Interview mit britischer Botschafterin in Bern
«Die Queen ist ein grosser Schweiz-Fan»

Im Interview verrät die britische Botschafterin Jane Owen, warum die Monarchie immer noch einen derart wichtigen Stellenwert für das britische Volk hat und welche Erinnerungen Königin Elizabeth II. bis heute mit ihrem Schweiz-Besuch verbindet.
Publiziert: 02.06.2022 um 01:11 Uhr
Interview: Patricia Broder

Lang lebe die Königin! Wenn heute in London die Feierlichkeiten für das 70. Thronjubiläum von Königin Elizabeth II. (96) eröffnet werden, fiebert auch Jane Owen (59) mit, die britische Botschafterin in Bern. Die Vorbereitungen in der stattlichen Residenz an der Thunstrasse laufen seit Tagen auf Hochtouren. Doch von Anspannung ist gar nichts zu spüren, als wir die Botschafterin auf ihrem Handy erreichen. «Hi, I'm Jane», meldet sie sich gut gelaunt am Telefon.

Blick: Frau Owen, heute beginnt das «Platinum Jubilee», das 70. Thronjubiläum von Königin Elizabeth II. Warum sind diese Feierlichkeiten für das britische Volk so wichtig?
Jane Owen:
Für uns ist dieses Jubiläum deshalb derart bedeutend, weil es das erste Mal ist, dass eine regierende britische Monarchin oder ein britischer Monarch ein solches Platin-Jubiläum überhaupt feiern kann. So etwas kommt einmal in drei Generationen vor. Entsprechend ist auch das britische Volk voller Vorfreude.

Und warum ist die Monarchie für die Briten immer noch so wichtig?
Für das Volk ist die Monarchie einerseits eine Tradition, andererseits eine Art Ruhepol. Queen Elizabeth ist seit siebzig Jahren im Amt und seit fast hundert Jahren auf der Welt. Sie verbindet die alte Zeit mit der neuen und die Tradition mit der Moderne. Sie wird in Grossbritannien auch als Kraft und Autorität angesehen und verehrt.

Fiebert dem Thronjubiläum der Queen entgegen: Jane Owen, britische Botschafterin in Bern.
Foto: Peter Gerber
1/7
Schweizer Künstler kreiert grösstes Lichtkunst-Projekt aller Zeiten
2:18
Queen auf den Alpen:Schweizer Künstler kreiert grösstes Lichtkunst-Projekt aller Zeiten

Warum ist die Popularität der Queen nach all den Jahrzehnten ungebrochen – was ist ihr Geheimnis?
Das ist eine interessante Frage. Ich denke, es hat mit ihrem Führungsstil zu tun. Ihre Art des Führens ist sehr modern und voller Demut. Sie ist ruhig und zurückhaltend und setzt doch wichtige Zeichen in den Momenten, in denen es nötig ist. Die Queen wählt beispielsweise sehr bewusst aus, wann sie zum Volk spricht. Und wenn sie es dann tut und eine Rede hält, hat diese eine umso grössere Wirkung. Ich glaube, das ist Teil ihres Geheimnisses.

Haben Sie die Queen selber je getroffen?
Ja, bei meiner Amtseinführung. Als Botschafterin arbeite ich für die britische Regierung, aber dennoch bin ich auch die Stellvertreterin der Queen in der Schweiz. Bevor ich 2017 mein Amt antreten durfte, hatte ich deshalb traditionell eine kurze Audienz bei der Queen – bis heute eines der Highlights meines Lebens.

Was hat Sie an dem Treffen so beeindruckt?
Die Queen hat ein echtes Interesse an den Menschen. Wir hatten ein wunderbares Gespräch, in dem sie mir erzählte, wie gerne sie sich an ihren Schweiz-Besuch Anfang der 1980er-Jahre erinnert. Besonders der Ausflug zum Rütli und die Zugfahrt die Wälder und Seen entlang haben ihr sehr gefallen. Die Queen ist ein grosser Schweiz-Fan – so wie ich selber auch.

Was haben Sie als britische Botschafterin in der Schweiz für das Thronjubiläum dieses Wochenende geplant?
Mein Team und ich geben am Donnerstag eine grosse Party in der Botschaftsresidenz in Bern. Samstagabend sehen wir uns dann mit Gästen die Liveübertragung des Spezialkonzerts im Buckingham Palace an. Und am Sonntag feiern wir ganz klassisch eine Gartenparty, so wie das viele Leute in Grossbritannien tun. Bei dieser Gelegenheit ehren wir auch unsere «Champion-Gruppe». Das sind Menschen aus der ganzen Schweiz, die ihrer Community in ausserordentlicher Weise gedient haben – ganz im Sinne der Queen.

