Unschönes Ende für die Miss Schweiz
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Der Fokus auf Blick TV:Aus für Miss Schweiz – Organisation ist pleite

Nie mehr Krönchen! Die Organisation ist pleite
Unschönes Ende für die Miss Schweiz

Ist eine Miss-Schweiz-Wahl noch zeitgemäss? Diese Debatte wird nun hinfällig, denn die Miss Schweiz Organisation befindet sich in Konkurs. Viele ehemalige Schönheitsköniginnen finden das mehr als schade. Aber nicht nur.
Publiziert: 12.11.2020 um 01:22 Uhr
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Aktualisiert: 15.12.2020 um 22:25 Uhr
Flavia Schlittler

Das wars! Keine Schweizerin wird je wieder mit Krönchen auf dem Haupt zur Miss Schweiz gekürt werden. Denn die Miss Schweiz Organisation AG befindet sich in Konkurs. Das geht aus einer Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt hervor. Die Website miss.ch ist zwar immer noch online. Nach wie vor wird dazu aufgerufen, beim Casting mitzumachen – vorausgesetzt, man ist mindestens 168 Zentimeter gross und zwischen 18 und 27 Jahre alt. Nach wie vor spielen die Organisatoren mit den Träumen junger Mädchen. Doch das Casting wird so nie mehr stattfinden.

Der Wurm ist schon lange drin bei der ältesten Schweizer Schönheitsköniginnenwahl, die 42 Jahre lang stattfand. Das letzte Mal ging sie 2018 über die Bühne – in alter Manier mit Bikini-Durchgang. Andrea und Iwan Meyer hatten die Leitung inne, Geschäftsführerin der neuen Miss-Wahl war Angela Fuchs.

Unschönes Ende für die Miss Schweiz
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Die Organisation ist pleite:Das wars für die Miss-Schweiz-Wahl
Die letzte aller Missen war Jastina Doreen Riederer. Sie wurde 2018 gekrönt und nach knapp zehn Monaten unrühmlich ihres Amtes enthoben.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG
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Für Jastina Doreen Riederer waren die Missen-Monate ein Albtraum

Gewonnen hat die Wahl im März vor zwei Jahren Jastina Doreen Riederer (22), die nach knapp zehn Monaten per sofort von ihrem Amt freigestellt wurde. Sie sei unzuverlässig und nie erreichbar gewesen, so der Vorwurf. In der Folge wurde in der Öffentlichkeit schmutzige Wäsche gewaschen. Riederer warf der Organisation vor, sie habe monatlich nur 74 Franken Lohn erhalten. «Ich bin super enttäuscht über die Art, wie die Miss Schweiz Organisation mit mir umgegangen ist. Anderseits fühle ich mich befreit, dass es vorbei ist. Mir befiehlt nun niemand mehr, wann ich ins Bett gehen muss, und ich werde auch nicht mehr beleidigt. Ich habe keine schlaflosen Nächte mehr, weine nicht mehr und habe endlich wieder Appetit», sagte sie kurz nach ihrer Abwahl und der Aberkennung ihres Titels zum BLICK.

Riederer hat sich komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Angela Fuchs kündigte kurz nach der Wahl und trat aus dem Verwaltungsrat aus. Mit den späteren Missständen habe sie nichts mehr zu tun gehabt, beteuert sie. «Ich hätte nie eine Miss sechs Wochen vor Amtsende in aller Öffentlichkeit entlassen. Bis heute verstehe ich dies nicht und hätte es auch nicht gutgeheissen. Auch kann ich nicht nachvollziehen, weshalb sich Jastina nicht Ex-Miss nennen darf. Sie hat die Wahl ja ordentlich gewonnen.»

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Als neues Missen-Mami nahm Anita Buri das Heft in die Hand

Die Hoffnung lag dann auf Ex-Miss Anita Buri (42), die als Missen-Mami das Schiff wieder in die richtige Richtung hätte steuern sollen. Doch nach drei Monaten war auch diese Zusammenarbeit Geschichte – wegen verschiedener Auffassung über die Ausrichtung der Organisation, wie es damals offiziell hiess. Weiter dazu äussern möchte sich Buri nicht.

Angela Fuchs hat vom Konkurs und den Problemen der Miss Schweiz Organisation AG erst diese Tage erfahren. Auch dass die Tochtergesellschaft Miss Schweiz AG wohl schon bald den Konkurs anmelden wird. Dies, obwohl die Wahl 2018 schwarze Zahlen schrieb. Andy Meili, ein Unternehmer aus der Innerschweiz, wollte die Marke für einen sehr guten Preis kaufen, wie er gegenüber BLICK bestätigt, doch die Gegenseite liess den Deal platzen. «Ich bedauere, dass es nicht geklappt hat. Mit Begeisterung und weiteren Investitionen hätte ich der Miss Schweiz neues Leben eingehaucht. Es berührt mich, dass es nun so endet, einfach nur schade.» Weshalb es nicht zum Vertragsabschluss kam, darüber möchte er sich nicht weiter äussern. Auch Angela Fuchs bedauert, dass es die Miss Schweiz Organisation nicht geschafft hat, die einst so starke, stolze Marke ins neue, digitale Zeitalter mit der ≠MeToo-Debatte zu transferieren. Auch sie lässt sich dazu nicht weiter zitieren. Nach dem Missen-Aus stehen Geldansprüche und Klagen im Raum. Einzig dazu sagt Fuchs: «Ich werde wahrscheinlich ein hohes Guthaben verlieren.»

