Foto: RDB

Monika Kaelin (65) bricht nach dem Tod ihres Lebenspartners (†73) ihr Schweigen
«Fritz starb in meinen Armen»

BLICK trifft Monika Kaelin (65) am 27. Dezember zum ersten Interview nach dem Tod ihres Mannes Fritz Künzli (†73). Kaelin wirkt gefasst, muss sich aber immer wieder Tränen aus den Augen wischen, als sie von der letzten Zeit mit dem demenzkranken Fussball-Idol erzählt.
Publiziert: 27.12.2019 um 20:42 Uhr
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Aktualisiert: 28.12.2019 um 09:16 Uhr
Interview: Dominik Hug und Jean-Claude Galli; Fotos: Philippe Rossier

BLICK: Herzliches Beileid zum Tod Ihres Mannes. Wie geht es Ihnen?
Monika Kaelin: Es ist zum Aushalten, danke. Mir ist es viel schlechter gegangen, als Fritz leiden musste. Es war extrem hart, zuzuschauen, wie es immer weiter bergab ging mit ihm. Er war ein Kämpfer, doch seinen letzten grossen Kampf hat er verloren. Es war für ihn schliesslich eine Erlösung, gehen zu dürfen. Ich habe die letzten Tage, Wochen, Monate, ja sogar Jahre sehr viel geweint. Es tat mir gut, so den ganzen Schmerz hinauszulassen. Ich konnte Trauer zulassen. Das war für mich wahnsinnig wichtig.

Fritz starb am Sonntag vor Weihnachten. Eine besonders schwierige Zeit, jemanden zu verlieren ...
Ich hatte so eine Vorahnung, dass diese Weihnacht unsere letzte sein könnte. Im Herbst 2018 erlitt er während Ferien in Frankreich eine dreifache Hirnblutung. Seither haben wir alle Feiertage in der Zürcher Hirslanden-Klinik verbracht. Dazwischen durfte er nach Hause, dann musste er wieder ins Spital. Ich dachte, eigentlich möchte ich diese Weihnachten auch dort sein, dann ist er in einer geschützten Umgebung. Ich habe nicht mal unsere Wohnung dekoriert.

Eine trauernde, trotzdem in sich ruhende Monika Kaelin gestern Freitag: «Mir ist es viel schlechter gegangen, als Fritz leiden musste.»
Foto: Philippe Rossier
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Wann haben Sie gemerkt, dass es zu Ende geht?
Zehn Tage vor seinem Tod. Wir waren zu Hause. Fritz war plötzlich sehr schwach, ich rief um Hilfe im Hirslanden, und unser Leibarzt Karl Klingler liess Fritz gleich in den Notfall bringen. Noch während ich seine Sachen packte, wurde es schlimmer, die Ambulanz kam, und die Polizei half sogar mit, ihn zum Wagen zu tragen. Ich spürte, Fritz könnte sterben. Ich blieb die ganze Zeit danach bei ihm im Spital.

In der Nacht auf vergangenen Samstag wurde es besonders schlimm ...
Ja, Fritz hatte am Freitagabend wieder grosse Schmerzen und Schwierigkeiten. Das Pflegeteam rief sofort die beiden Ärzte, die für ihn zuständig waren. Beide sagten mir, dass Fritz sterben werde. Wir hatten eine Patientenverfügung gemacht, mit Karl Klingler an erster Stelle, damit kein emotionaler Entscheid passiert, sondern ein pragmatischer, wenn es so weit ist. Karl sagte mir: Wir geben Fritz jetzt ein Schmerz- und Beruhigungsmittel, damit er in Ruhe einschlafen kann, falls Gott es so will. Das tat ihm gut. Er hatte bereits Atemaussetzer.

Schweizer Glamour-Paar

Monika Kaelin ist ausgebildete Kindergärtnerin, studierte am Konservatorium aber auch Gesang und Violine. Schon früh wurde sie als Fotomodell entdeckt. 1975 lernt sie in einem Zürcher Nachtclub Fussball-Idol Fritz Künzli (44 Länderspiele) kennen. Am

24. August 1985 heiratet das Glamourpaar, lässt sich später scheiden, bleibt aber zusammen. Kaelin nahm 1987 am Grand Prix der Volksmusik teil. In den 90er-Jahren leitete sie das Bernhard Theater in Zürich. Seit 1998 amtiert sie als Präsidentin des Prix Walo. Kaelin drehte mehrere Filme, stand auch oft auf Musicalbühnen. Künzli starb am vergangenen Sonntag im Alter von 73 Jahren an den Folgen seiner Demenzerkrankung.

