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«Pilzlen» für Anfänger:Darauf muss man bei der Suche achten

Pilzesammeln wird zum Trend-Hobby
Darauf müssen Sie beim Pilzeln achten

Pilzeln ist das neue Yoga. Es verspricht Ruhe, Entspannung und setzt Glückshormone frei. BLICK-Leserin Christa Leopold erzählt von ihrer Leidenschaft, die in ihr als kleines Kind geweckt wurde und der immer mehr Städter folgen.
Publiziert: 18.10.2019 um 20:51 Uhr
|
Aktualisiert: 20.10.2019 um 09:56 Uhr
Flavia Schlittler (Text), Philippe Rossier (Fotos)

Als kleines Mädchen nahm sie ihr Grossvater an die Hand, um im Wald auf Pilzsuche zu gehen. «Da roch ich zum ersten Mal an einem Steinpilz. Dieser spezielle, waldige Pilzgeruch hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt, ich erkenne ihn seit da blind, nur am Duft», erzählt Christa Leopold (41). Später war es ihre Mutter, mit der sie auf die Suche ging. «Immer nach dem Motto: Wir nehmen nur, was wir kennen. Eierschwämme, Steinpilze, Parasol und Morcheln.»

Erlebt hat sie diese frühen Zeiten unweit von Wien, wo die studierte Marketingfachfrau aufgewachsen ist. Seit zwölf Jahren lebt sie in Zürich, die Leidenschaft hat sie hierher mitgenommen. «Pilze suchen hat etwas Archaisches», sagt sie. «Der Charme des Sammelns aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn. Man geht in den Wald mit der Idee, etwas zu finden. Wenn es dann auch so ist, dann verursacht das ein Glücksgefühl. Wenn ich einen Steinpilz finde, schlägt mein Herz höher.»

Es sei dann die weitere Freude, die Pilze zu verarbeiten und abends mit Freunden zu essen. «So schliesst sich das System. Hinzu kommt, dass man nicht – wie es auch immer mehr Leute tun – einfach in den Wald geht und es schön findet, sondern mit einem Wissen ausgestattet ist, das man weitergeben kann, das andere fasziniert.» Geht Leopold heute auf die Suche, trifft sie immer mehr Städter an. Postet sie ein Bild eines kleinen Parasols oder eines giftigen Fliegenpilzes, melden sich sofort Leute bei ihr, die beim nächsten Mal dabei sein wollen.

Christa Leopold vor den bedingt essbaren Hallimasch, die sie im Albisgebiet gefunden hat. Die Pilze muss man vor der Zubereitung zehn Minuten abkochen und das Waschwasser danach abgiessen.
Foto: Philippe Rossier
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Pilzesammeln, früher belächelt  als Pensioniertenhobby, ist nicht nur salonfähig geworden, sondern liegt auch im Trend. Gibt man bei Instagram den Suchbegriff #mushrooms ein – zu Deutsch: Pilze –, kommt man auf eine Seite, der mehr als 6,7 Millionen Menschen folgen. Stolz posten sie Bilder ihrer Ausbeute. Auch hierzulande gruppieren sich Leute, um gemeinsam auf die Pilzjagd zu gehen.

Eine unerwartete Sichtung setzt zusätzliche Glückshormone frei

Dies ist nichts für Christa Leopold. Sie ist am liebsten allein oder zu zweit unterwegs. «Die Orte, die man aufsucht, hütet man wie ein Geheimnis. Diese weiterzugeben, ist unter Pilzsammlern ein Tabu.» Nur in der engsten Gemeinschaft teilt man höchstens ein Gebiet mit. «Doch das wird dann grossflächig genannt, zum Beispiel das Forchgebiet. Keiner kommt und sagt: ‹Schau mal beim dritten Baum links›, die Plätze behält man am liebsten für sich.» Sie schöpft aus ihren eigenen Erfahrungen, neue Orte zu entdecken. «Bei dunklen Jungwäldern, in denen Fichten eng nebeneinanderstehen und es nur wenig Laubbäume gibt, mache ich die besten Funde.» Es empfehle sich, eher in Misch- als in Laubwälder zu gehen. Doch es könne auch ganz anders sein; oft finde man sie an Orten, an denen man sie nie vermuten würde. «Das ist dann der zusätzliche Adrenalinkick. Es ist wie beim Fischen und Jagen. Eine unerwartete Sichtung setzt zusätzliche Glückshormone frei.»

Bei einem Pilzkontrolleur war Christa Leopold noch nie. «Weil ich nicht experimentiere, sondern nur nehme, was ich kenne. Das Risiko ist mir einfach zu hoch.»

Dass dieser neue Trend nicht ungefährlich ist, bestätigt auch Hans-Peter Neukom (66), Pilzexperte beim Kantonalen Labor Zürich und seit über 25 Jahren Pilzkontrolleur der Gemeinde Küsnacht ZH. Letztes Jahr wurden im Kanton Zürich bei 5163 Kontrollen insgesamt 6221 Kilo Pilze geprüft. Davon wurden von ihnen 5023 Kilo als Speisepilze freigegeben. Aber auch 1037 Kilo ungeniessbare, 156 Kilo giftige und knapp 6 Kilo tödlich giftige wurden von den Fachkräften aus dem Sammelgut aussortiert. Die Tendenz ist steigend.

