Vom Jugendheim ins Hallenstadion
Die Schicksalsgeschichte des Berner Rappers HA06

Der Berner Rapper HA06 musste für seine Karriere einen steinigen Weg gehen. Seine Kindheit war gezeichnet von häuslicher Gewalt und Aufenthalten in verschiedenen Heimen. Doch die Musik hat ihm die Kraft gegeben, niemals aufzugeben.
Publiziert: 14.01.2024 um 12:02 Uhr
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Aktualisiert: 14.01.2024 um 14:54 Uhr

Mit drei Geschwistern musste Hame Genev Ali (24) schon in jungen Jahren die brutale Realität häuslicher Gewalt erleben. Aufgewachsen in Bern, musste er zu Hause tagtäglich seinen gewalttätigen Papa aushalten. Er hinterliess nicht nur physische, sondern auch tiefe emotionale Narben bei Hame. «Es prägt einen sehr, mit ansehen zu müssen, wie deine Geschwister und deine Mutter vom eigenen Vater geschlagen werden», erzählt er. 

Die Situation eskalierte und Hames Mutter hielt es nicht mehr aus. Sie flüchtete nachts durch das Fenster, während Hame gerade elf Jahre alt war. Ihre Flucht führte sie in ein Frauenheim, begleitet von Hames zwei jüngeren Brüdern. Hame und sein dritter Bruder blieben beim gewalttätigen Vater zurück. Der Druck zu Hause liess den damals 11-Jährigen in eine düstere Welt abdriften.

Vater hat die Familie beklaut

Nachdem seine Eltern vorübergehend wieder zusammengekommen waren, endete dies in erneutem Chaos. Sein Vater stahl Gold im Wert von 30'000 bis 40'000 Franken von Hames Mutter, um schliesslich nach Syrien zurückzukehren und erneut zu heiraten. Der Kontakt zu Hamed brach ab, während seine Mutter, alleinerziehend und sprachlich benachteiligt, vor finanziellen Problemen stand.

HA06 bei seinem Auftritt an der Rap City Season 05 im Hallenstadion.
Foto: Aaron Faas
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Die Behörden wurden auf die prekäre Situation aufmerksam, und Hame kam ins Heim. Ein einstiges «Papakind» musste sich nun in einer kalten Umgebung zurechtfinden. Nach turbulenten Jahren fand er in einer Pflegefamilie im abgelegensten Dorf der Schweiz vorübergehend Ruhe. Ein Jahr verbrachte er dort. Ohne jeglichen Kontakt zur Aussenwelt. Die nächste Busstation war über vier Kilometer entfernt. «In dieser Zeit habe ich wichtige Dinge fürs Leben gelernt», erzählt Hame. «Ich habe zu mir gefunden und mir wurde Menschlichkeit beigebracht. Ich bin wirklich froh, dass ich dort sein durfte.» 

Unfreiwillig in geschlossener Anstalt

Zurück in Bern, fing Hame eine Lehre als Schreiner an. Die Arbeit und die Rückkehr zur Mutter sollten wieder Normalität in sein Leben bringen. Doch nur drei Wochen später brach er die Lehre ab. Hame fand sich in der Arbeitswelt nicht zurecht. Man steckte ihn darauf in eine der härtesten geschlossenen Anstalten der Schweiz. 

Nach Jahren des Kampfes gegen die Dämonen seiner Vergangenheit, geprägt von Drogenmissbrauch und Straftaten, suchte Hamed mit 18 Jahren Hilfe beim Sozialamt. Eine KV-Lehre und eine eigene Wohnung schienen den Wendepunkt zu markieren, aber die Vergangenheit holte ihn erneut ein. Zwei Schicksalsschläge liessen ihn abstürzen, bis er schliesslich auf der Strasse landete und wieder bei seiner Mutter Zuflucht suchte.

Musik war ein Lichtblick

Die Rettung für Hame kam in Form von Musik. Der Rapper nahm seinen ersten Song 2014 auf und erhielt 2023 eine Chance beim Rap-City-Contest. Für Hamed war dies der Wendepunkt. Er schaffte es in den Halbfinal, der am Open Air Frauenfeld auf der Rap City Stage stattfand, und wurde dort in den grossen Final gewählt.

Dieser fand an der Rap City Season 05 am 18. November 2023 im Hallenstadion Zürich statt. Vor 10’000 Zuschauern performte er zwei Songs, überzeugte das Publikum und die Jury und sicherte sich den Sieg. 

Eigene EP mit Sony Music Schweiz

Dieser bringt ihm nun die Möglichkeit, eine EP in den Red Bull Studios Berlin aufzunehmen und mit Sony Music Schweiz zu veröffentlichen. Zudem hat er einen Slot an der Rap City Season 06 am 23. November 2024 auf sicher. Für Hame eine riesige Chance, die er nutzen möchte. 

Hame Genev Ali, alias HA06, hat mit seiner Lebensgeschichte den Weg vom Abgrund zur triumphalen Rap-Karriere gemeistert. (fmü) 

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