Ex-Miss Alina Buchschacher hofft auf Begrenzung des Image-Schadens

Eine, die spricht, ist die Ex-Miss-Schweiz von 2011, Alina Buchschacher (29). Sie hat gerade schlaflose Nächte hinter sich, aber aus einem anderen Grund: Ihr Sohn Noah feierte am 8. November seinen ersten Geburtstag. Zum Aus der Miss Schweiz sagt sie: «Bei all dem Knatsch bei der letzten Wahl und dass Leute noch auf ihr Geld warten, wundert mich das nicht, ich habe es so kommen sehen. Grundsätzlich finde ich es schade für die Marke, dass sie den Bach runter geht. Jahrzehntelang gehörte die Miss-Schweiz-Wahl zur Schweizer Kultur. Ich hoffe, dass das Image der Marke nicht noch mehr in Mitleidenschaft gezogen wird. Abgesehen davon wäre eine solche Wahl heute mit all den Models und Influencerinnen eh nicht mehr zeitgemäss und so auch nicht mehr durchführbar.»

Linda Fäh ist traurig über das Ende der Missen-Tradition

Linda Fäh (33), die sich das Krönchen 2009 holte und heute als erfolgreiche Schlagersängerin unterwegs ist, meint: «Traurig, dass die Missen-Tradition auf diese Art und Weise zu Ende ging. Ich bin dankbar, dass ich damals, als der Titel noch was zählte, dabei war und dieses Sprungbrett ins Showbusiness bekam. Es war eine Erfahrung, die mein Leben geprägt hat.»

Ex-Miss Nadine Vinzens ist schlicht sprachlos über das definitive Aus

Nadine Vinzens (37), Schönheitskönigin von 2002 und heutige DJane, sagt: «Ich bin gerade etwas sprachlos. Ich finde es sehr schade und kann es gar noch nicht richtig fassen, dass es die Miss Schweiz nie wieder geben wird. Eine Wahl, die immer einen enormen Status hatte, und dies schon seit einer ganz langen Zeit. Es zeigt wohl, dass heutzutage andere Plattformen mehr Bedeutung bekommen haben, sodass es nicht mehr wichtig ist, eine Miss Schweiz zu haben.»

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Für die Miss 2001, Jennifer Ann Gerber, ist diese Art Schönheitswahl nicht mehr zeitgemäss

Jennifer Ann Gerber (39), Miss Schweiz von 2001: «Es ist schade, hat man die Plattform an die Wand gefahren. Zu meiner Zeit hat es sehr viele Türen geöffnet, wie für die Missen vor und nach mir. Es war ein Sprungbrett für all die Karrieren, die stattfinden konnten. Natürlich ist heute eine Schönheitswahl, bei der es nur ums Aussehen geht, nicht mehr zeitgemäss. Heute braucht es Botschafterinnen, die Inhalte transportieren. Eine analoge Plattform, die Inhalte wie Kultur, Toleranz und Offenheit vermittelt, wäre vor allem für Jugendliche wichtig, die sich oftmals durch Social Media definieren und entsprechend überfordert sind. Mit den richtigen, reflektierten Themen wäre dies nach wie vor auch heute noch ein spannendes Sprungbrett für viele.»

Tanja Gutmann möchte ihre Erfahrung als Miss Schweiz nicht missen

Die heutige Moderatorin und Mental-Coach Tanja Gutmann (43): «Ich finde es sehr schade. Für mich war es eine unglaublich schöne, aufregende und lehrreiche Zeit, die ich unter keinen Umständen missen möchte. Der Titel hat mich in ein völlig neues Leben katapultiert, ohne das ich nicht zu dem geworden wäre, was ich heute bin. Aber ich denke, das Format entspricht einfach nicht mehr dem heutigen Zeitgeist.»

Das Schweigen der Organisation und der Ex-Missen Winiger, Rigozzi und Rinderknecht

Iwan und Andrea Meyer, die schon während Riederers Amtszeit nur über eine E-Mail-Adresse erreichbar waren, liessen eine Anfrage von BLICK unbeantwortet. Nicht dazu äussern wollen sich auch Ex-Miss Christa Rigozzi (37) und Melanie Winiger (41), die 1996 mit 17 Jahren die bis heute jüngste Miss Schweiz aller Zeiten wurde. Auch Dominique Rinderknecht (31), die heute als DJane und Moderatorin unterwegs ist, schweigt. Zur Anfrage von BLICK meinte sie, innerhalb von zwei Tagen keine Zeit für eine Antwort zu haben, sie sei einfach «mega im Schuss».

Blick TV bringt am 12. November ab 11.30 h eine Fokus-Sendung zum Thema Miss Schweiz. Unter anderem mit Ex-Miss Nadine Vinzens und der einstigen Organisatorin Angela Fuchs.

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