Auch Neukom registriert den Pilzler-Trend. Gegenüber BLICK sagt er: «Einerseits hat es mit den letzten drei Pilzjahren zu tun, in denen das Vorkommen sehr hoch war. Andererseits wird der Jäger- und Sammlertrieb befriedigt, und der Zurück-zur-Natur-Trend ist klar spürbar.» Ihm falle auf, dass nicht nur immer mehr Städter auf die Suche gehen, sondern auch die Zahl der Familien steigt. «Die Kinder sind dann jeweils ganz aufgeregt, wenn sie sagen können, diesen Pilz habe ich gefunden.» Die Kehrseite ist, dass auch immer mehr giftige Pilze den Weg in den Korb finden. Neukom führt dies einerseits auf die Unkenntnis vieler zurück und auf Bücher und Apps, die seiner Meinung nach den Pilzkontrolleur auf keinen Fall ersetzen. «Die Bilder da entsprechen teilweise nicht dem gefundenen Pilz. Ist der von der Sonne ausgebleicht oder fehlen gewisse wichtige Bestimmungsmerkmale wie der Geruch oder Geschmack, kann dies sehr trügerisch sein.»

In fünf Kantonen darf zu Beginn des Monats nicht gesammelt werden

Die Pilzsaison dauert noch in den November hinein. In fünf Kantonen, unter anderem auch im Kanton Zürich, darf vom 1. bis zum 10. des Monats nicht gesammelt werden. ««Dies ist heute eher eine politische als wissenschaftliche Frage. Ein 30-jähriges Forschungsprojekt zeigte nämlich, dass das Sammeln praktisch keinen Einfluss auf das Wachstum des Pilzfruchtkörpers hat. Bei den Mengenbeschränkungen, im Kanton Zürich 1 Kilo pro Tag und Person, geht es hingegen eher um eine gerechte Verteilung eines begehrten Waldprodukts», betont Neukom.

Für das Wochenende sind Sonne und Regen angesagt. Auch dann möchte Christa Leopold wieder durch einen Wald streifen. «Der Vorteil ist, dass es wenige bis keine Leute hat, die einem begegnen. Wenn die Pilze durchnässt sind, lasse ich sie stehen, weil die Konsistenz darunter leidet und sie nicht so knackig sind. Zudem sind dann viele wurmig. Dann freue ich mich über ihren Anblick, mache ein paar Fotos, einige davon stelle ich ins Netz.» Bis sich die nächsten Städter bei der leidenschaftlichen Sammlerin melden, die gerne mit ihr pilzeln gehen möchten.

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In Wäldern und Fluren. Sogar im eigenen Garten können auch beliebte Speisepilze wachsen, etwa der Schopftintling oder der Körnchen-Röhrling.
 
Was für Pilze darf man sammeln?

Bis auf die zwölf in der Schweiz geschützten Arten darf man alle Pilze pflücken.
 
Wo finde ich eine Pilzkontrollstelle?

Auf der Homepage der Schweizerischen Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane, www.vakpko.ch.

Sollten diese Kontrollstellen nicht weggespart werden?

Bis 2002 hiess es in der Verordnung über Speisepilze im Schweizerischen Lebensmittelgesetz: «Die Kantone regeln die Kontrolle von Pilzen, die nicht gewerbsmässig gesammelt werden.» Dieser Artikel wurde mit der Revision 2002 aber aus der Gesetzgebung gestrichen, ist daher nicht mehr Bundessache. Und das Betreiben einer Pilzkontrolle nicht mehr landesweit geregelt.

Im Jura wachsen Space-Pilze, sogenannte Magic Mushrooms. Darf man die sammeln?

Damit ist der Spitzkegelige Kahlkopf gemeint, auch Zauberpilz genannt. Dieser wächst im Jura auf Wiesen, oft in der Nähe von Kuhfladen. Zauberpilze fallen unter das Betäubungsmittelgesetz, wer sie sammelt und konsumiert, macht sich strafbar.

Immer wieder rauben ganze Gruppen die Wälder von Pilzen leer. Was wissen Sie dazu?

Vor allem im Bündnerland, im Tessin und der Innerschweiz mussten in den letzten Jahren bei Kontrollen immer wieder eifrige Pilzler gebüsst werden, die über den gesetzlichen Gewichtslimiten – 2 oder 3 Kilo pro Tag und Person – Pilze sammelten. Zum Beispiel vor wenigen Jahren im bündnerischen Misox: Da wurden mitten in einem Pilzschutzgebiet, und erst noch an einem Schontag, zwei italienische Pilzsammler mit rund 35 Kilo frischen Steinpilzen in ihrem Kofferraum von der Polizei ertappt. Die Folge: Statt Tagliatelle ai funghi porcini mussten die Pilzfrevler saftige Bussen berappen.

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Nudeln nach Pilzsammler-Art

von Rachel Hämmerli (24), gelernte Köchin

Es braucht:

600 g schmale Nudeln
400 g Steinpilze
200 g Schalotten, gehackt
2 Zehen Knoblauch, gehackt
100 g geröstete Baumnüsse
2 Esslöffel Mehl
200 g Bouillon
100 g Weisswein
200 g Rahm
100 g Petersilie, gehackt
Einen Schluck Cognac Salz und Pfeffer Butter zum Braten

  • Steinpilze waschen, gut trocknen und in Scheiben schneiden.
  • Die gerösteten Baumnüsse grob hacken.
  • Pilze in einer Bratpfanne mit Butter beidseitig anbraten.
  • Schalotten und Knoblauch beigeben, eine halbe Minute dünsten.
  • Mit Mehl bestäuben und vermengen.
  • Sofort Bouillon und Weisswein beigeben und köcheln bis die Sauce dicker wird.
  • Rahm beigeben.
  • Mit Salz, Pfeffer und Cognac abschmecken.
  • Petersilie und Baumnüsse kurz vor dem Anrichten in die Sauce rühren.
  • Nudeln in Salzwasser bissfest kochen.
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