Der Zirkusdirektor übergibt an Tochter Géraldine
Vorhang zu für Fredy Knie!

Nach fast 70 Jahren in der Manege tritt Fredy Knie jr. heute Abend in Rapperswil zum allerletzten Mal auf.
Publiziert: 24.11.2019 um 00:39 Uhr
Nach fast 70 Jahren in der Manege und 30 Jahren als Zirkusdirektor reicht er den Stab an die jüngere Generation weiter. Seine Tochter Géraldine Knie übernimmt die Leitung.
Foto: Si
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Patricia Broder

Eine Ära geht zu Ende: Fredy Knie jr. (73) gibt heute Sonntagabend in Rapperswil SG bei der Tour-Derniere des National-Circus Knie seine allerletzte Vorstellung. Nach fast 70 Jahren in der Manege und 30 Jahren als Zirkusdirektor reicht er den Stab an die jüngere Generation weiter. Seine Tochter Géraldine Knie (46) übernimmt die Leitung. «Unser 100-Jahr-Jubiläum ist der richtige Moment», sagt Fredy Knie. «Ich bin jetzt 73 und noch fit und gesund. Man sollte doch dann aufhören, wenn die Leute es noch schade finden, dass man geht. Und nicht dann, wenn sie froh sind, dass man endlich abtritt. Ich mache nun Platz für die Jungen.»

Trotz dem Rückzug aus dem Scheinwerferlicht wird sich im Alltag des Pferdedompteurs nicht viel verändern. «Ich gebe den Zirkus nicht auf. Ich werde weiter mitreisen, von nun an aber nicht mehr als aktiver Artist, sondern hinter den Kulissen tätig sein. Ich freue mich darauf, mit den Jungen zu trainieren und ihnen mein Wissen weiterzugeben, Gäste zu betreuen.» Auch um seine geliebten Pferde will er sich weiter persönlich kümmern.

Eigenes Pferd mit 17

Fredy Knie jr. hat sein ganzes Leben im Zirkus verbracht. Als vierjähriger Junge stand er das erste Mal in der Manege, als fünfjähriger Artist erlebte er 1951 seine erste Schweizer Tournee. Sein persönlich grösstes Highlight war der Moment, als er als 17-Jähriger von seinem Vater ein Pferd geschenkt bekam, erklärt Knie: «Parzi hiess es. Das gehörte mir allein und war das schönste aller Pferde. Ich werde diesen Moment nie vergessen. Wir feierten meinen Geburtstag in der Manege. Ich bekam Blumen geschenkt, und meine Familie und Kollegen sangen ‹Happy Birthday›. Plötzlich kam mein Vater mit dem geschmückten Pferd in die Manege. Ich freute mich so, ich wurde fast ohnmächtig.»

Todesfälle und Familienzwist

Doch hinter der schillernden Zirkusfassade kam es auch zu dramatischen Ereignissen: Generationenkonflikte, Todesfälle und Familienzwist. Der Freitod des beliebten Knie-Clowns Spidi (1966–2018) letztes Jahr habe alle besonders mitgenommen, erklärt Knie: «Er war 24 Jahre bei uns, entsprechend war er uns sehr ans Herz gewachsen.» Ein persönlich besonders schwerer Moment war auch der Tod seines Vaters Fredy (1922–2003): «Er starb zehn Minuten vor der Vorstellung. Traurig habe ich meine Nummer absolviert, einfach nur funktioniert.» Doch im Sinne des Verstorbenen habe er sich durchgebissen, sagt Knie: «‹The show must go on›, heisst es schliesslich. Ich habe in den letzten 69 Jahren nicht eine einzige Vorstellung verpasst.»

Das angespannte Verhältnis zu seinem Bruder Rolf Knie (70), mit dem er sich Mitte der 1980er-Jahre verkrachte, beschreibt der abtretende Zirkusdirektor heute so: «Mein Bruder macht sein Ding und wir unseres. Jeder hat seine Sachen. Aber wir sind freundschaftlich zueinander.»

Fredy Knie jr. gehört zur sechsten Generation der berühmten Zirkusfamilie, die manche gar als Royals der Schweiz bezeichnen. «Auf eine Weise ehrt mich das, auf der anderen Seite, muss ich sagen, sehe ich das nicht so. Wir sind normale Menschen, mit den gleichen Problemen wie alle anderen auch», sagt Knie und ergänzt: «Ausserdem kenne ich mehrere Royals, und die sind auch ganz normale Menschen wie du und ich.»

Tierliebe

Die grosse Liebe des 73-Jährigen sind die Tiere: «Ich habe sie wahnsinnig gern. Sie verstehen mich, ich verstehe sie. Manchmal verstehen mich Tiere sogar besser als Menschen.» Seine Tierliebe forderte vom Zirkusdirektor auch ihren Tribut. So war Fredy Knie 1998 das letzte Mal in den Ferien. «Ich verzichtete für meine Tiere darauf.» Dies falle ihm nicht schwer, denn er liebe, was er tue. «Ich habe diesen Job immer mit Herzblut gemacht. Der Zirkus ist ein Kindheitstraum, und wir Knies haben das wunderbare Privileg, dass wir diesen Kindheitstraum leben dürfen.»

