Der schwer kranke Kinderarzt wird heute für sein Lebenswerk geehrt
Beat Richner hat 18 Millionen Kindern geholfen

Beat «Beatocello» Richner wird heute im Zürcher Grossmünster für sein Spitalprojekt Kantha Bopha in Kambodscha geehrt. Insgesamt 18 Millionen Kindern hat der Zürcher Kinderarzt mit seiner Stiftung geholfen. Doch die Feier wird ohne ihn stattfinden müssen.
Publiziert: 25.11.2017 um 09:56 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 22:27 Uhr
König Norodom Sihamoni (vorne Mitte), begleitet von der Königin Mutter, Witwe des verstorbenen Königs Sihanouk (vorne rechts) sowie die First Lady (l.) ehrten das Lebenswerk Beat Richners in Kambodscha.
Foto: zVg
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Flavia Schlittler und Matthias Mast

Welch eine Tragödie! Ein grosser Schweizer wird für sein Lebenswerk geehrt, doch er ist zu krank, um die Glückwünsche persönlich entgegenzunehmen. Beat Richner (70) kann an der heutigen öffentlichen Feier um 12.15 Uhr im Zürcher Grossmünster zum 25-Jahr-Jubiläum seiner Spitäler in Kambodscha nicht dabei sein. «Er weiss nicht mehr, was Kambodscha ist», sagt René Schwarzenbach (58), Präsident der von Richner gegründeten Stiftung Kantha Botha (Deutsch: duftende Blume).

«Beat Richner leidet an einer seltenen und unheilbaren Gehirnerkrankung mit zunehmendem Funktions- und Gedächtnisverlust. Er erinnert sich auch nicht mehr daran, dass er 18 Millionen Menschen geholfen hat», so Schwarzenbach über das traurige und tragische Schicksal des Kinderarztes und singenden Clowns Beatocello, der in Kambodscha als grosser Wohltäter verehrt wird.

Es fliessen immer noch Tränen

Schwarzenbach war letzte Woche in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh. Da wurde das Jubiläum der Spitalprojekte Beat Richners gefeiert. Unter dem Namen Kantha Bopha wurden auf Initiative des Zürcher Kinderarztes in Phnom Penh seit 1992 vier Kinderspitäler eröffnet. In der kambodschanischen Provinzstadt Siem Reap steht ein fünftes von Richner gegründetes Kinderkrankenhaus, welches ebenfalls zur Kantha-Bopha-Gruppe gehört. Die Betroffenheit über die im vergangenen Frühling bekannt gewordene Erkrankung Beat Richners bei den 2400 Angestellten und der Bevölkerung in Kambodscha ist gross. «Es fliessen immer noch Tränen», sagt Schwarzenbach.

Der König feiert Wohltäter Beat Richner

Die Bedeutung der von Richner gegründeten Spitäler für das gesamte Gesundheitssystem in Kambodscha wurde letzte Woche unterstrichen durch die Präsenz wichtiger Personen an der 25-Jahr-Jubiläumsfeier, die vom Königshaus organisiert wurde. Anwesend waren König Norodom Sihamoni, begleitet von der Königin Mutter und Witwe des verstorbenen Königs Sihanouk, der ein enger Freund Beat Richners war. «Es war eine sehr harmonische Feier, und das Werk und die Person von Beat Richner wurden ausführlich gewürdigt», schwärmt Schwarzenbach.

Beat Richner lebt heute in einem Pflegeheim

Am heutigen Samstagmittag feiert die Schweiz Beat Richner und sein Lebenswerk – jedoch ohne den Initianten. «Beat lebt gut umsorgt in einem Pflegeheim in der Nähe von Zürich. Ein kleiner Trost ist, dass er selbst nicht leidet, keine Schmerzen hat, regelmässigen Besuch von Familie und Freunden bekommt und seinen Humor nicht verloren hat», beschreibt René Schwarzenbach die heutigen Lebensumstände des Spital-Pioniers.

Der Journalist Peter Rothenbühler kommt zum selben Fazit wie ein anderer Wegbegleiter Richners: «Er hat den Nobelpreis verdient», sagt Peter Marti (63). Der bekannte Werber kennt Richner seit der Geburt seines ersten Kindes vor 35 Jahren. Marti half seinem Freund beim Spendensammeln für dessen Lebenswerk. 

Schweizer Spender unterstützen Kantha Bopha mit rund 23 Millionen Franken jährlich. Die Schweizer Regierung stellt vier Millionen Franken zur Verfügung. Der Rest des 42 Millionen Franken hohen Betriebsbudgets der Spitäler wird von lokalen Spendern finanziert.

