Britische Erfolgsmusikerin hat Schweizer Grosspapi
Raye feiert in Montreux ihre Wurzeln

Die britische Musikerin Raye gilt als eine der grössten Neuentdeckungen der letzten Jahre. Dass sie diese Woche am Montreux Jazz Festival spielen durfte, ist für die Sängerin mit Schweizer Wurzeln eine grosse Ehre.
Publiziert: 21.07.2024 um 16:16 Uhr
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Michel ImhofTeamlead People

Alle Augen waren Anfang März auf Raye (26) gerichtet, als sie an den Brit Awards sechsmal ausgezeichnet wurde, darunter als beste neue Künstlerin und bester neuer Act. Im Mittelpunkt stand Raye auch am Donnerstagabend, als sie sich auf der Hauptbühne des Montreux Jazz Festivals dem Schweizer Publikum präsentierte.

«Ich kann nicht glauben, dass wir die Headliner des Montreux Jazz Festivals sind», schrieb die Musikerin vor ihrem Gig in den sozialen Medien. «Die, die mich kennen, wissen wie verrückt das für mich als Musikerin ist.» Dazu stellte sie ein Bild des Albums «The Montreux Years» von Nina Simone (1933–2003) und unterstrich damit die Tradition des Schweizer Musikfestivals, das global hohes Ansehen geniesst. Montreux ist auch bekannt dafür, vielversprechende Acts ins Programm aufzunehmen, die später eine Weltkarriere starten. So beispielsweise Adele (36) 2008, Dua Lipa (28) 2017 und Ed Sheeran (33) 2012. Bei Raye könnte es nun ähnlich sein.

Grosspapi aus dem Appenzell war dabei

Für Raye, die bürgerlich Rachel Agatha Keen heisst, war die Show gleich doppelt emotional. Die in London geborene Musikerin hat Schweizer Wurzeln. «I'm a Swiss girl», hielt sie gleich zu Beginn ihres Auftritts auf der Seebühne auf dem Marktplatz in Montreux fest. «Mein Grossvater aus dem Appenzell ist sogar hierhergereist und steht im Publikum», erklärte sie. Auch ihre Cousinen und Cousins reisten für die berühmte Verwandtschaft aus Grossbritannien an. Für ihren Grossvater war es das erste Livekonzert seiner Enkelin. Ein wunderschöner Moment, meinte Raye: «Ich werde wohl vor Freude weinen», kündigte sie an.

Raye trat am Donnerstagabend am Montreux Jazz Festival auf.
Foto: LIONEL FLUSIN
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Für solche Momente hat Raye hart gekämpft. Als Absolventin der Brit School, die auch andere Musikerinnen wie Amy Winehouse (1983–2011) und Katie Melua (39) hervorbrachte, bekam sie im Jahr 2014 als 17-Jährige einen Vertrag des Labels Polydor. Sie veröffentlichte daraufhin immer wieder Lieder mit bekannten DJs wie David Guetta (56). Auch schrieb sie Lieder für Beyoncé (42), Rita Ora (33) und Ellie Goulding (37). Und trotzdem wurde sie von ihrem Plattenverlag immer wieder vertröstet, wenn es um die Veröffentlichung ihres Debütalbums ging.

Kampf mit Plattenfirma

Dem Ärger über diesen Umstand machte Raye 2021 in den sozialen Medien Luft. «Ich habe seit 2014 einen Vier-Alben-Vertrag! Und ich durfte nicht ein einziges Album herausbringen. Musik ist alles für mich», schrieb sie auf Twitter (heute X). «Ich habe Alben über Alben von Musik, die in Ordnern sitzen und verstauben, Songs, die ich jetzt an A-Listen-Künstler verschenke, weil ich immer noch auf die Bestätigung warte, dass ich gut genug bin, um selbst ein Album herauszubringen.» Sie sei es leid, ein «höflicher Popstar» zu sein. Daraufhin erlaubte ihr das Plattenlabel, den Vertrag zu kündigen. Raye stand als unabhängige Künstlerin da.

Für ihren Erfolg packte die ganze Familie mit an. Ihre schweizerisch-ghanaische Mutter, die im Bereich der psychischen Gesundheit arbeitete, und ihr für eine Versicherungsgesellschaft tätiger Papi aus dem britischen Yorkshire wurden ihre Manager. Beide hätten durch ihre früheren Tätigkeiten die nötigen Skills, um diese Aufgabe zu meistern, sagte Raye der österreichischen «Kleinen Zeitung». «Meine Mutter hat in 30 Jahren im Bereich der psychischen Gesundheit alles gesehen. Mein Vater ist in Unternehmen gegangen, hat sich über sie informiert und ihnen Ziele gesetzt. Wie es das Schicksal so will, sind sie für das, was ich brauche, hervorragend geeignet.»

Nummer 1 als unabhängige Künstlerin

Ihr Debütalbum «My 21st Century Blues» hat Raye aus der eigenen Tasche finanziert. Mit Erfolg: Noch vor der Veröffentlichung des Werks wurde im Januar 2023 die dritte vorab veröffentlichte Single «Escapism.» ihr erster britischer Nummer-eins-Hit – auch dank Tiktok. Das einen Monat später veröffentlichte «My 21st Century Blues» schaffte es auf Platz zwei der dortigen Hitparade. In der Schweiz kletterte das Werk auf Platz 17. Der Mix aus Pop, R&B, Blues und auch House überzeugte die Hörer.

Auf dem Album rechnet Raye auch mit der Musikbranche ab. Sie verarbeitet in «Ice Cream Man» das Erlebnis eines sexuellen Übergriffs durch einen bekannten Produzenten: «Es ist der schwierigste Song, den ich je geschrieben habe. Und ich will ihn eigentlich gar nicht singen. Aber es hilft mir, bei einem Thema laut zu sein, bei dem ich so lange still war», erklärte sie in Montreux. In den Liedern «Mary Jane» und «Escapism.» thematisiert sie den Drogenkonsum, der ihr temporär gegen die Frustration über die Branche und die Verarbeitung des Übergriffs zu helfen schien. «Ich steckte ziemlich tief drin, und irgendwann wurde es richtig gefährlich», so Raye zur BBC.

Nächster Schweizer Auftritt im August

Heute ist Raye an einem besseren Ort. Sie steht auf grossen Bühnen, war unter anderem zu Gast in der legendären US-Sendung «Saturday Night Life», hat die Londoner O2-Arena ausverkauft und sechs Brit Awards zu Hause stehen. Am Montreux Jazz Festival zeigte sie sich dankbar, für das, was momentan passiert. «Es ist für mich eine riesige Ehre, hier mit meiner Band zu stehen», sagte sie zur Menge. «Als Siebenjährige habe ich von solchen Momenten geträumt, und jetzt wird es Wirklichkeit. Das ist verrückt.»

Lange muss sich Raye nicht auf ihren nächsten Auftritt in der zweiten Heimat gedulden. Am Freitag, 23. August 2024, ist sie am Zürich Open Air zu sehen.

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