Gölä sagt Jubiläumsfestival ab
«I bi schön uf d Schnurre gfloge»

Der Berner Mundart-Rocker Gölä muss schweren Herzens das dreitägige Jubiläumsfestival in Buochs NW vom 7. bis zum 9. Juni absagen. Das Risiko für ein finanzielles Desaster wäre zu gross gewesen, wie er im Interview mit Blick erklärt.
Publiziert: 10.05.2024 um 11:01 Uhr
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Aktualisiert: 10.05.2024 um 18:55 Uhr
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Jean-Claude GalliRedaktor People

Aus der dreitätigen Riesensause «Earthbeat Festival» auf dem Flugplatz Buochs NW wird nichts, der Traum ist geplatzt: Gölä (55) muss seinen grossangelegten Anlass vom 7. bis 9. Juni zum 25-Jahr-Bühnenjubiläum sicherheitshalber absagen, weil der Vorverkauf zu schlecht lief. Im Interview rätselt der Berner Mundartrocker über die Gründe. Und er erklärt, was die Absage für ihn finanziell und emotional bedeutet.

Blick: Gölä, was ist los mit Ihrem Earthbeat Festival?
Gölä:
Leider gar nichts Schönes, ich bin im Moment völlig ratlos.

Mögen Sie uns erzählen?
Meine Grundidee war ja, meinen Fans für ein Vierteljahrhundert Treue etwas Verrücktes zu bieten, nichts «Schmürzeliges», sondern eine verrückte Show mit grossem Aufwand. Viel davon hatten wir schon aufgegleist für die drei Tage. Und das alles sollte nicht auf einer Billig-Bühne stattfinden, sondern «galaktisch» werden. Dafür hätten wir einen Monat vor Beginn bereits 30'000 Tickets verkauft haben sollen, um die laufenden Kosten zu decken. Verdient hätten wir noch nichts daran. Doch es gingen, Stand jetzt, erst knapp 10'000 über den Tisch, also viel zu wenige. So wären wir voll «uf e Gring gheit». Ich hätte das Haus und alles verkaufen müssen. Ich wäre bankrott gewesen.

Hier war die Welt noch in Ordnung: Gölä steht zur Einstimmung auf sein Jubiläumsfestival auf dem Flugplatz in Buochs NW.
Foto: PD
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Wollten Sie nicht noch zuwarten und hoffen, dass der Vorverkauf noch anzieht?
Wir haben uns von Anfang an geschworen: Wenn etwas schiefgeht, melden wir nicht einfach Konkurs an und lassen die Leute hängen, die schon für uns Leistungen erbracht und eine Rechnung gestellt haben. Jeder, der «gwärchet het», bekommt seine Kohle. Denn die können nichts dafür, wenn wir spinnen und etwas Unmögliches versuchen. Wir mussten uns eingestehen: Wenn wir das Ganze jetzt stoppen, dann können wir die Schulden noch zahlen. Sonst geht es ins Bodenlose. Wir mussten die Notbremse ziehen. Und es wäre unrealistisch gewesen, noch auf ein Anziehen des Vorverkaufs zu hoffen in dieser kurzen Zeit. Auch wenn es mir selber «schisseglych» gewesen wäre, wenn für uns unter dem Strich nichts herausgeschaut hätte. Ich wollte einfach nicht, dass Dritte zu Schaden kommen.

Warum lief denn der Vorverkauf so schlecht?
Wenn ich das wüsste ... Wir sind immer noch am Grübeln, was wir falsch gemacht haben. Die Absicht war eigentlich gut. Aber die Leute haben schlicht nicht genug angebissen. Ob es zu wenig Hotels in der Nähe gab? Viele Betten in der Gegend waren schon von unserer Crew und den Bands belegt. Wir boten zwar ein Camping auf dem Gelände an, aber das war offenbar auch kein echter Anreiz. Es war schon sehr schwierig, ÖV-Möglichkeiten zu organisieren, weil hier noch nie etwas Vergleichbares stattgefunden hat. Vielleicht hätten wir uns das im Vorfeld noch besser überlegen müssen. Ich bin wirklich ratlos.

