Miss Schweiz Lauriane Sallin übt Kapitalismus-Kritik
Anarchie ist menschlicher

Die Schönste des Landes wird mutig: Einen Monat nach ihrer Wahl zur Miss Schweiz denkt Lauriane Sallin laut über Anarchie nach.
Publiziert: 02.12.2015 um 16:30 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 18:31 Uhr
Schön und klug: Miss Schweiz Lauriane Sallin.
Foto: Charly Rappo
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Sie ist die offiziell Schönste des Landes. Doch Äusserlichkeiten rücken bei Miss Schweiz Lauriane Sallin (22) immer mehr in den Hintergrund. Der Kopf der Freiburger Kunst- und Französisch-Studentin ist nicht nur hübsch sie hat auch Hirn. Die Miss, die vor einem Monat gewählt wurde, träumt nicht vom Glamourleben als Model oder Moderatorin, wie so viele ihrer Vorgängerinnen. Lauriane will Archäologin werden, absolvierte diesen Sommer ein ebensolches Praktikum in Athen und analysierte Amphoren.

In Griechenland hat Lauriane viel gelernt. So versteht sie aufgrund der antiken Geschichte vieles, was in der heutigen Welt geschieht. «Ich bin deshalb skeptisch, wenn mir jemand einreden will, der Kapitalismus bleibe nun für alle Zeiten die einzige mögliche Gesellschaftsform», sagt sie dem «Tages-Anzeiger». So mutig war noch keine Miss vor ihr.

Essen mit den Bettlern auf der Strasse

Während des Sommers wohnte Lauriane in Athens Stadtteil Exarchia. Das Viertel ist bekannt für seine Anarchisten und Lebenskünstler. Die Armut und die Drogenprobleme dort habe sie nicht übersehen können, sagt sie. Doch der Umgang sei eindrücklich entspannt gewesen. «Anwohner haben sich neben Bettler auf die Strasse gesetzt und mit ihnen gegessen», erzählt sie. Und denkt laut nach: «Ist das nicht menschlicher, als einfach eine Münze in den Hut zu werfen?»

Die erst 22-jährige Miss, deren Lieblingsdichter Sophokles ist, wagt sich gar an eine Gesellschaftskritik. «Ich glaube, dass ein freieres Zusammenleben möglich ist. Der Mensch ist besser und zu Höherem fähig, als heute viele glauben.» Etwas Höheres sei in ihrem Verständnis die anarchistische, russische Bauernbewegung Machnowschtschina, die während 1917 und 1922 in der Ukraine aktiv war. Ihr Ziel war die Selbstbestimmung der Bauern und Arbeiter.

«Bin keine Marionette»

Statt brav zu lächeln, wird die neue Miss gern frech. «Wenn etwas für unmöglich erklärt wird, frage ich gerne: ‹Und warum genau?›» Fest steht: Lauriane wird noch für viel Gesprächsstoff sorgen. «Ich lasse mich ganz grundsätzlich in keine Richtung drängen, bin keine Marionette.» (meg)

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