Blick-Redaktor Michel Imhof wurde für seinen Enthusiasmus oft belächelt
Ich war schon immer ESC-Fan – trotz allem

Immer wieder musste Blick-Journalist Michel Imhof seine Liebe zum Eurovision Song Contest rechtfertigen. Dass nun mehr Leute Freude am grössten Musikevent der Welt gefunden haben, freut ihn.
Publiziert: 12.05.2024 um 16:34 Uhr
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Aktualisiert: 12.05.2024 um 17:15 Uhr
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Was für eine unvergessliche Nacht! Die Schweiz hat den 68. Eurovision Song Contest in Malmö (Schweden) gewonnen. Nemo (24) sicherte sich den Sieg am grössten Musikwettbewerb der Welt – und dies genau 50 Jahre nach Abba. Damit reiht sich der ESC-Star aus Biel in eine Reihe mit Lys Assia (1924–2018) und Céline Dion (56) ein. Ich stand während der Sendung im Publikum – und vergoss einige Tränen, Freudentränen natürlich. Den ESC wieder in die Schweiz kommen zu sehen, in sein Geburtsland – ein unglaublich tolles Gefühl.

Meine erste ESC-Erinnerung geht zurück ins Jahr 1998. Damals landete Gunvor (49) in Birmingham mit dem Titel «Lass ihn» auf dem letzten Platz und erzielte sogar die schmachvollen «Zero Points». Trotz des desaströsen Ergebnisses der Schweiz fesselt mich das TV-Ereignis seither.

ESC ist eine Feier der Freude, des Zusammenhalts und der Ausgelassenheit

Auch wenn die Schweiz damals wegen des schlechten Abschneidens nur jedes zweite Jahr mit dabei war und nach der Einführung des Halbfinals im Jahr 2004 meist schon nach der Vorrunde nach Hause fahren musste: Der Glitzer, die spektakuläre Show und die durchdachten, manchmal etwas irren Inszenierungen begeistern mich. Dass ich manchmal dafür belächelt wurde – mir egal. 

Nemo hat den Eurovision Song Contest in Malmö mit dem Titel «The Code» gewonnen. Die ganze Schweiz fieberte mit Nemo mit.
Foto: AFP
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Der Eurovision Song Contest ist eine Feier der Freude, des Zusammenhalts, der Ausgelassenheit. Er war schon immer bunt – Abba sorgten beispielsweise 1974 mit ihren bunten Kostümen für verwunderte Blicke. Und der ESC hat eine aufklärerische Wucht. 1998 gewann mit Dana International (55) eine trans Frau für Israel, 2014 mit Conchita Wurst (35) eine Dragqueen für Österreich und 2024 nun eine non-binäre Person für die Schweiz – alles auch ausgestrahlt in Ländern, die bei den Rechten für LGBTQ-Menschen noch arg hinterherhinken. 

Bei schlechten Ergebnissen im Fussball fordert niemand Niederlegung der Teilnahme

Auch in Zeiten, als Piero Esteriore (46) mit dem Lied «Celebrate!» am ESC 2004 in Istanbul versagte und danach von Stefan Raab (57) durch den Kakao gezogen wurde, blieb ich dem Contest treu. Jahr für Jahr blieben grosse Erfolge der Schweiz aus. Seit 2015 berichte ich für Blick vom ESC, die ersten vier Jahre bedeutete dies stets die Heimfahrt nach dem Halbfinal. Vereinzelte Politiker forderten, die Schweiz solle sich nicht mehr am ESC beteiligen. Bei der Fussball-WM oder -EM käme bei Niederlagen niemand auf diese Idee.

Wenige Wochen vor Nemos Triumph war in vielen Köpfen noch immer das Bild der Punkteschieberei zwischen verschiedenen Ländern eingebrannt. Die Schweiz könne auf solche «Freundschaften» nicht zählen und darum den ESC ohnehin nicht gewinnen. Jetzt wissen wir es besser. 

Das ESC-Fieber ist endlich in der Schweiz angekommen

Die Bilder von Schweizerinnen und Schweizern, die am Bildschirm mitfieberten, als Nemo 22 Mal «12 Points» einsammelte, berührten mich tief. Der Enthusiasmus, den ich schon lange für den ESC verspüre, erreichte seinen fantastischen Höhepunkt. Begonnen hatte die Erfolgswelle mit Luca Hänni (29) im Jahr 2019, Gjon's Tears (25) konnte den Erfolg 2021 ausbauen. Und jetzt sind wir die Gewinner von Malmö.

Nächstes Jahr werden die ESC-Fahnen in der Schweiz gehisst. Ich freue mich schon jetzt wie ein kleines Kind, mit Freunden und Familie diesen Eurovision-Geist in unserem Land zu teilen. Das ESC-Fieber ist endlich in der Schweiz angekommen. Danke, Nemo!

So lange dauerte die Partynacht von Nemo nach ESC-Sieg
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Blick-Reporter Imhof erklärt:So lange dauerte die Partynacht von Nemo nach ESC-Sieg
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