Stefan Gubsers Leben nach «Tatort»
«Mein ‹Tatort›-Aus war das Beste, was mir passieren konnte»

Zehn Jahre lang schlüpfte Stefan Gubser in die Rolle von Kommissar Reto Flückiger. Dann erfand er sich neu. Sein neuer «Tatort» ist das Theater. Und zurücklehnen will sich der 64-Jährige noch lange nicht.
Publiziert: 14.11.2021 um 16:42 Uhr
Flavia Schlittler

Plötzlich stand seine Welt still. Im Oktober 2019 schmiss man Stefan Gubser (64) aus der Krimiserie «Tatort». Dies, nachdem er zehn Jahre lang als Kommissar Reto Flückiger ermittelt hatte. «Es fühlte sich an wie ein Tritt in den Hintern. Für mich war das schon hart, zumal die Abmachung ursprünglich eine andere war», sagt er rückblickend. Man habe ihm seitens von SRF versprochen, dass er die Rolle bis 65 spielen könne.

In zwei Jahren hat sich viel verändert – auch seine Perspektive. «Mein ‹Tatort›-Aus war das Beste, was mir passieren konnte», sagt er zu SonntagsBlick. Seine neue Liebe gilt heute der Bühne. Mit dem Psychothriller «Die Deutschlehrerin» feiert er in Deutschland grosse Erfolge. Nächstes Jahr will er damit auch durch die Schweiz touren.

Wolfgang und Helene Beltracchi ergaunerten 20 bis 50 Millionen

Am 20. November steht er mit Regula Grauwiller (50) in der Zürcher Tonhalle vorerst einmalig mit dem Stück «Unverfälscht» auf der Bühne, das sie beide auch produzieren. Die Welturaufführung ist eine szenische Lesung, welche die Geschichte des Kunstfälschers Wolfgang Beltracchi (70) und seiner Gattin Helene (63) erzählt.

Ex-«Tatort»-Kommissar Stefan Gubser lebt nun für die Bühne.
Foto: Alberto Venzago
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Der deutsche Maler war am 27. Oktober 2011 in einem der grössten Kunstfälscher-Prozesse seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wegen gewerbsmässigen Bandenbetrugs zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt worden, seine Gattin zu vier Jahren. Gemeinsam ergaunerten sie zwischen 20 und 50 Millionen Franken.

Im Stück zeigen Gubser und Grauwiller Gemälde und Fotos und zitieren aus Briefen, die sich die Ehepartner während ihrer Inhaftierung geschrieben hatten – nur einen Steinwurf voneinander getrennt.

Stefan Gubser ist fasziniert von der spannenden Lebensgeschichte

Was fasziniert Gubser an den Beltracchis? «Es ist einfach eine unglaublich spannende Lebensgeschichte mit unzähligen Facetten. Von krimineller Energie und endloser Liebe. Sie waren Bonnie und Clyde des Kunstmarktes. Ich habe die Briefe gelesen, die er seiner Frau aus dem Knast geschrieben hat. Die haben mich gefesselt.» Beltracchi habe die Kunstwelt durch seine Fälschungen jahrzehntelang an der Nase herumgeführt und damit auch der absurden Preisgestaltung den Spiegel hingehalten, erzählt Gubser, der das Künstlerpaar immer wieder traf.

«Die beiden sind unglaublich lustig und gebildet.» Zudem hätten sie alle Schulden zurückbezahlt, ihre Strafe abgesessen und somit auch ein Recht auf eine zweite Chance. Heute lebt das Paar in Meggen LU am Vierwaldstättersee.

Für sein Talent wird Wolfgang Beltracchi nach wie vor gefeiert. Bei der Premiere in der Zürcher Tonhalle ist er mit seiner Frau ebenfalls anwesend und zeigt seine neusten Bilder erstmals der Öffentlichkeit.

Lieber kreativ statt depressiv

Für Stefan Gubser ist nach dem Auftritt aber nicht Schluss. Im Gegenteil. Kurz vor dem Lockdown hat er mit Regula Grauwiller die Firma Wortspektakel gegründet. «Damit sind wir ein Risiko eingegangen. Angst hatten wir aber keine. Wir nutzten die Zeit, um neue Theaterstücke und szenische Lesungen zu konzipieren – ohne Furcht vor anspruchsvollen Texten.» Dies sei keine Anspielung auf die von ihm manchmal kritisierten «Tatort»-Drehbücher. «Mein Motto in Corona-Zeiten war immer: Lieber kreativ statt depressiv!»





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