Wie echt ist Katja Stauber in der «Tagesschau»?
«Ich bin keine sprechende Puppe»

SonntagsBlick trifft «Tagesschau»-Ikone Katja Stauber zum grossen Sommer-Interview kurz vor ihrem 56. Geburtstag. Die TV-Lady ist bester Laune.
Publiziert: 05.08.2018 um 19:00 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:46 Uhr
TV-Lady Katja Stauber über ihren Job, ihre Wurzeln – und die Hitze.
Foto: Siggi Bucher
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Interview: Jean-Claude Galli

SonntagsBlick trifft «Tagesschau»-Moderatorin Katja Stauber (55) auf der Terrasse des Restaurants Pflugstein in Erlenbach ZH mit Blick auf den Zürichsee. Seit über 25 Jahren ist Stauber beim SRF, seit 35 Jahren im Newsgeschäft.

Frau Stauber, mögen Sie die Hitze eigentlich?
Katja Stauber: Ich mag den Sommer in der Schweiz. Aber im Moment könnte ich mich schon auch für den Spätfrühling oder den Frühherbst begeistern.

Sie sind immer präsent, das ganze Jahr über zu sehen. Keine Belastung?
Wir arbeiten ja nicht 52 Wochen am Stück. Aber wenn es nur vier Leute gibt, die den Job in der Hauptausgabe machen, muss man sich bei den Ferien halt gut abstimmen. Und wenn dann noch zwei davon verheiratet sind, kann es Engpässe geben. Aber weil wir ein tolles Team sind, hat es noch immer geklappt.

Nie Angst, sich das Bein zu brechen?
Mit Angst in die Ferien zu fahren, halte ich für keinen guten Ansatz.

Sie sind seit 35 Jahren im Newsgeschäft. Was hat sich am stärksten verändert?
Das Tempo. Früher konnte man sich etwas mehr Zeit lassen. Damals war für die allermeisten die «Tagesschau» um 19.30 Uhr der Erstkontakt mit den bebilderten News des Tages. Wer heute einschaltet, kennt so ziemlich alle Breaking News. Also müssen wir mehr einordnen, analysieren und Schwerpunkte setzen. Eine Push-Meldung auf dem Handy erzählt ja nicht die ganze Geschichte.

Haben Sie eine Art Testpublikum? Leute, die Sie stets konsultieren?
Nicht wirklich. Aber mein Mann würde mir schon sagen, wenn ich völlig schräge Sachen bieten würde. Und ich ihm auch (lacht). Ich bin ja auch keine blutige Anfängerin mehr, sondern mache das schon so lange, dass ich ganz gut weiss, was geht und was nicht. TV-Nachrichten sind mein Beruf, nicht mein Hobby. Erfahrung und Instinkt sind wichtig. Und wir arbeiten im Team: Produzenten, Autoren, Korrektoren. Mit sachlicher Kritik kann ich umgehen. Wenn dagegen jemandem meine Frisur und meine Kleider nicht gefallen: Geschmack ist Meinung, nicht Fakt. Da wären wir wieder. Jeder darf seine Meinung haben.

Sie überbringen auch schlechte Nachrichten. Solche Botschafter wurden in anderen Kulturen und früheren Zeiten schon mal geköpft. Lassen Sie das an sich heran?
Wir haben ja meistens eine gewisse Distanz, registrieren die Nachrichten schon eine Weile vor der Sendung und ordnen sie ein. Ab dem Moment, in dem das rote Licht im Studio angeht, werden die News so sachlich und faktentreu wie möglich samt Hintergründen vermittelt. Natürlich fällt das mal leichter, mal schwerer. Richtig schwer wirds bei Kindern. Beispiel Syrien. Wer als Newsprofi abstumpft, sollte aufhören. Als Newsjournalistin höre ich ja nicht auf, ein Mensch zu sein. Im Studio zeige ich keine Seite, die ich sonst nicht habe. Ich zeige einfach nicht alle Seiten. Eine Rolle zu spielen, wäre anstrengend. Und unglaubwürdig.

Sie sind nahe bei sich selber?
Live und in Farbe. Klar: Die Nachrichtenmoderation ist mein Job und eine Funktion. Aber ich bin keine Schauspielerin. Und keine sprechende Puppe.

Leben Sie eigentlich gerne hier?
Unbedingt, das ist das beste Land der Welt. Manche Leute haben Auswanderungsgelüste, das könnte ich mir nie vorstellen. In der Schweiz zu leben, ist ein Privileg, das man gar nicht überschätzen kann. Hier hat man den Sechser im Lotto. Hunger, Korruption, politische Willkür, Krieg: Das kennen die allermeisten hier nur aus den Nachrichten.