Doch nun, da er nicht mehr in der Manege auftreten müsse, werde er sich bestimmt mal eine Auszeit nehmen, sagt Knie: «Jetzt hab ich Musse für einen Tagesausflug, oder um mit Freunden essen zu gehen.» Auch sein liebstes Hobby profitiere von seiner freien Zeit. «Ich koche wahnsinnig gerne. Daheim sagen sie immer, mein Risotto sei der beste.» Beim Kochen könne er besonders gut entspannen. «Ich wurde schon oft in Kochsendungen eingeladen, habe aber alle Einladungen immer ausgeschlagen. Das ist meine private Freude, sie bleibt für mich und meine Liebsten.»

Neues Leben hinter den Kulissen

Heute Abend betritt der legendäre Zirkusdirektor nun ein letztes Mal die Manege. Seinem finalen Auftritt blickt Fredy Knie jr. gelassen entgegen: «Es wird bestimmt ein schöner Moment. Natürlich wird es emotional werden, vor allem auch für meine Tochter Géraldine. Doch ich werde ja ihr Wegbegleiter bleiben und ihr weiterhin zur Seite stehen.» Ausserdem habe sein neues Leben hinter den Kulissen auch etwas Gutes, sagt er schmunzelnd: «Ich freue mich darauf, dass ich mich nicht mehr jeden Tag schminken und mir die Haare föhnen muss – sondern ich kann es ab jetzt locker nehmen.»

Angst, den grossen Auftritt oder den Applaus zu vermissen, hat Fredy Knie jr. keine: «Klar ist es schön aufzutreten. Aber es ist genauso schön für mich, meine Nachkommen zu sehen, ihren Applaus zu hören und zu wissen, dass dieser Applaus auch etwas mir gehört.»

Adolf Ogi über den Circus Knie

Waren Sie dieses Jahr schon im Circus Knie?
Adolf Ogi: Ich war heuer schon zwei Mal da – zum einen am Jubiläumsanlass in Zürich, und dann besuchte ich gleich noch die Vorstellung in Thun.

Was für eine Beziehung haben Sie zu ihm?
Ich kenne die Familie Knie schon seit langem. Ich kannte schon die Väter der heutigen Bosse. Während meiner Zeit als Bundesrat ging ich immer mal wieder an eine Vorstellung in Bern.

Was gefällt Ihnen persönlich jeweils am besten?
Die Pferde gefallen mir immer sehr gut. Aber ich mag auch die lustigen Nummern. Das Programm von Viktor Giacobbo und Mike Müller hat mir in diesem Jahr besonders gut gefallen. Ich durfte mit den beiden nach der Vorstellung im Wagen der Knies sogar noch ein Glas Wein trinken! Und die unglaublichen Trapeznummern beeindrucken mich auch jedes Mal. Jeder Sprung ist ein Risiko. Das sind wirklich Spitzensportler!

Was für eine Bedeutung hat der Circus Knie für die Schweiz?
Er gehört zur Schweiz, wie die Schweiz zum Circus Knie gehört. Es ist beeindruckend, was die Familie quasi als KMU tagtäglich leistet. Das Zirkusbusiness ist nicht einfach. Die Familie Knie ist jeden Tag unter Druck und muss Leistung erbringen. Aber Sie müssen sich die Menschen anschauen, wenn sie aus dem Zirkuszelt kommen: Diese leuchtenden Augen – das ist der Erfolg des Circus Knie.

Was wünschen Sie dem Zirkus zum 100-jährigen Geburtstag?
Ich möchte ihm ganz herzlich gratulieren. Freude herrscht! Respekt herrscht. Dankbarkeit herrscht. Grossartig, wie viele Schweizerinnen und Schweizer der Circus Knie jedes Jahr glücklich macht.

Waren Sie dieses Jahr schon im Circus Knie?
Adolf Ogi: Ich war heuer schon zwei Mal da – zum einen am Jubiläumsanlass in Zürich, und dann besuchte ich gleich noch die Vorstellung in Thun.

Was für eine Beziehung haben Sie zu ihm?
Ich kenne die Familie Knie schon seit langem. Ich kannte schon die Väter der heutigen Bosse. Während meiner Zeit als Bundesrat ging ich immer mal wieder an eine Vorstellung in Bern.

Was gefällt Ihnen persönlich jeweils am besten?
Die Pferde gefallen mir immer sehr gut. Aber ich mag auch die lustigen Nummern. Das Programm von Viktor Giacobbo und Mike Müller hat mir in diesem Jahr besonders gut gefallen. Ich durfte mit den beiden nach der Vorstellung im Wagen der Knies sogar noch ein Glas Wein trinken! Und die unglaublichen Trapeznummern beeindrucken mich auch jedes Mal. Jeder Sprung ist ein Risiko. Das sind wirklich Spitzensportler!

Was für eine Bedeutung hat der Circus Knie für die Schweiz?
Er gehört zur Schweiz, wie die Schweiz zum Circus Knie gehört. Es ist beeindruckend, was die Familie quasi als KMU tagtäglich leistet. Das Zirkusbusiness ist nicht einfach. Die Familie Knie ist jeden Tag unter Druck und muss Leistung erbringen. Aber Sie müssen sich die Menschen anschauen, wenn sie aus dem Zirkuszelt kommen: Diese leuchtenden Augen – das ist der Erfolg des Circus Knie.

Was wünschen Sie dem Zirkus zum 100-jährigen Geburtstag?
Ich möchte ihm ganz herzlich gratulieren. Freude herrscht! Respekt herrscht. Dankbarkeit herrscht. Grossartig, wie viele Schweizerinnen und Schweizer der Circus Knie jedes Jahr glücklich macht.

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