Hausbesuch beim krebskranken Jörg Schneider
«Ich habe mein Testament geschrieben»

Seit einem halben Jahr lebt er mit der todbringenden Diagnose. Volksschauspieler Jörg Schneider (79) spricht im BLICK-Interview offen über den Krebs, der sich in seiner Leber ausbreitet.
Publiziert: 05.12.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 10.10.2018 um 09:08 Uhr
Jörg Schneider auf dem Balkon in der neuen, rollstuhlgängigen Wohnung in Wetzikon ZH.
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Von Silvana Guanziroli (Interview) und Mirko Ries (Fotos)

Herr Schneider, Sie kämpfen gegen eine schwere, kraftraubende Krankheit. Wie geht es Ihnen heute?
Jörg Schneider:
Durchzogen. Ich kann nicht sagen, dass es mir gut geht, das wäre gelogen. Der Kampf gegen die Krankheit hat mich geschwächt, ich muss mich mehrere Male täglich hinlegen und ausruhen.

Müde macht Sie die Chemotherapie – wie schlägt die Behandlung an?
Ich fahre alle zwei Wochen ins Spital und lasse mir das Gift verab­reichen. Die Behandlung vertrage ich erstaunlich gut. Ich habe keine Schmerzen, mir ist nie schlecht, und die Haare sind mir bisher nicht ausgefallen. Zwei solche Sitzungen habe ich noch vor mir, dann gibt es eine weitere Bestandesaufnahme.

Was sagen Ihnen die Ärzte, welche Prognose geben sie Ihnen?
Die Krankheit ist eine tickende Zeitbombe. Am Anfang gab es eine Schätzung, ich hätte noch ein halbes Jahr zu leben. Das war offenbar falsch. Das halbe Jahr ist rum, und ich bin immer noch hier.

Gelingt es Ihnen, die Krankheit zu vergessen?
Ich denke nicht jede Sekunde daran. Ganz sicher nicht. Ich nehme jetzt jeden Tag einfach so, wie er ist, und freue mich daran, wenn es gut läuft. Manchmal überkommt mich aber die Traurigkeit. Dann hocke ich hier in meinem Stuhl und schaue in die grosse, graue Welt hinaus. Ich muss mir dann selbst sagen: Du lebst noch! Gib dir einen Schupf!

Sie sind seit kurzem an den Rollstuhl gefesselt. Was bedeutet das für Sie?
Ich lebe nun in einer etwas engeren Welt. Ich kann die Wohnung nicht einfach so verlassen. Eigentlich wollte ich für meine Frau Romy sorgen, sie ist ja auch an den Rollstuhl gebunden. Aber jetzt ist alles anders. Nun sind wir beide auf fremde Hilfe angewiesen. Unsere Enkelin Valeria ist uns zurzeit eine grosse Unterstützung. Betreut werden wir zudem von der Spitex. Und wir haben äusserst hilfsbereite, liebe Nachbarn.

Befassen Sie sich mit der Zukunft, haben Sie noch Pläne?
Nein. Ich habe keine offenen Wünsche mehr. Es drängt mich nicht, noch auf eine grosse Reise zu gehen. Ich bin mir bewusst, dass es mit mir nicht mehr ewig geht. Mein Testament habe ich schon geschrieben. Geht es um meine Beerdigung, will ich aber nicht daran denken. Das verdränge ich noch.

Was tut Ihnen gut, woraus schöpfen Sie Kraft?
Meine Frau Romy und ich haben es sehr schön miteinander. Wir reden viel, verbringen die Zeit gemeinsam. Wir sind uns jetzt sehr viel näher gekommen. Und natürlich freue ich mich, wenn mich Freunde und Verwandte besuchen.

Bis vor kurzem haben Sie zu Hause noch intensiv an einem Buch gearbeitet.
Ja, ich habe meine Biografie fertig gestellt. Ein Jahr lang habe ich daran geschrieben und meine schönsten persönlichen Erinnerungen zusammengefasst. Das Buch geht in den nächsten Tagen in den Druck und soll im Februar erscheinen.

Beruflich konnten Sie sich diesen Sommer Ihren grössten Wunsch erfüllen.
Ich habe mein Leben lang, das darf ich so sagen, Menschen zum Lachen gebracht. Aber ich wollte unbedingt einmal als ernster Schauspieler wahrgenommen werden. In meinem letzten Film durfte ich mich jetzt endlich von dieser Seite zeigen.

«Usfahrt Oerlike» kommt im Ja­nuar in die Kinos. Darin spielen Sie einen Mann, der sich das Leben nimmt. Wie haben Sie es geschafft, trotz Ihrer Diagnose in diese Rolle zu schlüpfen?
Meine private Situation hat mit der Rolle nichts zu tun. Ich würde nie so handeln, wie Hans das im Film tut. Daher hat mir das nichts ausgemacht. «Usfahrt Oerlike» ist ein krönender Abschluss meiner Karriere, mir gefällt der Film. Ich hoffe, dem Publikum auch.

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