So tönt Nemos ESC-Song «The Code»
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Gesangstalent geht nach Malmö:So tönt Nemos ESC-Song «The Code»

Nemo über die Nicht-Binarität, das neue Lebensgefühl und den ESC
«Es ist eine grosse Erleichterung, zu mir stehen zu können»

Im November 2023 machte Nemo öffentlich, sich als non-binär zu identifizieren. Mit Blick sprach Nemo darüber, wie sich das Leben seither verändert hat, das grosse Abenteuer ESC und die Teilnahme bei «Sing meinen Song – das Schweizer Tauschkonzert».
Publiziert: 01.03.2024 um 00:14 Uhr
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Aktualisiert: 01.03.2024 um 06:53 Uhr

Auf Nemo kommt ein aufregendes Jahr zu: Die Bieler Musikpersönlichkeit wird 2024 die Schweiz am Eurovision Song Contest (ESC) im schwedischen Malmö vertreten. Ausserdem ist Nemo ab dem 6. März 2024 Teil von «Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert». Auf dem Sofa der Show geht es nicht nur um Songs: Die Musikschaffenden sprechen auch über sehr persönliche Themen. Anders ist das auch nicht beim neuen Host Dodo (47). Dieser holte 2024 neben anderen bekannten Schweizer Musikgrössen Nemo (24) nach Gran Canaria. Nemo outete sich im November 2023 öffentlich als non-binär. Mit Blick sprach Nemo über die neu gewonnene Freiheit, ein authentisches Leben führen zu können und über den ESC, die für Nemo wohl grösste musikalische Reise.

Nemo, wie lange mussten Sie überlegen, am ESC teilzunehmen? 

Nemo: Ich wurde immer wieder ans Songwriting-Camp der Suisa eingeladen, dort entstehen viele der ESC-Songs. Ich konnte es mir zuvor terminlich nie einrichten, 2023 klappte es erstmals. Erst dachte ich, ich sei dort zum Komponieren für andere eingeladen. Vor Ort merkte ich aber, dass Songs für mich entstehen sollen und liess mich auf dieses Abenteuer ein. Und dann hat es sich so gut angefühlt. Am zweiten Tag entstand «The Code» und ich habe gesagt: «Das bin genau ich. Das fühlt sich richtig an. Das muss ich machen.»

Aufregendes Jahr für Nemo: Das Bieler Musiktalent wird nicht nur bei «Sing meinen Song» zu sehen sein, es vertritt auch die Schweiz am Eurovision Song Contest in Malmö.
Foto: SRF/Ella Mettler
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Worum gehts in «The Code»? 

Im Lied geht es um die Reise zu mir selbst, um das Knacken meines persönlichen Codes. Ich nutze diese Metapher, um den Ausbruch aus der binären Welt darzustellen und die Findungsphase zu meinem non-binären Ich zu erzählen. 

Sie haben vor wenigen Monaten öffentlich gemacht, dass Sie sich als non-binär identifizieren. Wie hat sich Ihr Leben seither verändert?
Im Persönlichen eigentlich recht wenig. In der Öffentlichkeit fällt es mir aber viel leichter, ich selber zu sein. Es ist ein Teil von mir, über den ich lange nicht gesprochen habe. Darum fühlt es sich nun mega schön an, authentischer zu sein.

Nemo – Ausnahmetalent mit Tiefe

Nemo wurde 1999 in Biel geboren und beherrscht Geige, Klavier und Schlagzeug. Mit der Single «Himalaya» gelang der Durchbruch, mit «Du» schaffte es Nemo auf Platz 3 der Schweizer Singlecharts. Nemo lebt seit einigen Jahren in Berlin und outete sich im November 2023 als non-binär.

Nemo wurde 1999 in Biel geboren und beherrscht Geige, Klavier und Schlagzeug. Mit der Single «Himalaya» gelang der Durchbruch, mit «Du» schaffte es Nemo auf Platz 3 der Schweizer Singlecharts. Nemo lebt seit einigen Jahren in Berlin und outete sich im November 2023 als non-binär.

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Wie war dieser Prozess für Sie?
Ein grosser Teil war die Auseinandersetzung mit mir selber. Mich besser kennenzulernen und mir dadurch zu erlauben, so sein zu dürfen, wie ich mich am wohlsten fühle. Der nächste Schritt war dann, es in meiner Beziehung und gegenüber meiner Familie auszusprechen. Ich denke, so bald man so weit ist, dass man glücklich ist und sich jemandem anvertrauen kann, ist schon extrem viel passiert. So habe ich mich immer näher herangetastet. Mein Umfeld hat aber sehr wohlwollend und unaufgeregt reagiert. Irgendwann war für mich die Diskrepanz zwischen meinem Privatleben und meinem Leben in der Öffentlichkeit dann aber zu gross. Darum war der nächste Schritt total logisch: Ich habe mir Zeit gelassen, bis ich mich zu 100 Prozent wohl und sicher fühle. Es ist eine grosse Erleichterung, öffentlich zu mir stehen zu können und darüber reden zu dürfen, non-binär zu sein. Auch wenn es nur eine Facette meines Lebens ist.

