Die «10 vor 10»-Moderatorin ist zwölf Stunden im Einsatz
Wahl-Marathon für Susanne Wille

Von 12 Uhr mittags bis Mitternacht führt Susanne Wille (45) am Sonntag durch die SRF-Wahlsendung. Was für ein Marathon! Wie schafft sie das? Wie hat sie selber gewählt? Und wie kontert sie Wahlverlierer, die ihre Niederlage schönreden?
Publiziert: 19.10.2019 um 18:36 Uhr
|
Aktualisiert: 21.10.2019 um 09:18 Uhr
Das SRF-Teaserbild für die Wahlsendung von heute Sonntag: Moderatorin Susanne Wille im Nationalratssaal.
Foto: SRF
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Peter Padrutt und Jean-Claude Galli

Wie viele Kaffees und Power-Riegel braucht selbst eine arrivierte Moderatorin, um eine Zwölf-Stunden-Monster-Sendung durchzustehen? Susanne Wille (45) gibt lachend zu, dass es nicht ohne geht. «Tatsächlich hat mir ein Kollege Sportlernahrung besorgt. Das hilft bestimmt», sagt die Marathon-Frau. Von zwölf Uhr bis Mitternacht steht die Aargauerin am Sonntag für die Sendung «Wahlen 19» im Zürcher Studio. Mit dieser Leistung war sie schon vor vier Jahren heimliche Wahlsiegerin.

Doch sie stellt klar: «Eine zwölfstündige Wahlsendung ist immer Teamarbeit, keine One-Woman-Show.» Nur vor der Kamera muss sie alleine durch. Ohne Teleprompter. Was bedeutet: «Ich muss in Sekundenbruchteilen reagieren können, die verschiedenen Ausgangslagen und Besonderheiten in den Kantonen präsent haben – sowohl betreffend National- wie Ständeratswahlen.» 

Eine ganze Wand habe sie zugepflastert mit Porträts von allen Kantonen, Köpfen, Listenverbindungen und Wähleranteilen. «In der Sendung muss ich das sofort und spontan abrufen.» 

Der Takt sei so enorm, dass an einen Tenuewechsel nicht zu denken sei. «Schlicht unmöglich.» Sie werde in einem «zwölfstündigen Flipperkasten» sein – einer Sendung voller Überraschungen wie 2015.

Trotzdem fand sie noch Zeit, Kreuze zu machen. «Ich habe den Wahlzettel mit meinem 14-jährigen Sohn Enea ausgefüllt», sagt Wille, die auch als Mama vorbildlich ist. «Wir haben die Parteiprospekte entlang des politischen Spektrums ausgelegt.» Der Sohn habe viele Fragen gestellt. «Das war eine schöne Übung. Schliesslich wird er in vier Jahren erstmals wählen können.»

Die Oma liefert das Motto zum Frauenwahljahr 2019 

Wille stammt aus einer CVP-Familie, ihr Vater war Grossrat im Aargau. Würde sie es nicht schmerzen, wenn die CVP Anteile einbüssen würde? Wille merkt, wohin die Frage zielt. «Cleverer Versuch. Sie könnten mich ja genauso zur SVP oder zur FDP und jeder anderen Partei fragen», antwortet sie. «Als SRF-Politmoderatorin äussere ich mich nicht zu meiner parteipolitischen Haltung.»

Immerhin spricht sie über ihre verstorbene Oma, der sie vor vier Jahren jenen Medienpreis widmete, den sie für die damalige Wahlsendung erhielt.  «Meine kluge Grossmutter hatte bereits als Teenager nach dem frühen Tod ihrer Mutter für ihre zehn jüngeren Geschwister zu sorgen und wäre gerne länger zur Schule gegangen», so die SRF-Newsfrau. «Sie sagte stets: ‹Ihr Frauen von heute müsst eure Freiheiten nutzen. Macht etwas daraus.› Dieses Motto würde perfekt zum Frauenwahljahr 2019 passen.»

Sich Köpfe merken, keinen Zahlensalat liefern und keine Hänger haben. Alles nicht einfach. Welche Politiker sind besonders schwierig zu knacken? «Sicher jene geschulten, die viele Interviews geben und ihre Positionen mantramässig wiederholen, ohne auf die Frage einzugehen», sagt sie nach kurzem Überlegen. «Es ist dann meine Aufgabe, hier nachzuhaken.» Da habe sich aber etwas bewegt: Heutzutage würden sich Politiker eher kritischen Fragen stellen, das sehe man auch im Ausland.

«Journalistisches Handwerk»

Trotzdem: Ist es nicht manchmal schwierig, neutral zu bleiben? Wille formuliert es so: «Ich rede lieber von sachgerecht. Hinter dem sperrigen Begriff steckt etwas Einfaches», konstatiert sie. «In einem Interview vertritt eine Person aus der Politik ihre Meinung», sagt sie. «Ich nehme jeweils mit kritischen Fragen eine Gegenposition ein, damit das Publikum Argumente von verschiedenen Seiten hört und sich eine Meinung bilden kann. Das ist journalistisches Handwerk.»

Um Mitternacht läuft Wille ins Ziel. Erschöpft vermutlich, aber wieder preisverdächtig. Jede andere wäre reif für die Insel. Doch sie sagt: «Die Woche nach der Wahlsendung ist gefüllt, ich bin auch im ‹10 vor 10›-Dienst. Schweizer Berge und Skifahren kommen später im Jahr.»

Susanne Willes strengster Tag

7 Uhr:       Aufstehen, rennen/Sport

8 Uhr:       Letzte Vorbereitungen. Ausgangslagen in den Kantonen studieren

9 Uhr:       Maske

10 Uhr:       Leitungstest und technische Proben

12 Uhr:       Start Livesendung mit Höhepunkten 16/18/20 Uhr, Hochrechnungen und Elefantenrunde

24 Uhr:       Sendeschluss, nach Mitternacht Teamsitzung, Debriefing und Ausklang

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