«Mit Schönbächlers in der kanadischen Wildnis»
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Mona Vetschs Lieblingsmoment:«Mit Schönbächlers in der kanadischen Wildnis»

Mona Vetsch über Abgänge beim SRF
«Ich habe allen gratuliert»

Seit 25 Jahren ist Mona Vetsch beim SRF nicht mehr wegzudenken. Mit SonntagsBlick spricht die Moderatorin über emotionale Momente bei den Dreharbeiten, ihre Grenzen und Abgänge beim SRF.
Publiziert: 14.08.2022 um 01:02 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2022 um 11:25 Uhr
Interview: Remo Bernet

Sie ist einer der letzten grossen Publikumslieblinge beim SRF: Mona Vetsch (47). Während viele langjährige Kollegen dem Leutschenbach den Rücken zukehren, blüht die Thurgauerin so richtig auf. Durch Formate wie «Mona mittendrin» und «Reporter Spezial – Mona Vetsch fragt nach» ist sie in den letzten Jahren zu der Frau für sensible Themen geworden.

SonntagsBlick: Für Ihre SRF-Formate lernen Sie die unterschiedlichsten Persönlichkeiten kennen. Welche Geschichte gab Ihnen selbst Mut?
Mona Vetsch: Ich finde es krass, wie stark Leute mit ganz harten Schicksalsschlägen umgehen. Wenn man regelmässig solche Menschen trifft, wird einem bewusst, dass wir viel zu schnell über Unwichtiges «jomere». Für «Mona Vetsch fragt nach» habe ich den Buben Emil und seine Familie getroffen. Als er noch klein war, wurde er von seinem Grossvater vom Traktor überfahren. Das war unglaublich schwierig für die Familie. Vater und Mutter haben sich dann auch getrennt. Ich habe beide zum Interview getroffen und sie haben mir gezeigt, wie sie sich miteinander arrangiert haben, damit es dem Kind gut geht. Obwohl ihre Beziehung auseinandergegangen ist, wohnen sie noch im selben Haus. Für sie zählt nur etwas: Dass es Emil so gut wie möglich geht. Dafür stellen sie alles zurück, was das Persönliche zwischen ihnen angeht. Sie hätten allen Grund, zum «Jomere». Doch statt dem Selbstmitleid zu verfallen, sind sie stark und engagiert. Das sind für mich wahre Helden und Vorbilder.

Und welche Schicksale rauben Ihnen noch heute den Schlaf?
Ich schlafe gut. Aber es gibt ganz viele Begegnungen, die mir immer wieder in den Sinn kommen. Zum Beispiel meine Gespräche auf der Neonatologie. Noch heute schreiben mir Leute, dass sie unsere Reportage sehr berührt hat oder dass sie mit ihrem Baby gerade auch auf der Neo sind.

Seit 1997 arbeitet Mona Vetsch fürs SRF.
Foto: Siggi Bucher
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Pflegen Sie noch Kontakte zu Leuten, die in einer Ihrer Sendungen dabei waren?
Mit allen den Kontakt zu halten, ist bei so vielen Menschen, die ich getroffen habe, nicht möglich. Aber es ist immer wieder so, dass mir Leute bleiben und wir uns später sogar wiedersehen. So zum Beispiel Mefia und Beda aus Ghana, die ich für «Hin und weg» besucht habe.

Bauerntochter, Punk, TV-Star

Als Bauerntochter im Kanton Thurgau aufgewachsen, studierte Mona Vetsch (47) zunächst an der HSG. Das Studium brach sie für ihre journalistische Karriere ab. Bekannt wurde sie 1997 als Moderatorin mit blauer Punk-Frisur für die SRF-Jugendsendung «Oops!». Während 17 Jahren war sie die Morgenstimme auf Radio SRF 3 und zählt heute zu den beliebtesten Gesichtern am Schweizer Fernsehen. Vetsch lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Zürich.

Siggi Bucher

Als Bauerntochter im Kanton Thurgau aufgewachsen, studierte Mona Vetsch (47) zunächst an der HSG. Das Studium brach sie für ihre journalistische Karriere ab. Bekannt wurde sie 1997 als Moderatorin mit blauer Punk-Frisur für die SRF-Jugendsendung «Oops!». Während 17 Jahren war sie die Morgenstimme auf Radio SRF 3 und zählt heute zu den beliebtesten Gesichtern am Schweizer Fernsehen. Vetsch lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Zürich.

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Hinterlassen solche Geschichten eine Art «Abnützungserscheinung» am eigenen Körper?
Nein, ich bin ja nicht 365 Tage am Drehen. Das sind kurze Momente, und danach bin ich länger wieder im Büro.

Woher holen Sie die Energie, um sich immer wieder auf intensive, emotionale Gespräche einlassen zu können?
Es gibt Tage, da will ich für mich sein. Ich gehe dann gerne in meinen Garten oder miste die Hühner. Weil ich mich im Job sehr mit der Realität auseinandersetze, habe ich auch Fluchtwelten. Ich bin ein grosser Fantasy-Fan bei Hörbüchern, Büchern und Filmen. Ich bin wahrscheinlich schon ein kleiner Nerd.

Wie schaffen Sie es, immer wieder Ihr scheinbar grenzenloses Interesse aufzubringen?
Das gehört einfach zu mir. Ich sehe es als Privileg, so persönliche Dinge fragen zu dürfen. Mein Ziel ist es, die Leute und ihr Leben verstehen zu können.