Gab es unvorhergesehene Hindernisse?
Wir werden dieses Desaster noch länger analysieren und uns fragen: Was zum Heilandstonner haben wir falsch gemacht? Normalerweise kommen die Leute in Scharen. Aber etwas Cheibs hat diesmal nichts geklappt. Damit wir uns richtig verstehen: Ich suche die Schuld nicht bei der Wahl der Gegend, im Gegenteil. Die Zusammenarbeit mit den Behörden, den Pilatus-Werken und den anderen Landbesitzern war fantastisch, alle kamen uns entgegen und haben uns zwei Jahre lang unterstützt. Das habe ich noch nie so erlebt. Aber ich kann auch nicht mein Haus verkaufen und meine Frau und meine Kinder in den Wald zum Zelten schicken.

Gab es Konkurrenz zu anderen Festivals?
Nein, wir haben das alles abgeklärt, das Datum war eigentlich gut gewählt. Früh in der Saison, um Terminkollisionen zu umgehen.

Ketzerische Frage: Ziehen Sie vielleicht nicht mehr richtig?
Wir haben erst gerade das Snowpenair im Berner Oberland gefüllt, an einem Tag notabene, an dem es schneite und man den ganzen Tag an den Ranzen fror. Ich glaube, es ist mein Fehler. Ich wollte einfach zu viel bieten. Ich glaubte, wir stemmen das. Falsch gedacht. Und jetzt gibt es halt nichts. Das ist unternehmerisches Risiko. Ich bin «uf d Schnurre gfloge» und muss nun noch länger Schulden abzahlen.

Was heisst das konkret?
Das kann ich Ihnen sagen: Wir verlieren aktuell eine Summe zwischen 400'000 und 500'000 Franken. Und der grösste Teil davon bleibt an mir persönlich hängen. Das muss ich jetzt abarbeiten. Das ist aber nichts Neues für mich. Ich war schon ein paar Mal ganz unten und habe mich wieder hochgekämpft. Ich will nun einfach alle Leistungen zahlen können, die schon erbracht wurden. Und ich hoffe, dass meine Sponsoren nicht abspringen und mir weiter die Treue halten. Garantie hab ich aber keine. Ich muss nun meine neuen Bauprojekte zu Hause zurückstellen und den Gürtel enger schnallen. Wir werden mit unserem Team weiterarbeiten und lasse uns nicht entmutigen. Und Sie wissen: Nur ein Toter steht nicht mehr auf. Ich kämpfe für meine Fans und meine Ideen.

Wie geht es Ihnen denn mental?
Natürlich ist das ein heftiger Schlag. Aber ich will mich nicht bodigen lassen. Ich habe ja kein Bein verloren oder sitze im Rollstuhl, sondern ich kann chrampfen. Und ich bin nicht am Boden zerstört. Ich habe einen «Schissdräck abglah» und muss das nun ausbaden. Doch wir geben nicht auf und flicken alles. Wir zahlen den Leuten jetzt in einem ersten Schritt ihre Ticketgelder zurück. Diese Gelder haben wir natürlich nicht verpulvert, sondern schön zur Seite gelegt. Das schliessen wir alles sauber ab. Und wir suchen einen Ersatztermin- und -ort, damit wenigstens das für den Freitag geplante Jubiläumskonzert innerhalb der nächsten zwölf Monate an einem anderen Ort stattfinden kann. Der Freitag ja lief auch am besten im Vorverkauf, der Festival-Samstag und der Sonntag mit dem Familienprogramm jedoch leider gar nicht.

Was nehmen Sie aus der Sache mit?
Es ist immer das gleiche Spiel: Du kannst nur aus einer Sache wirklich etwas lernen, die in die Hosen geht. Wenn es läuft, stellt niemand Fragen. Wir sind ein Risiko eingegangen, das sich nicht gelohnt hat. Weiterbildung hat auch ihren Preis.

Sie sind einer, der auch polarisiert. Sicher werden nun auch hämische Stimmen und Kommentare kommen...
Das mag ich allen gönnen, die Freude daran haben. Sie hatten schon lange keinen Grund mehr dazu. Das ist doch tipptopp für sie. Auch sie sollen ihre Freude an mir haben. Ich sehe das alles als Ansporn an. Ich kann nur sagen: Ihr werdet von uns hören.

