Ricky Gervais ist im Lockdown – BLICK sprach mit ihm
«Die Leute halten mich für bösartig»

Seine Show «After Life» ist auf Netflix in den Top Ten: Ricky Gervais (58) begeistert mit seinem Humor auf allen Kanälen – in Zeiten von Corona muntert der Comedian per Livestream auf.
Publiziert: 26.04.2020 um 23:23 Uhr
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Aktualisiert: 27.04.2020 um 00:42 Uhr
Interview: Dierk Sindermann

Während die Welt gegen das Coronavirus kämpft, bezieht Comedian Ricky Gervais (58) an der Heimfront Stellung. Mit dem Livestream Rickys «Wartime Broadcast» gibt der britische Komiker auf seine typische, sarkastische Art all denen Hilfestellung, die per Computer Verbindung mit der Aussenwelt halten. Einer seiner Tipps: Wie man beim Skype-Date verbirgt, dass man schüttere Haare hat.

BLICK: Glauben Sie, dass die Leute auf Sie hören?
Ricky Gervais: Quatsch, kein Arsch hört auf mich! Aber ich versuche mit gutem Beispiel voranzugehen. Indem ich zu Hause bleibe, auf die Anweisungen der Behörden höre und fett werde!

Ihre neue Netflix-Show «After Life» ist in die Top Ten geklettert. Sie spielen den Kleinstadt-Journalisten Tony Johnson. Der wird nach dem Tod seiner Ehefrau depressiv und verscherzt es sich durch seine schonungslose und oft fiese Direktheit mit seinen Mitmenschen. Sprich, Sie spielen sich selbst!
Ich bin zwar auch mittleren Alters wie Tony und sehr direkt, aber ich bin nicht depressiv. Ich bin eigentlich die meiste Zeit sehr gut drauf. Ich versuche immer witzig zu sein und die Leute aufzuheitern. Bereits als kleiner Junge wollte ich einfach nur jede Minute im Leben Spass haben.

Spass ist also alles im Leben?
Klar, Spass zu haben, ist das Wichtigste. Das Leben ist zu kurz, um nicht jede Minute Freude daran haben zu wollen. Und ich habe einen Job gefunden, der mir das sogar ermöglicht! Nur Rumzugammeln und nichts ernst zu nehmen, macht dich auch nicht happy. Du kannst das Leben nur geniessen, wenn du hart dafür gearbeitet hast. Das gibt dir Selbstwert und das Gefühl: Ich hab mir das verdient!

In der Serie geht es um den Verlust eines geliebten Menschen. Haben Sie so etwas auch schon durchmachen müssen?
Leider ja. Ich habe beide Eltern verloren. Und je älter ich werde, desto mehr Menschen um mich herum sterben. Auch Bekannte von mir. So ist es halt.

Glauben Sie, dass Therapie hilft, über einen Verlust hinwegzukommen?
Ich glaube schon daran, dass es vielen Menschen hilft! Für mich wäre das allerdings nichts. Ich bin leider in einer Zeit aufgewachsen, in der so etwas wie eine Therapie verpönt war. Mir wurde eingetrichtert, dass man sich zusammenreissen soll, wenn etwas Schlimmes passiert. Besonders als Mann.

Sie würden sich also nicht helfen lassen?
Ich hatte bislang das grosse Glück im Leben, noch nie an einem Punkt gewesen zu sein, an dem ich es gebraucht hätte. Dass Grosseltern und Eltern sterben, ist irgendwie in der Natur der Dinge. Doch ich mag mir gar nicht vorstellen, wie unfassbar schlimm es wäre, ein Kind zu verlieren – oder einen geliebten Partner.

Denken Sie über Ihren eigenen Tod nach?
Klar, ich komme dem ja jeden Tag etwas näher. So nah wie heute war ich noch nie (lacht). Aber ich lasse mir von solchen Gedanken nicht die Freude am Leben verderben. Was ich nicht will, ist am Ende dahinzuvegetieren. Deshalb bin ich ein grosser Anhänger von Sterbehilfe und würde diese wählen, wenn meine Lebensqualität zu schlecht würde.

Stichwort «After Life». Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?
Nein. Ich glaube nicht an irgendeinen Gott oder ein Leben nach dem Tod. Ich glaube, dass wir maximal unsere 100 Jahre haben und das wars. Deshalb ist das Leben ja auch so kostbar, weil es nicht unendlich ist.

So wie Ihr Serienheld sagen Sie stets anderen, was Sie denken. Und scheinen sich nicht darum zu scheren, dass Sie damit Gefühle verletzen!
Tony ist von Natur aus ein total lieber Kerl, der einfach nur versucht, ein bösartiger Psychopath zu sein. Er glaubt, dass er auf diese Weise den Schmerz seines Verlusts besser ertragen kann.

Und was ist Ihre Ausrede?
Für mich geht die Wahrheit über alles. Die Leute machen den Fehler, mich als bösartig zu bezeichnen, nur weil ich ehrliche Fakten rüberbringe, die kontrovers sind. Damit trittst du immer jemandem auf den Fuss. Das ist nie meine eigentliche Absicht, aber ich nehme es in Kauf, dass Leute beleidigt sind. Das ist mein Recht auf freie Meinungsäusserung.

Multitalent für britischen Humor

Ricky Gervais ist 1961 im britischen Reading geboren. Seine Karriere startete der Comedian 1996 nach mehreren Übergangsjobs als Radiomoderator, berühmt wurde Gervais vor allem durch die preisgekrönte BBC-Two-Serie «The Office», in der er nicht nur die Hauptrolle spielte, sondern auch das Drehbuch schrieb und Regie führte. Zudem ist er Autor der Kinderbuchreihe «Flanimals» und hat eine Episode der Fernsehserie «Die Simpsons» geschrieben. Gervais lebt in einer Partnerschaft mit der Autorin Jane Fallon (59).

Ricky Gervais begeistert derzeit mit seiner Netflix-Serie «After Life»

Ricky Gervais ist 1961 im britischen Reading geboren. Seine Karriere startete der Comedian 1996 nach mehreren Übergangsjobs als Radiomoderator, berühmt wurde Gervais vor allem durch die preisgekrönte BBC-Two-Serie «The Office», in der er nicht nur die Hauptrolle spielte, sondern auch das Drehbuch schrieb und Regie führte. Zudem ist er Autor der Kinderbuchreihe «Flanimals» und hat eine Episode der Fernsehserie «Die Simpsons» geschrieben. Gervais lebt in einer Partnerschaft mit der Autorin Jane Fallon (59).

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