Sie schämen sich als Schweizerin für nichts?
Schämen? Nein. Natürlich bin ich nicht ausnahmslos mit allem einverstanden. Wer ist das schon?

Sie haben neben dem schweizerischen auch noch den deutschen Pass. Aber Sie fühlen sich als Schweizerin?
Ganz und gar. Per Definition bin ich ja nicht einmal eine Seconda, weil ich nicht in der Schweiz geboren bin. Aber das sind nur Äusserlichkeiten. Hier bin ich ganz und gar daheim. In Deutschland bin ich eher Touristin. Auch wenn man mir das nicht anhört. Ich träume auf Schweizerdeutsch. Glaube ich wenigstens. Und mit meinem Mann – der auch deutsche Wurzeln hat – spreche ich schweizerdeutsch. Die Schweiz ist unsere Heimat.

Wollen Sie bis zur Pensionierung beim SRF bleiben?
Ausser Reisepläne mache ich kaum Pläne. Vielleicht finde ich eines Tages: So, ich habe genug. Vielleicht auch nicht. Mal schauen. In drei Wochen werde ich 56. Je nachdem, wohin das Pensionsalter wandert, hab ich noch ein, zwei Jahre mehr. Als ich mit 30 beim SRF anfing, hab ich mir gesagt: Ich gebe mir mal fünf Jahre. Und wo bin ich? Immer noch da (lacht). Das zeugt von einem interessanten Job, den ich da beim SRF habe. Der Journalismus wird mich nicht mehr loslassen. Dazu brauche ich keinen Plan.

Waren Sie als junge Frau mal bei einem Berufsberater?
Ja. Er hat die Schublade aufgemacht und geschaut, wo es offene Lehrstellen gab. Sie müssen wissen: Ich war eine fürchterlich faule Schülerin mit entsprechenden Noten. Also schaut der in seine Schublade und meint: «Mmh. Floristin.» Dabei ging damals jede Pflanze in meinen Fingern ein. Fürs KV reichten die Noten nicht. Aber etwas später ging der Knopf auf: eidgenössische Matur, dann habe ich das Jurastudium angefangen. Der Berufsberater hat sicher sein Bestes gegeben. Und ich dann auch (lacht). Vielleicht hätte er noch an eine Gipserin gedacht.

Frauen in klassischen Männerberufen …
Finde ich cool. Sie nicht? Da tun sich ganz neue Chancen und Wege auf. Und es macht auch keinen Sinn, wenn alle nur noch studieren. Am Schluss kann keiner mehr eine Lampe aufhängen. Wenn alle nur noch Kommunikation studieren, wirds zappenduster im Land.

Und Ihre Söhne?
Beide haben eine Berufsmatur. Der eine will jetzt aber doch noch zur Uni. Der andere hat einen tollen Job und macht gerade im Militär weiter. Die sind gut unterwegs.

Letzte Frage. Was wir eigentlich schon immer wissen wollten und nie zu fragen wagten: Welches ist Ihre Schokoladenseite?
Das weiss ich ehrlich gesagt selber nicht. Auch nach 35 Jahren. Aber das hält mich jetzt nachts nicht gerade wach. Die TV-Moderation ist ja eine schizophrene Sache: Einerseits spielt Eitelkeit eine gewisse Rolle, sonst würde man den Job nicht machen. Andererseits sind Kameras und Scheinwerfer schonungslos. Wenn du doof guckst, dann guckst du doof. Da hilft keine Schminke.

Von Südwestafrika ins Schweizer Fernsehen

Katja Stauber wurde am 23. August 1962 in Blomberg (D) geboren und verbrachte die ersten sieben Lebensjahre im damaligen Südwestafrika. Nach der Matur studierte sie vier Semester Rechtswissenschaften an der Uni Zürich. Ihre Medienkarriere startete sie 1984 bei Radio 24. Seit 1992 ist Stauber Moderatorin und Redaktorin bei der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens. Sie lebt mit ihren zwei Söhnen aus erster Ehe und ihrem jetzigen Ehemann, dem «Tagesschau»-Kollegen Florian Inhauser, in Erlenbach ZH.

SRF/Oscar Alessio

Katja Stauber wurde am 23. August 1962 in Blomberg (D) geboren und verbrachte die ersten sieben Lebensjahre im damaligen Südwestafrika. Nach der Matur studierte sie vier Semester Rechtswissenschaften an der Uni Zürich. Ihre Medienkarriere startete sie 1984 bei Radio 24. Seit 1992 ist Stauber Moderatorin und Redaktorin bei der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens. Sie lebt mit ihren zwei Söhnen aus erster Ehe und ihrem jetzigen Ehemann, dem «Tagesschau»-Kollegen Florian Inhauser, in Erlenbach ZH.

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