Transgender-Miss-Kandidatin über ihr Outing in Poschiavo GR
«In der Schule wurde ich als Transe beschimpft»

Transfrau Raffaela Zollo spricht über ihr Outing und die damit verbundenen Hürden, die sie bewältigen musste.
Publiziert: 31.10.2017 um 20:25 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:34 Uhr
Im Internet ist Raffaela Zollo ein Star. 150'00 Leute folgen ihr alleine auf Instagram.
Foto: Instagram
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Remo Bernet

Eine Woche ist es her, dass Bachelor Joel Herger (34) Transfrau Daryana nach Hause schickte, weil sie seinen Kinderwunsch nicht erfüllen kann. Auch Social-Media-Star Raffaela Zollo (25), die als erste Transfrau um die Miss-Schweiz-Krone kämpft, musste einige Rückschläge einstecken. BLICK erzählt sie die Geschichte ihres Outings.

TV-Sendung als Auslöser

Schon in jungen Jahren realisierte Raffa's Plastic Life, wie sie sich im Internet nennt, dass sie im falschen Körper steckt. «Ich war schon immer sehr weiblich. Mit 13 Jahren wurde mir dann klar, dass ich eine Frau sein will», erzählt Zollo. Der Grund: «Ich habe im Fernsehen eine Transfrau gesehen und fand sie so wunderschön. Ich wusste bis dahin gar nicht, dass eine Geschlechtsanpassung möglich ist. Doch dann war für mich klar: Das will ich auch!»

Obwohl Raffa ab diesem Zeitpunkt wusste, dass sie eine Frau werden will, kostete es sie viel Überwindung, ihren Eltern von den Plänen zu erzählen. Eines Tages nimmt sie ihren ganzen Mut zusammen: «Ich schrieb ihnen einen Brief und legte ihn unter das Kissen meiner Mutter. Am nächsten Morgen hätte ich mich vor lauter Angst am liebsten in meinem Zimmer eingeschlossen.»

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Unterstützung durch Eltern 

Doch ihre Angst war unbegründet: «Als ich in die Küche kam, haben meine Eltern positiv reagiert. Sie sagten mir, dass sie mich bei allem unterstützen. Hauptsache, ich bin glücklich.» Und auch in den kommenden Jahren, die geprägt von zeitintensiven Besuchen bei Psychologen und Streitereien mit der Krankenkasse waren, hielten sie ihr Wort. Immer waren sie für ihre Tochter da.

Vor allem ihre Mutter wurde zur grössten Stütze des heute extrovertierten Internetstars: «Sie hat mir bei allem geholfen. Wir haben zusammen gelacht, geweint und gestritten. Ich bin ihr so dankbar dafür, was sie alles für mich gemacht hat.»

Positive Reaktion der Freunde

Auch ihren Freunden berichtete sie bald darauf von ihrem Plan. «Unter Tränen habe ich ihnen alles erzählt und mich dabei extrem geschämt, obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gibt. Doch ich konnte auf sie zählen: Sie haben megapositiv reagiert.»

Fiese Kommentare

Doch nicht jeder im Bündner Bergdörfli Poschiavo reagiert derart gut auf die geplante Geschlechtsangleichung. So etwas kannte man dort nicht. Kurz gerät die sonst so selbstbewusste Raffa ins Stocken, als sie erzählt: «In der Schule gab es Leute, die mich verurteilten und als Transe beschimpften. Doch ich wusste immer, was mein Ziel ist und liess solche Dinge nicht an mich herankommen.» 

Heute, rund zehn Jahre nach ihrem Outing, hat sie die lebensverändernde Operation hinter sich und wurde vom Mann zur Frau. Nach Poschiavo kehrt die Singlefrau immer wieder gerne zurück, auch wenn sie mittlerweile aus beruflichen Gründen in Zürich lebt.

Meinung hat sich geändert

Widerstand gegenüber über ihrer Person verspürt sie dort mittlerweile keinen mehr. «Seit die Leute mitbekommen haben, dass ich mit meinen Projekten Erfolg habe, bin ich fast schon ein kleiner Star in meiner Heimat.»

Sexualität spielt keine Rolle

Dass ein Outing noch immer schwierig ist, findet Zollo unverständlich: «Es spielt doch überhaupt keine Rollen, welche Sexualität man hat.» In ihrer gewohnt humorvollen Art fügt sie an: «Einige mögen Fisch, andere Fleisch.» Für ihre 150'000 Follower auf Instagram ist sie eine Art Vorbild: «Immer wieder bekomme ich Nachrichten von Leuten, die Angst vor ihrem Outing haben. Ich versuche ihnen dann, mit meinen Erfahrungen zu helfen.»

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