Psychologe Allan Guggenbühl (68) über erschwerte Kommunikation
Ein höfliches Wort ersetzt das Lächeln

Tragen wir zum Schutz vor Coronaviren eine Maske, kann man durch Mimik weniger Gefühle ausdrücken. Umso wichtiger wird die verbale Kommunikation, wie Psychologe Allan Guggenbühl erklärt.
Publiziert: 03.05.2020 um 23:50 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2020 um 07:29 Uhr
«Schutzmasken haben einschneidende Auswirkungen auf unser Kommunikations- und Sozialverhalten», erklärt Psychologe Allan Guggenbühl.
Foto: Sebastian Magnani / 13 Photo
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Patricia Broder

Egal, ob beim Coiffeur oder beim Arzt, in vielen Alltagssituationen müssen wir sie seit den Lockerungen der Corona-Massnahmen tragen: die Schutzmaske. Doch der Mund-Nasen-Schutz hat einschneidende Auswirkungen auf unser Kommunikations- und Sozialverhalten, erklärt Allan Guggenbühl (68), Psychologe und Leiter des Instituts für Konfliktmanagement (IKM) in Zürich: «Unsere Mimik ist ein wichtiger Bestandteil unserer Kommunikation. Trägt man eine Maske, wird das Gesicht unvollständig, der Austausch wird erschwert», sagt Guggenbühl zu BLICK. «Die Maske ist ein Kommunikationshemmer, der nicht so einfach kompensiert werden kann.»

Masken schüren das gegenseitige Misstrauen

Durch die fehlende Mundpartie würden wir Emotionen weniger gut ausdrücken und miteinander teilen können, so der Experte weiter: «Das bewirkt eine Verarmung der Gefühle, wir werden distanzierter und ängstlicher.» Vor allem aber schüre es auch das gegenseitige Misstrauen, weil das Lächeln wegfalle, ein in unserer Gesellschaft besonders elementares Kommunikationssignal.

Guggenbühl: «Das Lächeln ist eine Reaktion auf eine Begegnung, eine Antwort, auf eine offene Frage.» Zudem funktioniere es auch als Aggressionshemmer. «Ich signalisiere damit, ich will dir nichts Böses. Bleibt das Lächeln aus, kann man kein Besänftigungssignal mehr senden und die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation steigt rapide an.»

«Wir müssen auf unseren Ton achten»

Um das fehlende Lachen zu kompensieren, sei es als Maskenträger elementar, mehr zu reden, erklärt Guggenbühl: «Wir müssen besonders höflich sein, auf unseren Ton achten. Mehr kommentieren als sonst. Erklären, was wir wirklich möchten. Vor allem bei Leuten, die wir nicht so gut kennen.»

Hinzu komme, dass wir mit Masken soziologisch gesehen negative Gefühle verbinden. «Masken fördern die Identitätslosigkeit. Nicht umsonst tragen Bankräuber Masken. Ist man maskiert, muss man sich nicht mehr beherrschen, kann Dinge sagen und tun, die man sonst nicht tun würde», so Guggenbühl.

Am schlimmsten trifft die Maskenpflicht übrigens gehörlose und hörgeschädigte Menschen. Da die Masken den Mund komplett verdecken, können viele Gehörlose nicht mehr erkennen, wenn sie jemand anspricht. Hier helfen Masken mit eingebautem Sichtschutz, die in den USA bereits erhältlich sind.

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