Krimikolumne
Wenig Action, viel Schauspiel

Ein verschwundener Junge hält Ringelhahn und Voss auf Trab.
Publiziert: 16.05.2021 um 17:58 Uhr
Silvia Tschui

Der Scheff meinte bei den letzten paar Krimikolumnen, die etwas mit Kindern zum Thema hatten, ich müsse jetzt dann mal eine andere Schiene als die Ich-bin-Mami-ich-kann-das-nicht-aushalten-Leier fahren. Es verschwindet also ein fünfjähriger Bub, und die getrennt lebenden, wirklich unerträglich unsympathischen, heillos zerstrittenen Idioten-Eltern bemerken das drei Tage lang nicht: Jeder meint, das Kind sei beim anderen.

Leise Töne machen eine grosse Folge

Nun, ich bin natürlich Mami und kann das (fast) nicht aushalten. Umso höher muss man dem Franken-«Tatort» mit Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Roger Federer – äh, sein verschollener Zwilling Fabian Hinrichs) anrechnen, dass er zum Glück nicht die naheliegende, unerträgliche Pädophilen-Schiene fährt. Tragisch wirds trotzdem – und irgendwann auch absehbar, was da im Ungefähren geschehen sein muss oder könnte.

Dass es trotzdem nicht langweilig wird, ist das Zweite, was man diesem «Tatort» genauso hoch anrechnen muss. Die Folge lebt vom Zwischenmenschlichen, von Zwischentönen, von leisen Hoffnungen und bitteren Enttäuschungen – geht es nun um die zaghafte Möglichkeit einer späte(re)n Liebe oder darum, was Mütter so alles tun, um ihre Kinder zu schützen.

Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs) suchen nach einem seit drei Tagen verschwundenen fünfjährigen Jungen.
Foto: BR/Claussen+Putz Filmproduktion
1/6

Insbesondere Dagmar Manzel brilliert – dabei fand ich ihre Figur bis anhin mehr als blass. Aber auch Nebenfiguren sind exzellent besetzt. Etwa die seltsame Mutter (Bettina Hoppe) eines noch seltsameren Jungen (Simon Frühwirth). So hält man schliesslich sogar als Mutter einen «Tatort» mit Kindern in misslicher Lage aus.

«Tatort»: «Wo ist Mike?», 20.05 Uhr, SRF 1
Wertung: Dreieinhalb von fünf


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