Das ist der Trailer zu «Davos 1917»
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Neue SRF-Serie:Das ist der Trailer zu «Davos 1917»

Mit diesem Budget ist die neue Serie «Davos 1917» zum Erfolg verdammt
Für das SRF steht viel auf dem Spiel

«Davos 1917» ist die bisher teuerste SRF-Serien-Produktion. Der Anteil von SRG/SRF beträgt sieben Mio. Franken, das ganze Budget zusammen mit der ARD 18 Millionen. Gute Zuschauerzahlen sind ein Muss, um Kritik aus dem Umfeld der Halbierungs-Initiative zu verhindern.
Publiziert: 10.12.2023 um 09:06 Uhr
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Aktualisiert: 15.12.2023 um 18:15 Uhr
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Jean-Claude GalliRedaktor People

Die Erwartungen sind gross, der Erfolgsdruck ebenso. Am nächsten Sonntagabend laufen auf SRF die ersten Folgen der sechsteiligen Spionageserie «Davos 1917», der teuersten Produktion, an der das Schweizer Fernsehen jemals beteiligt war. 18 Millionen Franken betrug das Budget, der Finanzierungsanteil von SRG/SRF liegt bei 7 Millionen. SRF konnte die Reihe dank der Kollaboration mit der ARD für das schweizerische und internationale Publikum entwickeln. Gedreht wurde von November 2022 bis März 2023 in der Region Prättigau/Davos GR, im Unterengadin und in Deutschland.

Die fiktive Geschichte rund um die Tochter eines Sanatoriumsdirektors, Rotkreuz-Schwester Johanna Gabathuler, ist laut den Machern «inspiriert von wahren Begebenheiten» und soll zeigen, wie die Schweiz während des Ersten Weltkrieges trotz Neutralität Schauplatz europäischer Kriegspolitik gewesen sei.

In den Hauptrollen sind die Luzernerin Dominique Devenport (27; «Sisi») sowie die Deutschen Jeanette Hain (54; «Babylon Berlin») und David Kross (33; «Der Vorleser») zu sehen. Dazu viele Schweizer Gesichter wie Anna Schinz (36), Hanspeter Müller-Drossaart (68), Sven Schelker (33) oder Sunnyi Melles (65).

Dominique Devenport als Tochter des Sanatoriumsbesitzers und Krankenschwester Johanna Gabathuler, David Kross als Dr. Mangold in der neuen SRF-Spionageserie «Davos 1917».
Foto: SRF/Pascal Mora
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Mit diesem Budget und der Topbesetzung ist «Davos 1917» zum Erfolg verdammt. Die Serie muss ein möglichst grosses Publikum erreichen, um den immensen Aufwand zu rechtfertigen und Kritik von SRG-Gegnern kontern zu können. SRF-Fiktionschef Urs Fitze (66) sprach 2021 im SonntagBlick erstmals vom «bislang ambitioniertesten Serienprojekt». Nun sind der neue Fiktionsleiter Baptiste Planche, der 2022 übernahm, und Kulturchefin Susanne Wille (49) verantwortlich.

«Die Serie ist ein Leuchtturmprojekt»

In Arbeit ist «Davos» seit 2016. Damals suchten SRF-Serienchefin Bettina Alber und Drehbuchautor Adrian Illien (41) nach Ideen mit internationalem Potenzial und kamen auf Davos und die Zeit des Ersten Weltkrieges, die auch Thomas Mann (1875–1955) in seinem weltbekannten Roman «Der Zauberberg» behandelt. Die Schatzalp, die ihn ebenfalls inspirierte, wird in der Serie zur Lungenklinik «Curhaus Cronwald».

«‹Davos 1917› ist für uns ein Leuchtturmprojekt», sagt Co-Produzent Ivan Madeo (47) von Contrast Film. «Als Geschichte einer jungen Frau Anfang des 20. Jahrhunderts, die sich in einer patriarchalen Welt behaupten muss, als Mutter und Spionin. Und es ist die erste High-End-Serie, die in einer länderübergreifenden Zusammenarbeit entsteht.»

Für das SRF steht einiges auf dem Spiel. Neben dem Druck von innen und aussen würde ein Erfolg die Strategie von Susanne Wille und SRF-Chefin Nathalie Wappler (55) bestätigen. SRF will in Zukunft noch intensiver auf Serien setzen und internationale Kontakte vertiefen, um gegen Streamingdienste wie Netflix nicht unterzugehen.

«Davos 1917» sollte funktionieren, weil sich bei einem Misserfolg sofort Kritiker aus dem Umfeld der SRG-Halbierungs-Initiative melden, denen solche Prestigevorhaben grundsätzlich ein Dorn im Auge sind. Und SRF wartet auf einen neuen echten Crime-Serien-Hit nach «Wilder». Mit «Tschugger» kann sich SRF nur halbwegs schmücken. Die Reihe wurde an SRF herangetragen und zuerst noch abgelehnt. Und die erste Staffel von «Die Beschatter» aus Basel floppte.

Chancen und Risiken von «Davos 1917»

«Davos 1917» kann funktionieren. Die Krisensituation 1917 liegt angesichts der aktuellen politischen Lage nicht komplett fern. Und Historienserien gegen Ende Jahr fallen nicht nur in der TV-Schweiz auf fruchtbaren Boden. Auch die ARD, die die Serie ab dem 20. Dezember zeigt, ist von «Davos» überzeugt. Mit «Frieden» gelang SRF im November 2020 mit einem verwandten Kriegsstoff ein Überraschungshit. Und auch der Erfolg mit «Gotthard» im Dezember 2016 ist nicht vergessen. Für Schweizer Schauspieltalente ist «Davos» als internationales Sprungbrett in jedem Fall ein Segen.

Wird «Davos 1917» funktionieren? Nach Voransicht der ersten beiden Folgen ist der Eindruck punkto Bild und Schnitt konventionell. Adrian Illiens erzählerische Kniffe und die Regieführung von Jan-Eric Mack (40) – er beschreibt «Davos» als «eine Art Western mitten in den Alpen» – kennen wir aus «Wilder» (Mack wird unterstützt von Anca Miruna Lazarescu, 44, und Christian Theede, 51). Ebenso die Bildsprache (Kamera Tobias Dengler, 46, Timon Schäppi, 37) und die Musik (Adrian Frutiger, 52). Das kann auch ein Vorteil sein. Was der Bauer nicht kennt, frisst er bekanntlich nicht. Das treue SRF-Stammpublikum müsste also schon mal an Bord sein.

Einfluss hat ebenso eine mutige Programmierung, die mit der Ausstrahlung am 17., 18. und 20. Dezember gegeben ist. So kann ein Sog entstehen. Ein Wochenrhythmus wäre heutzutage Gift, das hat SRF erkannt. Für wichtige Eigenproduktionen werden vermehrt Sendeplätze auf dem ersten Kanal frei gemacht. Die erste Serie, die dort im Tagesrhythmus lief, war «Frieden», dann «Neumatt». «Davos 1917» kommt zwar kurz vor Weihnachten, bringt das Festprogramm der Leute aber nicht durcheinander. Zudem sind alle Folgen schon ab dem 15. Dezember auf «Play Suisse» greifbar, als Konzession an die neuen Sehgewohnheiten. «Tschugger» markierte diesbezüglich eine wichtige Zäsur für die Schweiz. Erstmals schauten bei einer Serie mehr Menschen online oder zeitversetzt zu als linear am TV.

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