Was sind die grössten Schwierigkeiten seither?
Es gibt immer und in allen Lebensbereichen Hochs und Tiefs. Ich würde mir wünschen, dass man mit non-binären oder Trans-Menschen spricht, und nicht über sie. Es macht Sinn, dass nicht jeder einen Berührungspunkt hat, aber es ist mir wichtig, dass man sich mit einer natürlichen Neugier gegenübertritt. Es passiert so viel, wenn man offen miteinander umgeht.

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Wie machen Sie es beim Songsschreiben – im Deutschen ist es relativ schwierig genderinklusiv zu texten.
Aktuell schreibe ich vor allem auf Englisch. Aber ich finde, es gibt hier mehr Chancen als Hürden. Die Sprache kann sich weiterentwickeln und formen. Man kann Dinge umschreiben, mit Formulierungen spielen. Das ist doch viel schöner, als sich darüber aufzuregen, dass sich etwas verändern könnte.

Das wäre doch jetzt die optimale Gelegenheit, wieder auf Deutsch Songs zu schreiben?
Ja, ich würde gern wieder mal auf Schweizerdeutsch schreiben. Das wäre wirklich schön. Mal sehen, was da noch passiert.

Songs umgeschrieben haben Sie bei «Sing meinen Song - Das Schweizer Tauschkonzert». Wie war dieses Klassenlager?
Für mich war es vom ersten Moment an ganz vertraut und ein guter Mix aus Menschen, die ich schon kannte und die ich erst kennenlernen durfte. Es ist wie eine kleine Familie, die entsteht. Ich war recht überrascht, dass ein so grosser Teil von «Sing meinen Song» die Geschichte der Menschen ist. Es war aber sehr schön, man kommt sich sehr nah und lernt die anderen Teilnehmenden so ganzheitlich kennen. In ein Loch bin ich eigentlich erst gefallen, als ich wieder zurück zu Hause war. Man hat in kurzer Zeit so viel Energie in das gesteckt und dann war es so schnell vorbei und die Familie nicht mehr da.

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War es für Sie schwierig, sich vor den Kameras und Ihren Künstler-Kolleginnen und -Kollegen so zu öffnen?
Ich habe mir im Vorfeld sehr viele Gedanken gemacht, ob ich wirklich ich selber sein und frei reden kann. Aber wenn man dann zusammen sitzt, vergisst man die Kameras. Man ist einfach mit ein paar Leuten, die man kennt und zu denen man einen schönen Bezug hat, auf dem Sofa. Es fühlte sich mega vertraut an.

Was ist trans und non-binär?

Trans: Vom Begriff Transgender oder trans spricht man, wenn die Geschlechtsidentität eines Menschen nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. Transfrauen wurden bei ihrer Geburt aufgrund ihrer körperlichen Merkmale als Jungen eingeordnet, Transmänner als Mädchen.
Non-binär: Non-binäre Menschen leben jenseits der Unterteilung in die zwei Kategorien von «Frau» und «Mann». Sie können dabei eine geschlechtslose, zweigeschlechtliche oder eine fliessende Geschlechtsidentität haben.

Trans: Vom Begriff Transgender oder trans spricht man, wenn die Geschlechtsidentität eines Menschen nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. Transfrauen wurden bei ihrer Geburt aufgrund ihrer körperlichen Merkmale als Jungen eingeordnet, Transmänner als Mädchen.
Non-binär: Non-binäre Menschen leben jenseits der Unterteilung in die zwei Kategorien von «Frau» und «Mann». Sie können dabei eine geschlechtslose, zweigeschlechtliche oder eine fliessende Geschlechtsidentität haben.

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Welche Teilnehmer, welche Teilnehmerin, hat Ihnen die meisten Bauchschmerzen bereitet? 

Es ist zwar ein Klischee, aber ich habe mich anfangs gefragt, wie ich mit dem Schlager von Vincent Gross zurechtkomme. Lustigerweise war das aber für mich dann eine der besten Erfahrungen, weil es so neu war. Denn ich musste mich aus meiner Komfortzone wagen und dann entstehen oft die schönsten Dinge.

«Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert» läuft ab 6. März, 20.15 Uhr immer mittwochs auf 3+. Nemo tritt am 9. Mai 2024 im zweiten Halbfinale des Eurovision Song Contest (21 Uhr, SRF 2) für die Schweiz an.

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