Und bei den «Swiss Music Awards» verlief auch nicht alles wunschgemäss...
Keine Ahnung. Ich habe bei mir zu Hause keinen TV-Empfang. Und ich habe momentan auch andere Sorgen als diese Awards. Was war denn?

Sie gingen in der Kategorie «Best Male», in der Sie nominiert waren, leer aus...
Das macht gar nichts und ist mir wurst. Diese Show hat mit meinem Leben wenig zu tun. Mich interessieren andere Dinge viel mehr. Ich sitze jetzt auf den Töff, um den Gring etwas zu lüften. Ich werde für dieses 25-Jahr-Spezialkonzert kämpfen bis zum Umfallen. Meine Fans haben das verdient. Hey, und das Abenteuer ist noch nicht fertig. Ich bin ja erst knapp 56!

Biobox Gölä 25 Jahre Vollgas

Gölä wurde 1968 als Marco Pfeuti in Thun BE geboren. Vor 25 Jahren schrieb er erstmals Schweizer Musikgeschichte, als er mit seiner Band «Uf u dervo» einspielte – das erfolgreichste Mundart-Album mit über 250'000 verkauften Einheiten. Nach englischsprachigen Produktionen, Kooperationen mit den Bellamy Brothers und dem Kinderprojekt «Papagallo & Gollo» kehrte er 2012 mit dem Doppelalbum «Angü u Dämone» erfolgreich zur Mundart zurück. 2017 veröffentlichte er die CD «Urchig», die Jodelversionen seiner Hits enthält. 2019 gründete Gölä mit Mundart-Sänger Trauffer (44) die Formation «Büetzer Buebe». Im August 2022 füllten sie damit zweimal das Zürcher Letzigrund-Stadion, was noch nie einem Schweizer Act gelungen ist. Gölä ist verheiratet, hat vier Kinder und lebt im Berner Oberland.

Gölä wurde 1968 als Marco Pfeuti in Thun BE geboren. Vor 25 Jahren schrieb er erstmals Schweizer Musikgeschichte, als er mit seiner Band «Uf u dervo» einspielte – das erfolgreichste Mundart-Album mit über 250'000 verkauften Einheiten. Nach englischsprachigen Produktionen, Kooperationen mit den Bellamy Brothers und dem Kinderprojekt «Papagallo & Gollo» kehrte er 2012 mit dem Doppelalbum «Angü u Dämone» erfolgreich zur Mundart zurück. 2017 veröffentlichte er die CD «Urchig», die Jodelversionen seiner Hits enthält. 2019 gründete Gölä mit Mundart-Sänger Trauffer (44) die Formation «Büetzer Buebe». Im August 2022 füllten sie damit zweimal das Zürcher Letzigrund-Stadion, was noch nie einem Schweizer Act gelungen ist. Gölä ist verheiratet, hat vier Kinder und lebt im Berner Oberland.

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Was tun, wenn ich ein Ticket habe?

Die Veranstalter des Earthbeat Festivals bedauern die Absage ausserordentlich. Ihr vordringlichstes Anliegen ist es nun, dass alle Fans, die bereits ein Ticket für den Event vom 7. bis 9. Juni gekauft haben, ihr Geld möglichst rasch zurückbekommen. Sämtliche Ticketinhaber bekommen in Kürze eine Mail von Ticketcorner mit allen nötigen Informationen und Instruktionen und können sich bei Problemen und Fragen umgehend dort melden.

Die Veranstalter des Earthbeat Festivals bedauern die Absage ausserordentlich. Ihr vordringlichstes Anliegen ist es nun, dass alle Fans, die bereits ein Ticket für den Event vom 7. bis 9. Juni gekauft haben, ihr Geld möglichst rasch zurückbekommen. Sämtliche Ticketinhaber bekommen in Kürze eine Mail von Ticketcorner mit allen nötigen Informationen und Instruktionen und können sich bei Problemen und Fragen umgehend dort melden.

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