Was fordert Sie bei solchen Gesprächen am meisten?
Ich war vor kurzem in Lenk im Berner Oberland bei geflüchteten Frauen aus der Ukraine. In solchen Momenten merke ich, dass ich nicht weiss, wie viel ich jetzt fragen darf. Darf ich fragen, wie es ihnen geht – oder ist das zu banal, ja fast eine dumme Frage, wenn bei jemandem der Sohn im Krieg kämpft? Bis heute bin ich in solchen Situationen unsicher.

Wie entscheiden Sie, ob eine Frage angebracht ist?
Ich vertraue auf mein Bauchgefühl. Viele Betroffene finden, es sei die schlechtere Lösung, wenn ich herumzirkle und das Offensichtliche nicht frage. Im Vorhinein bespreche ich mich aber auch mit meinen Produzentinnen und Produzenten, die intensive Vorgespräche führen. Für mich gilt als Messlatte: Würde ich wollen, dass mir jemand diese Frage stellt?

Welche Themen sind bei Ihnen persönlich ein Tabu?
Als Familie haben wir von Anfang an entschieden, dass wir unsere Kinder nicht zeigen. Ich rede über meine Familie, aber mache keine Homestorys mit ihnen. Wenn sie irgendwann selbst darüber entscheiden können, dürfen sie gerne in die Öffentlichkeit.

Seit 1997 sind Sie beim SRF. Was hält Sie so lange am Leutschenbach?
Es hat super Leute! Gerade bei meinem «DOK»-Team darf ich mit tollen Menschen spannende Projekte realisieren. Wenn ich das Gebäude betrete, macht mir das noch immer Freude. Solange ich mich wertgeschätzt fühle und mir die Arbeit Spass macht, gibt es für mich keinen Grund zu wechseln. In dieser langen Zeit beim SRF durfte ich so viel verschiedene Sachen machen: Radio, den «Club» oder aktuell beispielsweise die Reportagen «Mona mittendrin» oder «Auf und davon». Ich bin sehr neugierig und brauche immer wieder Neues. Ich will nicht stehen bleiben.

Die Liste an langjährigen Aushängeschildern, die das SRF verlassen haben, ist lang. Gab es auch bei Ihnen Momente, in denen Sie etwas Neues gereizt hätte?
Nein, bis jetzt ist dieser Moment noch nicht gekommen. Ich hab beim «DOK»-Team einen Ort gefunden, der extrem gut zu mir passt. Von Radio über Fernsehen – ich hatte viele Möglichkeiten, mich weiterzuentwickeln. Aber nicht jeder, der geht, macht das, weil es ihm nicht mehr gefallen hat, sondern weil der Mensch das Bedürfnis hat, etwas Neues zu lernen. Für mich waren Abschiede wie der von Jann Billeter, mit dem ich die «SRF Spezial» gemacht habe, der von Ueli Schmezer, mit dem ich ebenfalls vor der Kamera stand, oder der von Reto Scherrer, mit dem ich beim Privatradio gestartet bin, natürlich jedes Mal schade. Ich habe aber allen gratuliert und gesagt: «Guter Move! Ich hoffe, das stimmt für dich und wir sehen uns bald wieder.»

Sie sprechen das Thema Weiterentwicklung an: Was würde Sie denn noch reizen?
Mir fällt nichts ein. Das ist wohl das Zeichen dafür, dass ich sehr glücklich bin im Moment. (lacht)

In der neusten «Reporter Spezial»-Folge geht es um das Verhältnis zum eigenen Körper. Wie hat sich dieses bei Ihnen im Verlauf der Jahre verändert?
Wenn man jung ist, ist der Körper vor allem etwas, das gut aussehen muss. Wenn man in meinem Alter ist, merkt man, dass der Körper etwas ist, das vor allem funktionieren muss und gesund sein soll. Als junger Mensch hat mich einiges an meinem Körper gestresst. Als ich Kinder bekommen habe, merkte ich, was für eine unglaubliche Leistung mein Körper vollbringt. Ich habe gelernt, meinen Körper zu schätzen – und den Rest nehme ich mit Humor.

Die Themen der vier «Reporter Spezial»-Sendungen sind sehr ernst und wirken «schwer» für einen Sonntagabend. War es immer klar, sie auf dem «Krimi-Platz» zu zeigen?
Ich glaube, es ist der richtige Entscheid. Wir nutzen die «Tatort»-Pause, um attraktiven Eigenproduktionen wie eben «Reporter Spezial» einen guten Sendeplatz zur Verfügung zu stellen. Ich finde, in Zeiten, in denen Gelder weniger und nicht mehr werden, soll man Eigenproduktionen mit Schweiz-Bezug auf guten Sendeplätzen positionieren. So können wir den Zuschauerinnen und Zuschauern auch etwas Gutes bieten, denn wir wollen mit unseren Service-public-Angeboten nahe bei den Menschen sein. Aber solche Entscheidungen treffe am Ende des Tages natürlich nicht ich als Moderatorin.

Ihre Sendungen sorgen regelmässig für Traumquoten. Mit der grossen Aufmerksamkeit kommt auch mehr Kritik. Wie gehen Sie damit um?
Schlecht – wie alle Menschen. Ich glaube, Kritik trifft und verletzt einen. Das ist auch nach über 20 Jahren in der Branche noch so. Mit der Zeit lernt man aber zu unterscheiden, welche Kritik inhaltlich wichtig ist und einen weiterbringt. Wenn mich jemand als Person nicht mag, muss ich – und der Kritiker – damit weiterleben können.

SRF zeigt die beiden «Reporter Spezial – Mona Vetsch fragt nach»-Folgen jeweils sonntags um 20.05 Uhr auf SRF 1.

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