Schweizer Casting-Direktorin Corinna Glaus zum Hollywood-Streik
«Die Streaming-Giganten drücken die Gage»

In Hollywood streiken Drehbuchautoren und Schauspielerinnen. Dies habe vor allem mit den neu geschaffenen Bedingungen der Streaming-Anbieter zu tun, erklärt die Schweizer Casting-Direktorin Corinna Glaus.
Publiziert: 16.07.2023 um 01:59 Uhr
patricia_broder_blick.jpg
Patricia BroderRedaktorin People

Ausnahmezustand in Hollywood: Neben Drehbuchautoren sind in der Nacht auf Freitag auch Schauspielerinnen und Schauspieler in den Streik getreten.

Nachdem bei Verhandlungen mit dem Verband der TV- und Filmstudios (AMPTP) keine Einigung erzielt werden konnte, werde ab Mitternacht die Arbeit niedergelegt, teilte die Schauspielergewerkschaft SAG-Aftra in Los Angeles (USA) mit. Sie hatte unter anderem eine bessere Vergütung und die Regelung des Einsatzes von künstlicher Intelligenz in der Branche gefordert.

Der Doppelstreik legt mehrere Grossproduktionen inmitten der Dreharbeiten lahm. Betroffen sind etwa «Deadpool 3» mit Ryan Reynolds (46) oder «Gladiator 2» mit Denzel Washington (68). Aber auch beliebte Serien wie «American Horror Story» oder der «Game of Thrones»-Spin-off «House of the Dragon» mussten ihre Produktion stoppen. Zahlreiche Filmstars unterstützen die Streikenden. So verliessen etwa die Schauspieler des Films «Oppenheimer», darunter Matt Damon (52), Cillian Murphy (47) und Emily Blunt (40), am Donnerstag nach einem Auftritt auf dem roten Teppich aus Solidarität mit ihnen eine Premiere in London.

Die Gewerkschaften der Schauspieler und Drehbuchautoren haben ihre Arbeit am Donnerstag um 9 Uhr Schweizer Zeit niedergelegt.
Foto: AFP
1/5

«Neue Machtverhältnisse sind entstanden»

Die Schweizer Casting-Direktorin Corinna Glaus (66) ist Mitglied der Academy und bestimmt jedes Jahr mit, wer einen der begehrten Oscars erhält. Sie kann das Anliegen der streikenden Kolleginnen und Kollegen verstehen. «Die Lage im US-Filmbusiness ist komplex. Aber was wir auch hier in Europa sehen, ist, dass neue Machtverhältnisse entstanden sind. Die grossen Streaming-Anbieter wie Netflix und Sky sind verhältnismässig neu in den Markt eingestiegen und bestimmen bereits, wie er funktioniert», sagt sie. «Sie drücken den Preis immer mehr nach unten und werfen damit, gestützt durch ihre Stärke und ihren Einfluss, lang erarbeitete Arbeitsbedingungen über den Haufen.»

Die Schweizer Filmbranche sei von der aktuell angespannten Lage wenig betroffen, erklärt die Expertin. «Die Schweiz ist ein viel zu kleiner Markt. Bei uns können die wenigsten Schauspielerinnen und Schauspieler vom Film allein leben. Dadurch sind auch wenige davon abhängig.» In unseren Nachbarländern sehe es anders aus. «In Europa steigt der Druck zunehmend. Die Streaming-Giganten versprechen den Darstellern eine hohe Reichweite und drücken dafür die Gage.» Umso besser sei es, dass die Filmschaffenden in Hollywood durch ihre Streiks nun Aufmerksamkeit für das Thema schaffen, sagt Glaus. «Ich hoffe, dass sich etwas ändert. Denn es liegt auch in der Verantwortung einer Filmindustrie, dass man die Künstlerinnen und Künstler pflegt und fördert.»


Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?