsam Verantwortung für unseren Planeten übernehmen müssen. Ich nenne das mentales Gesundschrumpfen.

Oscar-Preisträger Christoph Waltz schaffte seinen Durchbruch in Hollywood erst spät.
Foto: Jason LaVeris
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Haben Sie auch schon mal etwas in Ihrem Leben gesundschrumpfen müssen – Karriere, Ego oder sonst etwas?
Also ich habe mich eigentlich noch nie zu gross gemacht. Ich fand mich niemals interessant genug, dass ich mich aufblasen müsste. Das gilt auch für mein Ego. Ich finde mich ehrlicherweise eher langweilig. Ich lasse mich lieber von interessanten Dingen, die in der Welt vorgehen, inspirieren.

Was ist der grösste Irrglaube, den Leute über Sie haben?
Dass ich ein netter Mensch bin (lacht).

... und dass Sie Deutscher sind.
Auch ein Irrglaube. Ich habe zwar einen deutschen Pass, weil mein Vater deutsch war, aber das ist auch schon alles, was deutsch ist an mir.

Sie sind also Österreicher, langweilig und nicht sehr nett. Wie würden Sie sich sonst noch beschreiben?
Ich bin nicht gut in Gesellschaft. Weil ich immer die Wahrheit sage und das anderen um mich herum immer sehr unangenehm ist.

Können Sie uns wenigstens ein paar gute Qualitäten von sich verraten?
Ich bin sehr schön und höchstgradig gebildet (lacht) ...

… mit österreichischem Charme.
Stimmt das? Vielleicht. Wobei es nicht der österreichische, sondern speziell der Wiener Charme ist. Wir sprechen die Dinge nicht direkt an, weshalb die Deutschen uns als Schleimer sehen.

Also ist der deutsche Humor völlig anders als der wienerische?
Meine Standardantwort darauf ist: Gibt es einen Unterschied zwischen Stechschritt und Wiener Walzer?

Sie spielen im Film einen in die Jahre gekommenen Partyhengst. Der wohl berühmteste Partyhengst der Welt ist gerade gestorben. Haben Sie Hugh Hefner jemals getroffen?
Nein, hab ich nicht. Und ich schlaf auch nicht in Pyjamas (grinst).

Vermeiden Sie Partys in Hollywood?
Nicht wirklich. Ich stehe nicht besonders drauf, aber vermeiden tu ich sie auch nicht. Und wenn eine Einladung gut klingt, dann geh ich hin.

Was ist für Sie eine gute Party?
Wenn dort Musik leise genug gespielt wird, dass man sich noch unterhalten kann. Ich finde es nicht so prall, wenn Menschen sich nur gegenseitig anschreien und sich dennoch nicht verstehen können.

Im Film gibt es den Satz «Freunde erzählen sich immer die Wahrheit». Was für Wahrheiten haben Sie in ­Ihrem echten Leben zuletzt Freunden anvertraut?
Sie glauben ernsthaft, dass ich Ihnen das verrate? Ich treffe oft auf Schauspieler, die den Zwang verspüren, dir etwas mitzuteilen, was sie als die ultimative Wahrheit betrachten.

Wen meinen Sie?
Ich will jetzt niemanden hervorheben. Aber im Allgemeinen passiert das besonders oft, wenn ich in Deutschland am Theater arbeite. Dort herrscht die Kultur der brutalen Wahrheit. Und die tragen sie dir alles andere als diplomatisch vor. Was nicht unbedingt dafür spricht, dass es wirklich die Wahrheit ist. Meist steckt viel aufgeblasenes Ego und Defensivverhalten dahinter.

Viele Hollywood-Kollegen verbreiten ihre Meinungen auf Social Media. Sie auch?
Nein, ich finde es nicht gut, wenn man einfach etwas raushaut, nur um sich Luft zu machen. Ich bin dafür, dass man argumentiert. Das allerdings geht in den Sozialen Median nicht, und deshalb benutze ich sie auch nicht.

Wie ist es, wenn man wie Sie erst relativ spät in Hollywood zu Ruhm und Ehren kommt?
Als hätte ich eine Wahl gehabt (lacht). Ich habe keinen Vergleich, weil ich als junger Schauspieler nicht die Chance bekommen habe, zu Ruhm zu kommen – und diesen zu missbrauchen.

«Downsizing»: ab 18. Januar in den Schweizer Kinos.

Persönlich

Martin Waltz (62), das älteste von vier Geschwistern, absolvierte das Max Reinhardt Seminar in Wien, war Schauspieler und Regisseur in Bielefeld, Bad Hersfeld, Göttingen und an den Salzburger Festspielen. Er wirkte in der Direktion des Burgtheaters in Wien, als Künstlerischer Direktor des Bayerischen Staatsschauspiels München und 1989–1992 als Vizedirektor des Zürcher Schauspielhauses. Waltz lebt mit der Finanzspezialistin Fleur Platow in Zürich.

Martin Waltz (62), das älteste von vier Geschwistern, absolvierte das Max Reinhardt Seminar in Wien, war Schauspieler und Regisseur in Bielefeld, Bad Hersfeld, Göttingen und an den Salzburger Festspielen. Er wirkte in der Direktion des Burgtheaters in Wien, als Künstlerischer Direktor des Bayerischen Staatsschauspiels München und 1989–1992 als Vizedirektor des Zürcher Schauspielhauses. Waltz lebt mit der Finanzspezialistin Fleur Platow in Zürich.

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