Francine Jordi über ihren Brustkebs
«Die Chemotherapie war mein Freund»

Im Mai 2017 wurde bei Francine Jordi (41) Brustkrebs diagnostiziert. «Ich hätte mich endlos in Selbstmitleid suhlen können», sagt Jordi. Doch das hat sie nicht getan. Im Gegenteil! Im Interview mit BLICK erklärt sie, wie sie gegen den Krebs kämpfte.
Publiziert: 22.09.2018 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 13:51 Uhr
Interview: Dominik Hug

Im Mai 2017 wurde bei Francine Jordi (41) Brustkrebs diagnostiziert. Die Schlagersängerin verheimlichte ihre Erkrankung, gab weiter Konzerte – trotz Chemotherapie und Bestrahlung! Vor drei Monaten trat Jordi erstmals wieder ohne Perücke auf. Jetzt spricht sie ausführlich über die schwierigste Zeit ihres Lebens.

Francine Jordi, wie fühlen Sie sich?
Francine Jordi: Wunderbar. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau, alle haben gute Laune. Schöner kann es nicht sein!

Moderatorin und Sängerin

Francine Jordi gehört zu den bekanntesten Schweizer Sängerinnen: 1998 gewann sie mit «Das Feuer der Sehnsucht» den Grand Prix der Volksmusik. 2002 nahm sie beim Eurovision Song Contest teil. Ihr Duett «Träne» mit Florian Ast ist eines der erfolgreichsten Mundartlieder überhaupt. Die Bernerin ist auch oft im TV zu Gast: Sie moderierte «Die grössten Schweizer Hits», führt auch dieses Jahr wieder mit Jörg Pilawa durch die «Silvestershow». Am nächsten Samstag wird sie im ZDF-Quotenhit «Willkommen bei Carmen Nebel» auftreten. Jordi war mit Rad-Idol Tony Rominger verheiratet.

Francine Jordi gehört zu den bekanntesten Schweizer Sängerinnen: 1998 gewann sie mit «Das Feuer der Sehnsucht» den Grand Prix der Volksmusik. 2002 nahm sie beim Eurovision Song Contest teil. Ihr Duett «Träne» mit Florian Ast ist eines der erfolgreichsten Mundartlieder überhaupt. Die Bernerin ist auch oft im TV zu Gast: Sie moderierte «Die grössten Schweizer Hits», führt auch dieses Jahr wieder mit Jörg Pilawa durch die «Silvestershow». Am nächsten Samstag wird sie im ZDF-Quotenhit «Willkommen bei Carmen Nebel» auftreten. Jordi war mit Rad-Idol Tony Rominger verheiratet.

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Sie haben ein schwieriges Jahr hinter sich. 
Ja, das schwierigste meines Lebens. Aber jetzt bin ich wieder voll da.

Während der Therapie wurde Jordi von ihren Eltern und ihren beiden Schwestern unterstützt. «Wir sind eine sehr starke Familie, die schon einige Schicksalsschläge zu verdauen hatte.»
Foto: Thomas Buchwalder
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Im Mai 2017 erkrankten Sie an Brustkrebs. Erinnern Sie sich an die Entdeckung des Tumors?
Sehr genau. Beim Eincremen vor dem Einschlafen spürte ich eine Unebenheit auf meiner Haut, einen kleinen Knoten in der rechten Brust. Tags darauf suchte ich zur Kontrolle einen Arzt auf. Er entschied sofort, weitere Untersuchungen einzuleiten. Zwei Wochen später war ich bereits operiert. 

Was ging Ihnen bei der Diagnose durch den Kopf?
Ich war natürlich schockiert. Das kommende Jahr würde kein Spaziergang, sagte der Arzt. Er beruhigte mich aber auch: Der Tumor sei noch im absoluten Frühstadium, die Chance auf Genesung sei sehr gut. Das erachtete ich als grosses Glück. 

Hatten Sie keine Angst?
Angst ist ein schlechter Ratgeber. Zu hadern, liegt nicht in meinem Naturell. Ich wusste, dass der Verlauf meines Lebens jetzt einen Umweg nimmt, aber ich irgendwann wieder auf die richtige Spur komme. Ich habe meine Notlage sehr früh akzeptiert und mich darauf fokussiert, das Beste daraus zu machen.

