Video zeigt Susanne Bartsch auf dem Festgelände
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Am Zurich Pride Festival:Video zeigt Susanne Bartsch auf dem Festgelände

So wurde die Bernerin zur New Yorker Legende
Susanne Bartsch ist die Party-Ikone vom Big Apple

Die Nightlife-Ikone Susanne Bartsch wanderte als junge Frau nach Amerika aus, um ihre kreative Oase zu finden. Jetzt zeigt sie US-Amerikanern ihre Heimat.
Publiziert: 15.06.2024 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2024 um 21:47 Uhr
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Michel ImhofTeamlead People

Seit den Achtzigerjahren sorgt die Bernerin Susanne Bartsch für ausgelassene Stimmung in New York. Sie organisiert Partys, die bis heute einen internationalen Ruf haben. «Ich liebe es, Leute zusammenzubringen. Dieses Talent von mir habe ich früh entdeckt», sagt sie zu Blick. Diese Woche führt sie eine Gruppe von rund fünf US-Journalisten im Namen von Schweiz Tourismus durch unser Land und zeigt ihnen auch die queere Seite von Helvetien. Das Ziel ist es, unser Land den oftmals zahlungskräftigen gleichgeschlechtlichen Paaren schmackhaft zu machen. 

Wir treffen Susanne Bartsch wenige Stunden nach ihrer Ankunft in der Schweiz auf dem Festgelände des Zurich Pride Festivals. «Ich bin mindestens einmal im Jahr zu Besuch bei meiner Familie. Aber als Touristin habe ich unser Land lange nicht mehr bereist. Darum freue ich mich sehr auf diesen Trip», sagt sie. Bartsch bevorzugt das Gespräch auf Englisch – Schweizerdeutsch zu sprechen, sei mittlerweile anstrengend geworden. «Ich muss länger nach den Worten suchen. Und muss viel überlegen. Meine Gedanken sind heute auf Englisch.»

«Fortzugehen war das Beste, was ich tun konnte»

Als 17-Jährige zog es sie fort vom gutbürgerlichen Leben in der Schweiz. Sie war das jüngste von drei Kindern, ihr Vater hatte eine Bodenlegerfirma. «Meine Kindheit war schön, aber mir wurde es später zu traditionell zu Hause. Ich sah das Leben mit Hochzeit, Kindern, Eigenheim und Bankkonto. Und wusste: Wenn ich nicht verreise, werde ich nicht wachsen», so Bartsch. «Fortzugehen war das Beste, was ich tun konnte.» Erst lernte sie in Grossbritannien Englisch, später zog sie der Liebe wegen nach New York und eröffnete 1981 einen nach ihr benannten Kleiderladen für britische Mode.

Susanne Bartsch (2.v.r) besuchte am Freitag und Samstag die Zurich Pride. Hier posiert sie mit den Dragqueens Odette Hella'Grand, Paprika und Klamydia von Karma (v.l.).
Foto: Siggi Bucher
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Zwei Jahre später folgte mit der Modeschau «New London in New York» ein Schlüsselmoment. «Hunderte Leute standen auf der Strasse an, um reinzukommen. Da wusste ich: Ich liebe es, Events zu organisieren.» 1986 rief sie ihre erste wöchentliche Party ins Leben. Immer an ihrer Seite: die LGBTQ-Szene. «Ich spürte, dass sie anders als Heteros behandelt werden, und lud Mitglieder der Szene zu meinen Events ein, damit sie gesehen werden», so Bartsch. Zur queeren Gemeinschaft habe sie einen guten Draht entwickelt: «Ich habe viel mehr Spass mit Menschen aus dieser Szene. Sie sind Experten im Partymachen.»

Sie gab der LGBTQ-Community mehr Präsenz

Ihre Partys erschuf Bartsch mitten in der Aids-Epidemie. Besonders Schwule waren von Ansteckungen mit dem HI-Virus (HIV) betroffen. Die Exil-Schweizerin wurde aktiv. 1989 organisierte sie den «Love Ball» und sammelte Geld für die direkte Hilfe für Menschen mit Aids. «Ich wollte den Dragqueens, den Transmenschen, den Schwulen und Lesben ein Gehör verschaffen.» Schwule litten unter Stigmatisierung, gegen die Bartsch kämpfte: «Einmal habe ich einen Teelöffel abgeleckt, den zuvor ein mit HIV infizierter Freund im Mund hatte. Ich zeigte damit: Diese Menschen sind nicht gefährlich.»

Für ihr Engagement und ihre Arbeit wurde Bartsch unter anderem mit dem Swiss Design Award im Jahr 2022 ausgezeichnet. Die Jury würdigte sie als «äusserst einflussreiche Stilikone» und erwähnte ihren frühen Kampf «für die Rechte der LGBTQ-Gemeinschaft und die Anerkennung von Menschen mit HIV/Aids». Durch ihr Engagement gelte sie in New York als «inoffizielle Schutzpatronin der Transformation und Integration».

Bartsch, eine «Workaholic mit Luxusproblem»

Bis heute wohnt Bartsch im New Yorker Hotel Chelsea. Dort zog sie nicht nur ihren mittlerweile 28-jährigen Sohn Bailey gross, dort verbrachte sie auch Zeit mit ihrem Ehemann, dem Bodybuilder und Fitnessunternehmer David Barton. Seit zehn Jahren leben sie allerdings in getrennten Wohnungen. Bartsch betitelte ihn in einem früheren Interview als «Seelenverwandten».

Müde wird Bartsch auch 40 Jahre nach ihrer Ankunft in New York nicht: Mitte Mai veröffentlichte sie das Buch «Bartschland: Tales of New York City Nightlife». Das Vorwort dafür schrieb Dragqueen-Ikone RuPaul (63). «Ich bin eine Workaholic mit Luxusproblem», sagt Bartsch. «Für mich ist das gar keine Arbeit, weil ich ihr wirklich gerne nachgehe. Ich liebe es, Räume zu kreieren, in denen sich Menschen entfalten können, Spass haben und Energie bekommen.» Einen normalen Bürojob könnte sie nicht wahrnehmen. Dies habe sie einst als junge Frau in London gemacht, als Rezeptionistin in einem Coiffeursalon. «Ich wusste gar noch nicht, was ich mit meinem Leben machen will. Aber sicher nicht das», so Bartsch.

«Partys feiern ist zeitlos»

Die Schweiz habe sie immer wieder mal vermisst. «Dann werde ich nostalgisch und denke daran, wie meine Mutter eine Wähe gebacken hat, wie ich mit meiner Schwester Badminton spielte und wie wir am Waldrand picknickten und Rehe sahen.» Zudem schätze sie die Sicherheit durch den Schweizer Pass. «Das Wissen, immer wieder heimkehren zu können, beruhigt mich. Den US-Pass wollte ich nie. Auch weil das politische Klima in den USA mir Angst macht. Es scheint mir, dass viele Rückschritte anpeilen.»

An ihrem Besuch an der Zurich Pride geniesst Bartsch die ausgelassene Atmosphäre. Die alterslose Nightlife-Ikone lässt sich eine gute Party nicht entgehen. Von Bemerkungen, dass Ausgang nur etwas für Menschen in den Zwanzigern ist, hält sie nichts. «Menschen, die so engstirnig sind, verstehe ich nicht. Leute, die das Nachtleben nicht mögen, mochten es auch mit 18 nicht. Ich sage: Partys feiern ist zeitlos.»

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