«Die Tellernummer war meine Lieblingsdisziplin»
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Muntwyler zurück in der Manege:«Die Tellernummer war meine Lieblingsdisziplin»

Muntwylers feiern 40-Jahr-Jubiläum
So geht es mit dem Zirkus Monti weiter

Am Freitag startet der Traditionszirkus Monti in die 40. Spielzeit. Noch einmal will Patron Johannes Muntwyler als Artist auftrumpfen. Und er denkt über eine Nachfolgelösung mit seinen drei Söhnen nach. Blick war hinter den Kulissen dabei.
Publiziert: 08.08.2024 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2024 um 01:25 Uhr

Frühmorgendlicher Besuch im Circus Monti auf dem Merkur-Areal in Wohlen AG: Blick trifft Johannes Muntwyler (60) und seinen Sohn Tobias (31) zum Gespräch. Am Freitag ist Premiere, die Schlussphase sei wie immer hoch turbulent. «Aber es braucht diesen Druck, nur dann entsteht etwas Aussergewöhnliches», sagt Johannes Muntwyler. «Alle brennen darauf, endlich das neue Programm zu zeigen und zu schauen, wie es ankommt. Denn das Publikum kann man nicht bei den Proben simulieren.»

Die kommende Spielzeit ist eine spezielle, es ist die 40. seit der Gründung. Und die Muntwylers haben sich etwas Besonderes vorgenommen. «Mit 50 habe ich zum ersten Mal an meinem Bühnenabschied gedacht. Und 2019 fühlte ich mich endgültig reif. Doch angesichts dieser besonderen Zahlen – der Zirkus 40 und ich 60 – wage ich es ein letztes Mal», sagt der Vater.

Gemeinsam mit Tobias und dessen jüngerem Bruder Mario (28) zeigt er eine Nummer, «die ich immer gerne gemacht habe», die Tellerjonglage. Scherben sind nicht ausgeschlossen «und bringen Glück». Bei der Porzellanfabrik Langenthal BE wurden vorsorglich gleich 800 Teller bestellt. «Das wird dynamisch, hektisch, chaotisch und mitreissend», freut sich der Sohn.

Sohn Tobias und Vater Johannes Muntwyler kurz vor der diesjährigen Premiere des Circus Monti in Wohlen AG, aufgenommen am 6. August 2024.
Foto: Siggi Bucher
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Beginn und Veränderungen

Dass es den Circus Monti gibt und dass er diesen Namen trägt, haben sie ihren Grosseltern respektive Eltern zu verdanken. Guido Muntwyler (1932–1999), der schon als Kind von der Zirkuswelt fasziniert war und in der Schule «Monti» genannt wurde, gründete das Unternehmen Ende 1984. Nicht ganz ohne Widerstand. «Ein Hotelier im Aargau zog uns bis vor Bundesgericht, weil er glaubte, wir würden diesen Namen verhunzen», erzählt Johannes Muntwyler. Nach einem späteren Versöhnungsbesuch in seinem Restaurant war dieses Thema Geschichte.

Nach Guidos Tod führten seine Frau Hildegard (1936–2019) und Johannes Muntwyler mit seinen Brüdern Niklaus und Andreas den Circus weiter. 2005 übernahm Johannes die Leitung. Veränderungen gab es immer wieder. 2011 verschwanden die letzten Tiere. Ab 2015 wurde die Tournee von acht auf vier Monate und zehn Spielorte reduziert. Unabhängig davon findet jeweils im Winter das Monti's Variéte mit Artistenensemble, Liveband und Dinner statt. Parallel dazu erwarben Muntwylers eine Zeltvermietungsfirma. Ihre Zelte kommen bei Grossveranstaltungen wie dem Gurtenfestival oder dem Arosa Humorfestival in der ganzen Schweiz zum Einsatz.

Diese Neuerungen waren für Tobias Muntwyler ausschlaggebend, dass er nach einer KV-Lehre ebenfalls voll beim Zirkus einstieg. «Die Faszination hat sich schon früh auf mich übertragen. Aber wenn wir die Tournee nicht deutlich verknappt hätten, weiss ich nicht, ob ich heute dabei wäre. Die vier Monate sind immer noch sehr intensiv. Doch daneben bleibt auch Zeit für etwas Abwechslung. Und ich bin für die Zeltvermietung viel unterwegs.»

Mit drei Brüdern in die Zukunft

Mittlerweile sind alle Söhne an Bord. Der bereits erwähnte Mario Muntwyler als Artist und in der Administration. Und der jüngste Sohn Nicola (22) als Werkstattleiter. «Das ist kein Beruf für uns, sondern eine eigentliche Familienleidenschaft», sagt Tobias.

Druck, ins Unternehmen einzusteigen, wollte der Vater stets vermeiden. «Was wir Eltern tun konnten, war, den Söhnen ein Umfeld zu schaffen, in dem es Freude bereitet, den Zirkus weiterzuführen. Für mich wäre es schlimm gewesen, wenn sie es nur der Tradition zuliebe gemacht hätten und dabei unglücklich gewesen wären.»

Nun zieht sich der Patron langsam aus der Leitung zurück. «Wir sind seit zwei, drei Jahren in diesem Prozess drin und suchen den idealen Weg», sagt Tobias Muntwyler. «Wir entscheiden als Brüder schon sehr viel selber. Es ist wichtig, Verantwortung zu übernehmen. Und Johannes gibt uns mit seiner Präsenz viel Sicherheit.»

Hoch und Tiefs

Der Vater will sich nicht Knall auf Fall verabschieden. «Vorausgesetzt, ich bleibe gesund. Doch wie rasch es gehen kann, habe ich erlebt, als mein Vater starb. Das will ich meinen Kindern ersparen. Und deshalb treiben wir den Ablösungsprozess voran.»

Finanziell gehe es ihrem Zirkus gut. «Wir haben alle Hochs und Tiefs erlebt. Aber das Bibbern, ob es überhaupt weitergeht, ist vorbei. Wir sind ein gesundes Unternehmen. Doch auch bei uns wächst das Geld nicht auf den Bäumen. Wir arbeiten extrem viel, kalkulieren sehr vorsichtig und haben immer wieder kräftig investiert. Vor zwei Jahren haben wir das ganze Zeltinnere und die Tribüne erneuert und auf dieses Jahr hin die Lichtanlage ersetzt. Wir möchten unseren Gästen die bestmögliche Show bieten, an der auch wir unsere helle Freude haben.»

«Die Tellernummer war meine Lieblingsdisziplin»
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Monti-Jubiläumsprogramm «Weil wir fliegen können!» ab dem 9. August in Wohlen AG. Weitere Tourneeorte, Spielzeiten und Tickets unter www.circus-monti.ch.  

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