Eine andere Möglichkeit gibt es ja eigentlich auch nicht.
Doch. Ich hätte mich endlos in Selbstmitleid suhlen können. Oder hätte mich in ein Loch fallen lassen und nur noch weinen können. Eine solche Reaktion ist total nachvollziehbar. Ich verstehe jeden, der so handelt. Aber mir hätte das nicht geholfen. Im Gegenteil: Ich bin überzeugt, dass dies den Krankheitsverlauf vielleicht sogar verschlimmert hätte. 

Haben Sie zuvor je an Krebs gedacht? 
Ja, obwohl ich nicht vorbelastet bin. In meiner Verwandtschaft hat niemand Brustkrebs. Ich habe aber früh von meiner Mutter gelernt, wie wichtig es ist, dass man sich selber kontrolliert und regelmässig den Frauenarzt aufsucht. Deshalb ging ich auch so schnell zur Kontrolle.

Wie haben Sie sich nach der Diagnose informiert? Haben Sie Bücher gelesen, das Thema gegoogelt?
Nein, gar nichts. Ich wollte diese Bilder nicht in meinem Kopf. Über Krebs gibt es so viele Horrorgeschichten. Ich wollte mich davon nicht beeinflussen lassen. Viel lieber konzentrierte ich mich auf das Glück, dass der Krebs in meinem Körper keine Ableger hinterlassen hatte. Das nahm ich als Geschenk an. Ich glaube an die Kraft des positiven Denkens. Wenn man im Leben stürzt, darf man nicht liegen bleiben, sondern sollte mit allen Kräften versuchen, wieder aufzustehen.

Waren Sie nie wütend?
Nein. Ich konnte ja niemandem die Schuld für den Krebs geben. Eine Zelle in meinem Körper hat sich gegen mich gerichtet. Was der Grund dafür ist, weiss niemand. Es bringt also nichts, zornig zu sein. 

Dachten Sie nicht, dass Sie Vorbeugungen hätten treffen können?
Welche denn? Ein Beispiel: Du bist 40 Jahre alt, sportlich, du rauchst nicht, bewegst dich regelmässig, ernährst dich gesund. Plötzlich bleibt dein Herz stehen. Bum. Herzinfarkt. Wie hättest du da vorbeugen können? Das Warum meiner Erkrankung hat mich nicht interessiert, nur: Wie mache ich jetzt das Beste daraus.

Wie gingen Sie an die Chemotherapie heran?
Mein Körper fühlte sich nicht krank an. Und dennoch muss ich ihn jetzt solchen Strapazen aussetzen. Diese Vorstellung war für mich das Schlimmste. Ich habe dem Onkologen gesagt, er solle mich im Vorfeld nicht über die Nebenwirkungen informieren. Ich wollte nichts darüber wissen. Ich begann die Chemotherapie als einen Freund zu betrachten, nicht als Feind. Ich betrachtete ihn als Kollegen, der meinen Körper wieder gesund macht. 

Was passierte dann?
Ich wusste nur, dass ich meine Haare verlieren würde. Also ging ich zum Coiffeur und liess mir die Haare abschneiden. Ich wollte nicht, dass sie mir in Strähnen ausfallen. Die Perücke hatte ich schon ausgewählt. Dann bestellte ich mir neue Wimpern. Ich habe mich lange damit beschäftigt, wie ich mich schminken kann, damit die Leute nichts merken. Solche Dinge wurden mir sehr wichtig.

So erkennt man Brustkrebs

An Brustkrebs erkranken in der Schweiz pro Jahr etwa 6000 Frauen, er ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Obwohl das Risiko nach dem 50. Lebensjahr deutlich steigt, sind 20 Prozent aller Patientinnen jünger.

Frauen jeden Alters sollten ihre Brust regelmässig nach Knoten untersuchen. Die wichtigste Methode zur Früherkennung ist die Mammografie (Röntgenuntersuchung der Brust). Je früher ein Tumor entdeckt wird, desto höher sind die Überlebenschancen. Die definitive Diagnose wird anhand der Gewebeprobe gestellt.

Die Therapie wird individuell auf die Patientinnen zugeschnitten und ist abhängig von der Grösse und Lage des Tumors oder davon, ob Metastasen vorhanden sind. Meist wird operiert, wobei der Tumor heute oft so entfernt werden kann, dass die Brust erhalten bleibt. Oft werden verschiedene Behandlungsmethoden kombiniert: Chemotherapien, Strahlentherapie oder antihormonelle Therapien.

