Foto: Praesens Film

SRF löschte Mondlandung, anderes wird gut behütet
Schweizer Filmklassiker vor dem Zerfall gerettet

SRF, die Cinémathèque suisse und der Verein Memoriav retten Schweizer Spielfilm-Kostbarkeiten vor dem Zerfall und machen sie zugänglich für die Nachwelt.
Publiziert: 24.07.2019 um 12:48 Uhr
Jean-Claude Galli

Es sind wichtige Zeitdokumente: Die Sondersendung zur Mondlandung von 1969, aber auch «Teleboy»-Aufzeichnungen. Im SRF wurden die Aufnahmen überspielt, weil man damals den historischen Wert nicht erkannte (BLICK berichtete).

Akut bedroht waren auch Schweizer Filmhelden, die rund um den Zweiten Weltkrieg Hunderttausende in die Kinos lockten: «Wachtmeister Studer» (1939), «Füsilier Wipf» (1938) oder «Gilberte de Courgenay» (1941).

Die Rettung für die Nachwelt war ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit. Denn die bis Anfang der 50er-Jahre als Filmträger verwendete Nitrocellulose zerfällt unaufhörlich. 80 Prozent der Stummfilm-Weltproduktion und ein Fünftel der frühen einheimischen Filmproduktion sind bereits verloren.

«Die letzte Chance» von Leopold Lindtberg von 1945. Das Flüchtlingsdrama sorgte international für Furore. Bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 1946 gewann Lindtberg damit den Hauptpreis (Grand Prix; die Goldene Palme existierte noch nicht) und den Internationalen Friedenspreis.
Foto: zVg
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Ältester Dialekt-Spielfilm von 1935 gerettet

Seit 2002 restauriert das Schweizer Fernsehen in Zusammenarbeit mit der Cinémathèque suisse und dem Verein Memoriav alljährlich zwei bis vier Schweizer Filme mit digitaler Technik. Der jüngste Coup: die Aufbereitung der Komödie «Jä-soo!» von 1935. Das schwungvolle Werk über den Stadt-Land-Graben mit Emil Hegetschweiler (1887–1959) ist der älteste erhaltene Dialektspielfilm und das Kinodebüt des späteren Regiestars Leopold Lindtberg (1902–1984).

Verschollener Schnyder-Film nach 80 Jahren gefunden

Andere abenteuerliche Rettungsmassnahmen gehen auf private Initiative und akribische Detektivarbeit zurück. So entdeckte der junge Burgdorfer Cineast Raff Fluri (39) 2009 bei einer Recherche im Nachlass des bekannten Gotthelf-Regisseur Franz Schnyder (1910–1993) eine mysteriöse VHS-Kassette mit Filmausschnitten, die einen Mann zeigen, der Schnyder aufs Haar gleicht. Des Rätsels Lösung: «Das kalte Herz» von 1932 mit Schnyder als Schauspieler wurde bereits vor der geplanten Uraufführung von den Nazis zensiert und erschien gar nie im Kino. Fluri findet schliesslich in Berlin 2012 die originalen 16-mm-Elemente und ein fertiges Drehbuch. 2016 kommt der über 80 Jahre verschollene Film am Festival NIFFF in Neuenburg doch noch zu seiner Weltpremiere.

Filmo leistet wichtige Hilfe

Wichtig für die Pflege des alten Spielfilmguts ist jedoch nicht nur die Restaurierung, sondern auch die Verfügbarkeit. Hier leistet das im Frühling 2019 lancierte Streaming-Angebot Filmo wertvolle Arbeit, das ausgewählte Schlüsselwerke des Schweizer Filmerbes online rund um die Uhr zugänglich macht.

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