Beat Richners Lebenswerk wird weitergeführt

Mitgeholfen beim Spendensammeln hat auch die Zirkus-Familie Knie. Dieses Jahr fand bereits die 26. Beatocello-Gala im Zelt des Schweizer National-Zirkus statt. «Ich habe grösste Bewunderung für seine Person und Arbeit. Mein Wunsch an ihn ist, dass sein Lebenswerk in seinem Sinn weitergeführt werden kann und seine Nachfolger seine Arbeit mit dem gleichen Herzblut weiterführen werden» sagt Fredy Knie junior.

Sein Wunsch ist Beat Richners Wegbegleiter Befehl: «Mit Peter Studer und Denis Laurent sowie den langjährigen Chefärzten ist die Kontinuität in der Leitung der Spitäler sichergestellt», freut sich René Schwarzenbach, der im tragischen Schicksal von Beat Richner einen Trost findet. «Da sich Beat an Kambodscha nicht erinnert, hadert er auch nicht damit, nicht dort zu sein.»

«Er hat den Nobelpreis verdient»

«Jetzt ist es an uns, die Erinnerung an ihn aufrechtzuerhalten. Kennengelernt habe ich Dr. Beat Richner im Restaurant, wo wir uns über Medien austauschten. Er formulierte mögliche Schlagzeilen für den BLICK. Ja, er las die Zeitung, aber auch die «NZZ». Ich wusste nur, dass dieser Kinderarzt auch als Beatocello auftritt.

Dann erzählte er von seinem Projekt, in Phnom Penh die zerstörten Kinderspitäler wieder aufzubauen, was ich sehr abenteuerlich fand. Aber dieser originelle Typ hat sich als genialer Organisator, Manager und Spitalbauer entpuppt. Und als Rebell. Hilfe für die Armen tönte für ihn überheblich. Ihm ging es um Gerechtigkeit. Er kämpfte gegen Korruption, kritisierte die Politik der Pharma. Und was haben wir gelacht! Am Telefon. Ich fragte ihn jeweils, wie viel Schnee es in Kambodscha habe. Er wollte wissen, wie es Blocher oder Leuenberger gehe, zwei Bekannten aus der Studienzeit.

Mich wunderte, dass man als Arzt so viel Gewicht auf die Waage bringen kann. Auf seinem Pult stapelten sich die Schokoladetafeln, der Cigarillo gehörte zu jeder Pause, am liebsten genoss er Pizzas. Er gab auch zu, dass er an Heimweh litt. Die Sehnsucht nach Zürich, dem Opernhaus und den Buchläden kann auch ein Stapel Schweizer Schokolade nicht wegputzen.

Richner hat medizinische Entdeckungen gemacht, für die er eigentlich den Nobelpreis verdient hätte. Vielleicht sogar zwei, für Medizin und für den Frieden. Eine ganze Generation Kinder zu retten, in einem der ärmsten Länder der Welt, das ist das schönste Friedenswerk.»

Peter Rothenbühler, ehemaliger Chefredaktor der «Schweizer Illustrierten», würdigt seinen Freund Beat Richner.
Geri Born

«Jetzt ist es an uns, die Erinnerung an ihn aufrechtzuerhalten. Kennengelernt habe ich Dr. Beat Richner im Restaurant, wo wir uns über Medien austauschten. Er formulierte mögliche Schlagzeilen für den BLICK. Ja, er las die Zeitung, aber auch die «NZZ». Ich wusste nur, dass dieser Kinderarzt auch als Beatocello auftritt.

Dann erzählte er von seinem Projekt, in Phnom Penh die zerstörten Kinderspitäler wieder aufzubauen, was ich sehr abenteuerlich fand. Aber dieser originelle Typ hat sich als genialer Organisator, Manager und Spitalbauer entpuppt. Und als Rebell. Hilfe für die Armen tönte für ihn überheblich. Ihm ging es um Gerechtigkeit. Er kämpfte gegen Korruption, kritisierte die Politik der Pharma. Und was haben wir gelacht! Am Telefon. Ich fragte ihn jeweils, wie viel Schnee es in Kambodscha habe. Er wollte wissen, wie es Blocher oder Leuenberger gehe, zwei Bekannten aus der Studienzeit.

Mich wunderte, dass man als Arzt so viel Gewicht auf die Waage bringen kann. Auf seinem Pult stapelten sich die Schokoladetafeln, der Cigarillo gehörte zu jeder Pause, am liebsten genoss er Pizzas. Er gab auch zu, dass er an Heimweh litt. Die Sehnsucht nach Zürich, dem Opernhaus und den Buchläden kann auch ein Stapel Schweizer Schokolade nicht wegputzen.

Richner hat medizinische Entdeckungen gemacht, für die er eigentlich den Nobelpreis verdient hätte. Vielleicht sogar zwei, für Medizin und für den Frieden. Eine ganze Generation Kinder zu retten, in einem der ärmsten Länder der Welt, das ist das schönste Friedenswerk.»

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