150 Millionen für die Medien
SVPler wollten auch Staatsgelder für Blocher-Blätter

Nein, nein, nein: Medienförderung ist der SVP viel zu teuer. Angesichts der Corona-Krise könne sich die Schweiz diese nicht leisten, fanden ihre Ständeräte. Mit einer Ausnahme: Wenn SVP-Milliardäre die Nutzniesser sind, dann sind Fördergelder plötzlich willkommen.
Publiziert: 18.06.2020 um 23:10 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2020 um 13:17 Uhr
Verlage sollen für die Zustellung ihrer Zeitungen und Zeitschriften mehr unterstützt werden. Denn die Medienbranche verdient weniger Geld als früher – ist aber für die Demokratie in der Schweiz wichtig. Das findet der Ständerat.
Foto: keystone-sda.ch
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Sermîn Faki

«Wir nicht, die anderen auch» ist ein beliebtes Argument in der Politik. Im Ständerat war am Donnerstag eine andere Variante zu bestaunen: «Eigentlich keiner, aber wenn, dann auch Blocher.»

Es ging um die Medienförderung. Der Bund möchte die Zustellung von Zeitungen und Zeitschriften stärker unterstützen. Zudem sollen neu Onlinemedien gefördert werden. Insgesamt geht es um 150 Millionen Förderfranken pro Jahr.

Einige SVP-Fraktionsmitglieder wehrten sich vehement gegen das Paket: Der Aargauer Hansjörg Knecht (60) argumentierte, dass eine so «massiv» aufgestockte Presseförderung angesichts der Corona-Schulden «nicht tragbar» sei. Besonders stossend sei, dass neu auch die «grossen Medienkonzerne profitieren, die stattliche Gewinne erzielt hätten».

«Abzockerschreck» mit dem Zweihänder

Thomas Minder (59) packte – wie man es vom «Abzockerschreck» gewohnt ist – den rhetorischen Zweihänder aus: Man werfe mit Steuergeldern nur so um sich, schimpfte er. «Frau Bundesrätin», sagte er an die Adresse von Medienministerin Simonetta Sommaruga (60), «bricht es Ihnen nicht das Herz, wenn Sie die börsenkotierte Tagi-Unternehmung, die liberale NZZ sowie die steinreichen Familien Ringier und Wanner mit Steuergeldern subventionieren?» Der Ringier-Verlag gibt unter anderem den BLICK heraus, die Familie Wanner steht hinter CH Media.

Im Rat fanden die Bedenken aus der SVP-Fraktion allerdings kein Gehör. Der Antrag, das Paket zu versenken, fand gerade mal fünf Unterstützer.

Geld für Gratisblätter

Als es dann um die Details ging, wendete sich das Blatt. Eigentlich sollten – wie bisher – nur abonnierte Zeitungen und Zeitschriften profitieren. Doch die ach so sparsamen SVP-Ständeräte wollten den Kreis der Nutzniesser plötzlich ausweiten: Sie warfen sich für Gratiszeitungen ins Zeug.

Knecht sagte, dass diese – es handelt sich um werbefinanzierte Gratisanzeiger – in den Regionen ebenso verankert und glaubwürdig seien wie Abonnementszeitungen. «Diese Zeitungen erbringen folglich genauso einen wichtigen staats- und demokratiepolitischen Beitrag.» Sie von der Förderung auszuschliessen, sei falsch, so Knecht.

Förderfranken für SVP-Milliardäre?

Woher der Sinneswandel? Fakt ist: SVP-Doyen Christoph Blocher (79), der einst als Ems-Chemie-Besitzer zu Reichtum kam, ist heute bei den Anzeigern dick im Geschäft. Ihm gehören mehr als 30 Gratisanzeiger vom Genfer- bis an den Bodensee.

Die Blocher-Medien erreichen jede Woche über 1,1 Millionen Leser. Und er ist nicht der einzige SVP-Mann in diesem Geschäft. Auch alt SVP-Nationalrat und Autoimporteur Walter Frey (76) ist ein grosser Akteur im Gratisanzeiger-Business.

Knecht sagt, dass viele der Gratisanzeiger aus dem Hause Blocher eine zu grosse Auflage hätten, als dass sie nach seinem Willen in den Genuss der Förderung gekommen wären. «Mir ging es um die lokale und regionale journalistische Vielfalt – und da ist Qualität keine Frage von gratis oder Abonnement.»

Dennoch blieb die SVP chancenlos. Der Ständerat mochte die Förderfranken nicht auch an die SVP-Milliardäre Blocher und Frey vergeben.


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