Oscar-Preisträgerin Julianne Moore über gescheiterte Karrieren und Kinder
«Man muss loslassen können»

Kino-Idol Julianne Moore spielt erstmals in ihrer Karriere in einer Musicalverfilmung mit. Und erinnert sich im Blick-Interview an ihre Kindheit in Deutschland.
Publiziert: 02.10.2021 um 14:31 Uhr
Dierk Sindermann

Sie ist in Hollywood etabliert. Doch die Rolle in ihrem neuen Film «Dear Evan Hansen» ist selbst für Oscar-Preisträgerin Julianne Moore (60) eine Premiere. Sie spielt die Mutter eines Teenie-Einzelgängers, der sich eine Freundschaft mit einem verstorbenen Klassenkameraden ausdenkt. So weit alles Routine. Die Herausforderung für Moore: Sie muss im Drama auch singen.

Es ist das erste Mal, dass wir Sie im Kino singen hören.
Julianne Moore: Ja, eigentlich singe ich sonst nur im Auto. Sehr laut und nicht besonders schön! (lacht)

Wer Sie im Film hört, glaubt das nicht.
Danke! Das letzte Mal, dass ich vor fremden Leuten gesungen habe, war während meiner Schulzeit in Deutschland. Ich bin mit 16 mit meinen Eltern dorthin gezogen und auf die American Highschool in Frankfurt gegangen. Dort war ich in der Theatergruppe, und wir haben «The Music Man» aufgeführt. Ehrlicherweise waren meine Songs da aber nicht besonders anspruchsvoll.

Und dennoch haben Sie die Rolle in einem Kinomusical angenommen. Warum?
Um ehrlich zu sein, war ich sehr überrascht, bei der Vorbesprechung erfahren zu müssen, dass selbst ich singen muss (lacht). Aber es macht Sinn. Manchmal sind Gefühle so riesig, dass man sie mit Reden allein nicht ausdrücken kann. Über manche Dinge muss man einfach singen. Musik überträgt Emotionen am besten.

Kannten Sie das Musical, bevor Sie zugesagt haben?
Klar! Ich habe mir «Dear Evan Hansen» am Broadway kurz nach der Premiere angeschaut. Ich sass in der siebten Reihe und war einfach nur ein begeisterter Fan. Ich hätte damals im Traum nicht daran gedacht, dass ich jemals selbst in dieser fantastischen Show mitwirken würde.

Sie liebt ihr Alter

Der Vater von Julianne Moore (60) war im Militär, deshalb zog die Familie oft um. Seit Mitte der 80er-Jahre trat sie in über 90 Filmen auf, war fünfmal für den Oscar nominiert. 2015 gewann sie ihn schliesslich für den Film «Still Alice». Sie ist mit Regisseur Bart Freundlich (51) verheiratet, das Paar hat zwei Kinder. Moore veröffentlichte mehrere Kinderbücher und engagiert sich gegen den Jugendwahn Hollywoods.

Der Vater von Julianne Moore (60) war im Militär, deshalb zog die Familie oft um. Seit Mitte der 80er-Jahre trat sie in über 90 Filmen auf, war fünfmal für den Oscar nominiert. 2015 gewann sie ihn schliesslich für den Film «Still Alice». Sie ist mit Regisseur Bart Freundlich (51) verheiratet, das Paar hat zwei Kinder. Moore veröffentlichte mehrere Kinderbücher und engagiert sich gegen den Jugendwahn Hollywoods.

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Wie war es dann, vor der Kamera singen zu müssen?
Ich war so nervös das erste Mal. Und dann erfuhr ich am Set, dass es auch noch live sein würde. Zum Glück hat mich mein Co-Star Ben Platt (er spielte die Rolle von Evan Hansen auch am Broadway) super unterstützt. Er ist ein Profi und unheimlich nett.