Laut Statistik leben fünf Jahre nach der Diagnose noch 88 von 100 Brustkrebs-Patientinnen, also 88 Prozent.

An Brustkrebs erkranken in der Schweiz pro Jahr etwa 6000 Frauen, er ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Obwohl das Risiko nach dem 50. Lebensjahr deutlich steigt, sind 20 Prozent aller Patientinnen jünger.

Frauen jeden Alters sollten ihre Brust regelmässig nach Knoten untersuchen. Die wichtigste Methode zur Früherkennung ist die Mammografie (Röntgenuntersuchung der Brust). Je früher ein Tumor entdeckt wird, desto höher sind die Überlebenschancen. Die definitive Diagnose wird anhand der Gewebeprobe gestellt.

Die Therapie wird individuell auf die Patientinnen zugeschnitten und ist abhängig von der Grösse und Lage des Tumors oder davon, ob Metastasen vorhanden sind. Meist wird operiert, wobei der Tumor heute oft so entfernt werden kann, dass die Brust erhalten bleibt. Oft werden verschiedene Behandlungsmethoden kombiniert: Chemotherapien, Strahlentherapie oder antihormonelle Therapien.

Laut Statistik leben fünf Jahre nach der Diagnose noch 88 von 100 Brustkrebs-Patientinnen, also 88 Prozent.

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Wie schwer ist eine solche Chemotherapie?
Ich verlor den Geschmackssinn. Meine Finger und Füsse wurden zum Teil taub. Ich war auch sehr schnell ausser Atem, die ganze Muskelkraft schwand, das Immunsystem wurde stark beeinträchtigt. Die Nerven seien beschädigt, das sei völlig normal, meinte der Onkologe, als ich ihn darauf ansprach. 

Wer gab Ihnen Kraft?
Meine Mutter, mein Vater und meine beiden Schwestern. Wir sind eine sehr starke Familie, die schon einige Schicksalsschläge zu verdauen hatte. Sie haben manchmal gekocht oder gingen für mich einkaufen. Sie haben mir sehr viel abgenommen. Für sie war die Situation nicht einfach, aber sie merkten auch, dass ich nicht umkippe. Und das erleichterte es für sie.

Ansonsten wusste niemand vom Krebs?
Nein, selbst meine engsten Freunde habe ich nicht eingeweiht. Ich wollte kein Mitleid, auch keine Ratschläge. Ich wollte nicht beeinflusst und vielleicht irregeführt werden. Ich hörte nur auf meine Ärzte und meinen Bauch.

Sie sind Single. Haben Sie es nicht vermisst, einen Mann zu haben, der Ihnen bei der Therapie beisteht?
Nein. Ich war so sehr auf mich selber fokussiert, dass es vielleicht sogar belastend gewesen wäre mit einem Partner. Der Krebs war wie ein Bürdeli in meinem Rucksack, das niemand anders ausser mir tragen konnte. Ich wollte bei der Genesung ganz egoistisch sein und währenddessen auf niemanden Rücksicht nehmen müssen.

Wie bereiteten Sie sich auf die Bestrahlung vor?
Ich ging einfach täglich hin. Voller Zuversicht und Dankbarkeit, dass ich die Möglichkeit habe, geheilt zu werden.

Mit Perücke traten Sie weiterhin in TV-Shows auf und gaben auch Konzerte. Warum haben Sie diese Auftritte nicht abgesagt?
Ich wollte mein Leben möglichst normal weiterlaufen lassen. Die Konzerte machten mir grosse Freude, obwohl ich einige wegen meiner körperlichen Verfassung fast nicht durchstand. 

Sie wollten dem Krebs nicht alles unterordnen.
Genau. Mir war wichtig, einen Gegenpol zur Krankheit zu haben. Etwas, worauf ich mich freuen konnte. Es war extrem schön, zu erfahren, dass die Leute ganz normal mit mir umgegangen sind. Ich habe mich im Übrigen auch immer sorgfältig zurechtgemacht, bevor ich das Haus verliess. Nicht, weil ich hübsch sein wollte. Daran denkt man in einem solchen Zustand ja zuletzt. Es war wichtig für mich, ein Stück Gewohnheit aufrechtzuhalten.

Lesen Sie morgen im SonntagsBlick: Teil 2 des Interviews mit Francine Jordi: «So hat mich der Krebs als Mensch verändert.»

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