TV-Star Patrick Rohr erklärt, worauf es in Japan ankommt
Blick hinter den Mundschutz

Diese Woche erscheint Patrick Rohrs Fotoband «Japan – Abseits von Kirschblüten und Kimono». Exklusiv im BLICK hat er zehn wichtige Punkte für eine geglückte Japan-Reise für Schweizer Erstreisende zusammengestellt.
Publiziert: 20.11.2017 um 20:59 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:26 Uhr
Fischverkäufer Yukinobu kocht Nabe mit Patrick Rohr und Übersetzer Dennis Ginsig.
Foto: SRF/Reto Vetterli
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Patrick Rohr

Für Europäer ist Japan oftmals ein Buch mit sieben Siegeln. Erst in jüngster Zeit ist ein Reiseboom ins Land der aufgehenden Sonne entstanden. Patrick Rohr (49) erklärt anhand von zehn Beispielen, wo die Fallstricke liegen und auf was Reisende achten sollten, um sich nicht zu blamieren.

Begrüssung

In Japan gibt man sich zur Begrüssung nicht die Hand, sondern verbeugt sich vor dem Gegenüber. Dabei legt man die Hände auf die Oberschenkel. Wie tief man sich verbeugt, hängt von der sozialen Hierarchie ab – der Wirt verbeugt sich tiefer als der Gast, der Jüngere tiefer als der Ältere. Aus Höflichkeit und Unsicherheit, was nun richtig ist, habe ich mich oft tief nach unten verbeugt – was dazu führte, dass meine Gesprächspartner sich mir als Gast gegenüber noch tiefer verneigten.

Mundschutz

Viele Japanerinnen und Japaner tragen einen Mundschutz. Zu Beginn hat mich das irritiert – ich empfand die Luft in Tokio als ebenso rein wie bei uns. Dann liess ich mich aufklären, dass man in Japan den Mundschutz nicht wegen der Luftqualität trägt, sondern um bei einer Erkältung die anderen Menschen vor einer Ansteckung zu schützen. Und der Mundschutz hilft auch bei Heuschnupfen.

Schlürfen

Bei uns gilt Schlürfen beim Essen als sehr unanständig. In Japan ist es andersrum: Da wird es geradezu herzhaft getan. Der Grund: Erst wenn man die Luft zusammen mit der Speise einzieht, entfaltet sich der volle Geschmack des Essens im Gaumen. Ich zucke noch immer zusammen, wenn die Leute im Restaurant rund um mich schlürfen, aber nach ein paar Minuten mache ich mit.

Schuhe ausziehen

In Japan zieht man beim Betreten eines Hauses die Schuhe aus – nicht nur in Privathäusern, sondern meist auch in Restaurants, Museen und den traditionellen japanischen Hotels, den Ryokans. Es gibt einen eigens dafür vorgesehenen Bereich bei der Eingangstür, der meist etwas tiefer liegt als der eigentliche Boden. Dann schlüpft man in ein Paar Finken, die überall bereitstehen, und bewegt sich mit diesen – ausser wenn es Tatami-Matten auf dem Boden hat, dort bewegt man sich nur in Socken.

Visitenkarten

In Japan stellt man sich – nicht nur, aber vor allem bei geschäftlichen Gelegenheiten – mit seiner Visitenkarte vor. Man fasst sie mit Daumen und Zeigefinger beider Hände und übergibt sie während der ersten tiefen Verbeugung dem Gegenüber. Erhält man eine Karte, empfängt man diese ebenfalls mit beiden Händen und studiert sie ganz genau, bevor man sie sorgfältig wegsteckt, zum Beispiel ins Portemonnaie. Ich hatte meine Visitenkarten auf meiner ersten Reise zu Hause vergessen – ein grosser Fauxpas! Und einmal steckte ich die Karte eines Gesprächspartners einfach mit der rechten Hand in meine hintere Hosentasche – noch viel schlimmer!

«Luft lesen»

In Japan sagt man ganz vieles, was man denkt, nicht. Oder man sagt es nicht direkt, weil man das Gegenüber nicht verletzen möchte. Aus diesem Grund muss man «die Luft lesen» können und das Unausgesprochene heraushören. Ich hatte zum Beispiel mit einem Mann vereinbart, dass ich ihn für mein Buch bei ihm zu Hause fotografieren würde. Als wir ihn am nächsten Tag anriefen, sagte er am Telefon mehrmals, dass er nicht aufgeräumt hätte – was ich laut meinem Reisebegleiter aus der Schweiz, dem Halbjapaner Dennis Ginsig, hätte verstehen sollen als: «Ich habe es mir anders überlegt, ich möchte doch nicht, dass du mich zu Hause fotografieren kommst.» Ich habe dann zum Glück die Luft nicht gelesen – es gab sehr schöne Bilder bei ihm zu Hause. 

«Nein» vermeiden

In Japan sagt man auch nicht Nein, weil das als unhöflich empfunden wird. Man weicht aus oder umschreibt, wenn man etwas nicht weiss oder nicht möchte. Das kann im Gespräch mit uns Westlern zu eigenartigen Situationen führen: Wenn man jemanden nach dem Weg fragt, wird man möglicherweise an einen völlig falschen Ort geschickt – nur weil die Person, die man gefragt hat, nicht zugeben kann, dass sie den Weg nicht kennt.

Anstehen

In Japan steht man beim Warten auf den Zug oder den Bus an, in Einer- oder Zweierreihen, je nachdem, wie es auf dem Boden angegeben ist. Wenn der Zug ankommt, steigt man auch in dieser Reihenfolge ein, da gibt es kein würdeloses Gedränge und Geschubse wie an unseren Bahnhöfen.

Links fahren

Achtung, in Japan herrscht Linksverkehr! Ich musste mich, als wir zum ersten Mal ein Auto mieteten, einen halben Tag daran gewöhnen. Spätestens als ich zwei Pfosten umgefahren hatte, wurde mir bewusst, dass ich die Abstände völlig falsch eingeschätzt hatte.

Nase schnäuzen

Man schlürft zwar beim Essen, aber man schnäuzt sich nie die Nase. Das würde als extrem unhöflich gelten. Wenn man erkältet ist, tupft man sich höchstens die Nasenspitze mit einem Tüchlein leicht ab – oder zieht den Rotz hinauf. Das gilt immer noch als höflicher, als sich die Nase zu schnäuzen.

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