1975 heiratete Künzli Entertainerin Monika Kaelin.
1975 heiratete Künzli Entertainerin Monika Kaelin.
RDB, Keystone, Bruno Torricelli

Monika Kaelin ist ausgebildete Kindergärtnerin, studierte am Konservatorium aber auch Gesang und Violine. Schon früh wurde sie als Fotomodell entdeckt. 1975 lernt sie in einem Zürcher Nachtclub Fussball-Idol Fritz Künzli (44 Länderspiele) kennen. Am

24. August 1985 heiratet das Glamourpaar, lässt sich später scheiden, bleibt aber zusammen. Kaelin nahm 1987 am Grand Prix der Volksmusik teil. In den 90er-Jahren leitete sie das Bernhard Theater in Zürich. Seit 1998 amtiert sie als Präsidentin des Prix Walo. Kaelin drehte mehrere Filme, stand auch oft auf Musicalbühnen. Künzli starb am vergangenen Sonntag im Alter von 73 Jahren an den Folgen seiner Demenzerkrankung.

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Was passierte dann?
Am Samstag kam die Familie, um von ihm Abschied zu nehmen. In der Nacht auf Sonntag wachte ich plötzlich auf und musste bitterlich weinen. Jetzt schaff ich es nicht mehr, dachte ich, jetzt bricht das alles zusammen. Eine Schwester kam und tröstete mich. «Habe ich zu wenig gemacht?», fragte ich sie. «Nein», meinte sie. «Sie haben alles Menschenmögliche getan.» Danach schlief ich wieder ein, Fritz lag ruhig neben mir, ich hielt ihm die Hand. Am Sonntagmorgen pflegte und rasierte ich ihn mit einer Schwester. Fritz atmete ruhig. Ich umarmte ihn, gab ihm einen Kuss und sagte, dass ich ihn ewig liebe. Sein Kopf rutschte leicht weg, also richtete ich das Kissen neu. Die Atmung setzte auf einmal aus, und er schlief für immer in meinen Armen ein. Mit einem Lächeln. Wir waren uns ganz nahe.

2017 machten Sie seine Demenzerkrankung öffentlich. Seither haben Sie sich fast rund um die Uhr um ihn gekümmert. Woher nahmen Sie die Kraft dafür?
Das kann ich nicht erklären. Ich bin sehr gläubig. Ich spüre, wenn ich etwas will. Ist es realistisch und positiv, setze ich mich umso mehr dafür ein. Immer wenn ich verzweifeln wollte, sagte ich mir, Moni, du packst das, gib jetzt nicht auf. Zwischendurch muss ich weinen, dann putze ich mir die Tränen weg und mache weiter. Das habe ich von Fritz gelernt. Er meinte immer, wenn ich traurig war: Ufhöre brüele, vorwärtsluege.

Haben Sie während all der Zeit nie an Ihrer Liebe gezweifelt?
Um Himmels willen, nein! Ich war wie sein zweites Ich. Es ist unvorstellbar, jemanden abzuschieben, wenn er krank ist, nur damit man seine Annehmlichkeiten behalten kann. Was haben wir Menschen denn für eine Aufgabe im Leben? Man schaut zueinander in guten wie in schlechten Zeiten, Punkt. Fritz konnte ja nichts dafür, dass er so krank war. Zudem: Einen geliebten Menschen zu pflegen, ist etwas sehr Schönes und gibt einem auch selber etwas fürs Herz. Ausser, man ist eiskalt. Doch so ein Gewissen möchte ich nicht haben.

Sie erwähnten Ihren Glauben. Am lieben Gott haben Sie auch nie gezweifelt, weil er Ihnen ein solches Schicksal aufgebürdet hat?
Doch. Ich habe ihm auch manchmal meine Meinung gesagt. Einmal ging ich in eine Kapelle und wurde laut, hilf doch, sagte ich, kannst du nicht helfen? Ich haderte, aber nie allzu lange. Nicht aufzugeben, ist das Wichtigste. Auch sich selber nicht.

Nun ist es vorbei. Haben Sie auch Angst vor der Leere, die jetzt kommen könnte?
Nein. Sein Bett ist zwar leer, aber Fritz ist immer noch da. Ich kann es nicht erklären, aber ich bin nicht allein. Ich hätte das nie gedacht. Kurz vor seinem Tod heulte ich noch und dachte, ich schaffe das nicht. Diese Angst ist inzwischen weg. Ich fühle mich beschützt und behütet von ihm. Ich weiss: Mir kann nichts passieren.

Lesen Sie morgen im SonntagsBlick: Monika Kaelins schönste Erinnerungen an Fritz Künzli

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