Warum sind die Queen und die Royal Family auch für uns Schweizer so faszinierend?
Wahrscheinlich, weil die Schweiz nie eine Monarchie hatte. Und die Schweiz ist nicht das einzige Land, das fasziniert ist von dieser langen, erfolgreichen Monarchie. Vielleicht hat es auch mit unseren Traditionen zu tun, an denen wir festhalten: Alleine dieses Wochenende werden Hunderte von Pferden an der «Trooping the Colour»-Parade teilnehmen und die goldene Staatskutsche wird die Londoner Prachtstrasse «The Mall» entlangfahren. Das bewegt die Menschen.

Queen Elizabeth feiert dieses Jahr zum ersten Mal ein grosses Fest ohne ihren vor einem Jahr verstorbenen Ehemann Prinz Philip. Ein besonders schwerer Gang.
Bestimmt. Ich kann mitfühlen und kenne das, ich verlor vor fünf Jahren selber meinen Mann. Gleichzeitig gibt einem in solchen Momenten die Familie besonders viel Kraft. Und die Queen ist ein grosser Familienmensch. Das Platin-Jubiläum feiert das Leben der Queen und ihre unglaublich lange Amtszeit. Zudem versteht es Queen Elizabeth wie kaum jemand anderes, das Positive zu sehen und in die Zukunft zu blicken.

Diese Kraft der Positivität scheint ihr auch zu helfen, die diversen Skandale im britischen Königshaus durchzustehen: Harry und seine Frau Meghan haben ihre Pflichten als Mitglieder des britischen Königshauses abgegeben, Prinz Andrew musste sich wegen eines Missbrauchsskandals ebenfalls zurückziehen.
Die Queen wird sich darauf fokussieren, wie es mit der royalen Familie weitergeht. Prinz Charles, Prinz William und seine Ehefrau Herzogin Catherine arbeiten alle hart und sind sehr engagiert dafür, dem britischen Volk und dem Königreich zu dienen. Darauf konzentriert sich auch die Queen: eine Monarchie, die vereint und stark ist. Man darf nicht vergessen: Als die Queen ein kleines Mädchen war, hat sie nicht damit gerechnet, eines Tages Königin zu werden. Umso mehr hat sie ihr Amt ernst genommen und siebzig Jahre lang dem britischen Volk unermüdlich gedient. Dafür wird sie sehr geschätzt und respektiert.

Wie sehen Sie die Zukunft der Monarchie – wird sie auch in den nächsten 70 Jahren bestehen?
Unbedingt. Wenn wir kommenden Montag auf die Festivitäten dieses Wochenendes zurückblicken, werden wir einmal mehr sehen, wie wichtig es ist, zusammenzustehen, einander zu unterstützen und die Art, wie wir leben, für die nächste Generation zu verbessern. Egal, welche Herkunft, welche Hautfarbe oder welche Sexualität jemand hat, wir müssen zusammenstehen und uns gegenseitig unterstützen. Die Monarchie, die immer sehr offen war, hilft uns dabei. Ich sehe eine grosse Zukunft für die britische Monarchie.

Im Auftrag ihrer Majestät

Jane Caroline Owen wurde in Bilston nordwestlich von Birmingham (Grossbritannien) geboren. Ihre Eltern führten ein Spielwarengeschäft. Nach ihrem Studium am Trinity College in Cambridge trat Owen 1987 in den diplomatischen Dienst und war unter anderem in Japan und Vietnam tätig. Von 2010 bis 2014 war sie britische Botschafterin in Norwegen. Seit 2017 ist Owen britische Botschafterin in Bern und vertritt Königin Elizabeth II. in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein. Sie ist Mutter zweier Kinder.

Jane Caroline Owen wurde in Bilston nordwestlich von Birmingham (Grossbritannien) geboren. Ihre Eltern führten ein Spielwarengeschäft. Nach ihrem Studium am Trinity College in Cambridge trat Owen 1987 in den diplomatischen Dienst und war unter anderem in Japan und Vietnam tätig. Von 2010 bis 2014 war sie britische Botschafterin in Norwegen. Seit 2017 ist Owen britische Botschafterin in Bern und vertritt Königin Elizabeth II. in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein. Sie ist Mutter zweier Kinder.

Mehr
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?