Stephan Klapproth über seine «Palme»
«Meine Frisur ist genetisch bedingt»

«10 vor 10»-Moderator Stephan Klapproth (56) wurde als News-Mann berühmt. Bekannt ist er aber auch für «Die Palme», seinen kultigen Haarschnitt.
Publiziert: 27.04.2015 um 18:04 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 20:16 Uhr
Stephan Klapproth und seine berühmte «Palme».
Foto: SRF
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Von Katja Richard

Haben Sie die Nase voll von der Nachrichtenwelt?
Stephan Klapproth:
Nie! Sobald ich in die Aktualität eintauche, wird es zwar stressig, aber nie langweilig. Als Student hab ich mal als Bibliothekar-Assistent gearbeitet, die Zeit ging kaum vorbei. Ich liebe das Adrenalin und das rote Licht, wenn wir auf Sendung gehen.

Bei «10vor10» sind Sie aber nur noch bis Ende September zu sehen. Warum der Wechsel zu «Sternstunde Philosophie»?Ich freue mich darauf, mich ganz in etwas vertiefen zu können. Jetzt bereite ich mich auf fast einstündige Gespräche vor. Statt einen Tag bin ich zwei Wochen bis zur Sendung kribbelig.

Wie gehen Sie mit Katastrophenmeldungen um?
Mir geht das sehr nahe. Im Privatleben bin ich eine Mimose. Ich könnte nie einen Horrorfilm schauen, schon ein Tennismatch ist eine Nervenbelastung. Für mich ist es einfacher, schwierige Themen auf der Redaktion zu verarbeiten. Es ist wie bei einem Feuerwehrmann: Man handelt einfach und hat nicht lange Zeit zu überlegen, wie man sich fühlt.

Wie schalten Sie ab?
Im Kajak auf dem Zürichsee. Ich bin in Luzern am See aufgewachsen, das Wasser ist mein Element. 50 Meter vom Ufer weg bin ich der König. Selbst wenn ich noch den Lärm vom Bellevue wahrnehme, ist es bei mir schon still.

Sie haben auch eine Wohnung in Genf ...
Ja, ich bin regelmässig in der Westschweiz, weil ich an den Unis in Neuenburg und Genf unterrichte.

Und weil Sie dort mehr Privatsphäre haben.
Ich habe inzwischen gemerkt, dass es ideal ist, ein «Local Hero» zu sein. Ein bisschen Berühmtheit, das schmeichelt der Seele. Aber es kann auch anstrengen, wenn man sich immer beobachtet fühlt. In Zürich kennen mich neun von zehn Leute. In Genf ist das umgekehrt. Und der Kellner im Restaurant ist zu mir genauso unfreundlich wie zu allen anderen.

Werden Sie bevorzugt?
Ich denke schon. Es ist ein bisschen, als ob man in einer Wunderwelt leben würde, in der alle immer freundlich sind.

Sie behalten Ihr Privatleben sehr für sich, warum?
Es ist so unspektakulär wie bei jedem anderen auch. Ich komme aus einer grossen Familie. Als ich vor über 20 Jahren zum ersten Mal in meiner Funktion als Moderator fotografiert wurde, habe ich beschlossen, diesen Kreis für mich zu behalten. Darum sieht man mich nicht mit meiner Frau an irgendwelchen Anlässen.

Ihre Frisur wurde als «Die Palme» berühmt. Ärgert Sie das?
Oh nein, darüber amüsiere ich mich. In den letzten 22 Jahren habe ich deswegen nicht eine einzige Zuschauerbeschwerde bekommen. Und auch der Coiffeur-Verband hat sich nie gemeldet. Letztendlich kümmert es mich nicht, ich frisiere mich jeden Morgen gleich mit einer Handvoll Gel, meist noch im Halbschlaf. Mein Grossvater hatte übrigens die gleiche Frisur. Er hat die Palme in die Familie gebracht. Ich kann also nichts dafür, das ist genetisch bedingt.

Was haben Sie sonst noch von Ihrem Grossvater geerbt?
Er hat mich als Kind sehr beeindruckt. Obwohl er am Stock ging, alt und blind war, wirkte er jung. In seiner Sprache und im Denken war er sehr leichtfüssig und elegant.

Warum war er blind?
Mein Grossvater Ferdinand Gonseth kam aus einer armen Uhrmacherfamilie im Jura, er war das jüngste von neun Kindern. Alle mussten bei den Bauern auf dem Feld helfen, nur er hat auf dem Estrich im Dunkeln gelesen. Das führte zu einer Netzhautablösung. Er musste ein Jahr lang im abgedunkelten Zimmer bleiben. Der Pfarrer kam jeden Tag, um ihm vorzulesen. Wegen seines Talents bekam er die Matura quasi geschenkt, studierte und wurde Professor für Wissenschaftsphilosophie.

Die Eloquenz haben Sie von ihm?
Nicht nur, auch von meinen Eltern. Sie waren beide in jungen Jahren Journalisten und sehr kulturorientiert. Jeden Freitag gingen sie ins Theater, und es kamen oft befreundete Schauspieler aus dem Stadttheater Luzern auf Besuch. Das waren faszinierende Leute, ein bisschen crazy, aber auch unstet. Ich war ehrlich gesagt froh, dass meine Eltern so gutbürgerlich und verlässlich waren und mir zugleich ein so spannendes Umfeld boten.

Woran glauben Sie?
Religiös formuliert, bin ich Agnostiker. Ich glaube nicht an einen Gott, verneine ihn aber auch nicht. Erkenntnistheoretisch ist es ja so: Wir wissen, dass wir nicht wissen, was da draussen ist. Mit Denken allein können wir das nicht lösen.

Wie wäre es mit dem Fühlen?
Ich bin Konstruktivist und glaube, dass sich jeder seine eigene Realität erschaffen kann. Da ist alles erlaubt, also jede Hoffnung. Menschen, die ihr Leben heiter und mit Zuversicht gestalten, sind auch glücklicher. Der Philosoph Friedrich Nietzsche schreibt vom unersättlichen Hunger aufs Leben und über den Wunsch ewiger Wiederkunft, das kann ich nachvollziehen.

Wiedergeburt ist für Sie ein Thema?
Ob es eine Reinkarnation im Sinne des Dalai Lama gibt – who knows? Aber ich kenne diesen Hunger, Schönes nochmals erleben zu wollen. Wenn ich wählen könnte, ich käme bestimmt wieder. Bei den Musikern nennt man das «da capo»: «Spielen wir es noch einmal.» Das ist meine Lebensphilosophie.

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