Er hat in der Geschichte das Problem, in der Schule Anschluss und Freunde zu finden …
… was ich aus meiner eigenen Schulzeit sehr gut kenne! Mein Vater war beim Militär, und wir sind viel umgezogen. Ich weiss genau, wie es sich anfühlt, in die Mensa zu kommen und nicht zu wissen, wo man sich hinsetzen soll. Dieses Gefühl vergisst du nie.

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Ihre Tochter Liv (19) und Ihr Sohn Caleb (23) sind inzwischen aus dem Highschool-Alter heraus.
Ja, sie sind ausgeflogen und gehen nun aufs College.

Wie sehr hat sich Ihr Leben ohne Kinder zu Hause geändert?
Es ist eine ganz neue Dynamik, eine andere Art von Familienleben für mich und meinen Mann. Ein Vorteil ist, dass du jederzeit verreisen kannst und nicht auf die Schulferien warten musst. Aber ich vermisse es schon sehr, keine kleinen Kids mehr daheim zu haben.

Apropos Ferien, wann waren Sie das letzte Mal in Deutschland? Haben Sie dort noch Freunde aus Ihrer Schulzeit?
Nicht wirklich. Mein Deutsch ist auch sehr, sehr schlecht geworden. Das habe ich gemerkt, als ich vor einigen Jahren mit der Schauspielerin Barbara Sukowa ein Filmprojekt hatte und mit ihr auf Deutsch reden wollte. Es war schlimm. Ich würde echt gerne mal wieder zurück nach Frankfurt. Es ist schon so viele Jahre her, dass ich da war.

Ihr Mann Bart Freundlich ist Regisseur, Sie sind Schauspielerin. Eigentlich wurde Ihren Kindern das Filmgeschäft in die Wiege gelegt.
Sie haben aber keine Ambitionen in diese Richtung, leider! Mein Sohn war einmal Kameraassistent bei einem meiner Filme, und meine Tochter hat als Assistentin der Produktion gearbeitet. Hinterher haben beide gemeint: Wer tut sich denn so etwas als Job an? (lacht) Das war’s dann. Mein Sohn ist allerdings sehr musikalisch, vielleicht schreibt er mal Filmmusik. Das wäre cool.

Steht schon wieder vor der Kamera: Julianne Moore auf dem Set von «Woohoo» vor wenigen Tagen in New York.
Foto: GC Images
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Sie lassen Ihre Kids also völlig selbst entscheiden, was Sie im Leben machen?
Es ist so wichtig, dass man loslässt. Dass du deinen Kindern sagst: Jetzt geht es um dich und deine eigene Wahl im Leben. Vor allem die Uni-Jahre sind so wichtig für junge Menschen, dass sie testen, was sie wirklich wollen. Sie müssen lernen, eigene Entscheidungen zu treffen. Unsere Kinder wissen, dass wir sie als Eltern unterstützen und für sie da sein werden, wenn sie uns brauchen.

Sie sind für Hollywoodstandards sehr lange verheiratet, 18 Jahre. Was macht Ihren Mann perfekt für Sie?
Bart ist vor allem ein sehr sensibler und fürsorglicher Mensch. Er versucht sich in Menschen hineinzuversetzen und ihre Gefühle zu verstehen. Er ist einfach in unserer Beziehung sehr präsent und involviert, und wir können alle wichtigen Dinge miteinander teilen. Er ist perfekt für mich als Ehemann und perfekt als Vater für unsere Kinder.

Jetzt sind Sie seit über 30 Jahren im Filmgeschäft und gehören seit Jahrzehnten zur A-Liste. Was glauben Sie ist schlimmer: Nie berühmt geworden zu sein oder seine Berühmtheit verloren zu haben?
Eine interessante Frage! Von dem, was ich beobachtet habe, ist es ziemlich schwer für einst bekannte Schauspieler, wenn sich plötzlich keiner mehr für dich interessiert. Die keinen Job mehr bekommen und selbst in Realityshows scheitern. Man kann nicht mehr das tun, was man am meisten liebt. Das zerstört ein Stück deiner Seele.

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