Aargauer Gerichtsentscheid
Corona-Kritiker zu Recht als Lehrer entlassen

Ein Lehrer an der Kantonsschule in Wohlen AG hat seinen Job nach wiederholter öffentlicher Kritik an den Corona-Massnahmen und den Behörden zu Recht verloren. Das hat das Aargauer Verwaltungsgericht entschieden.
Publiziert: 04.01.2023 um 11:33 Uhr
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Aktualisiert: 05.01.2023 um 15:40 Uhr

Der seit 2006 mit einem Teilzeitpensum angestellte Lehrer habe seine Treuepflicht gegen den in der Mahnung von 2020 aufgestellten Grundsatz der strikten Trennungspflicht zwischen privaten Ansichten und beruflicher Funktion verletzt. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Urteil des Verwaltungsgerichts hervor.

Dieser Verhaltensmangel sei während der Bewährungszeit aufgetreten. Daher liege ein sachlicher Kündigungsgrund gemäss des kantonalen Gesetzes über die Anstellung von Lehrpersonen (GAL) vor.

Lehrer soll als Redner an Demo teilgenommen haben

Das kantonale Bildungsdepartement stützte die Kündigung des Lehrers, der im Aargau als Corona-Kritiker einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangte. Er war unter anderem im Februar 2021 in Wohlen an der Demonstration gegen die Corona-Massnahmen als Redner aufgetreten.

Die Kündigung sei unverhältnismässig, argumentierte der Lehrer in seiner Klage an das Verwaltungsgericht. Alle vorgeworfenen Äusserungen und Aktivitäten fielen in den Schutzbereich der Meinungsäusserungsfreiheit. Er sei auch an der Demonstration in Wohlen primär als Privatperson aufgetreten.

Die Schule hatte den Lehrer bereits im September 2020 wegen unprofessionellen Verhaltens abgemahnt. Er trenne nicht strikt zwischen seinen privaten Anliegen und seinen beruflichen Aufgaben, hiess es.

Der Mann hatte zudem von seiner geschäftlichen E-Mail-Adresse in einem Massenversand an alle rund 120 Lehrpersonen für das Referendum zum Covid-19-Gesetz geworben.

Seine Kündigung sei unverhältnismässig, argumentierte ein entlassener Lehrer in seiner Klage an das Verwaltungsgericht.
Foto: imago images/imagebroker
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Vertrauen «empfindlich gefährdet»

Das Verwaltungsgericht führt in seinem 33 Seiten zählenden Urteil aus, dass das Verhalten des Klägers zeige, dass dieser «seiner Vorbildfunktion als Lehrer nicht gerecht wurde». Das Verhalten sei ohne Weiteres geeignet gewesen, dem Ansehen und der Glaubwürdigkeit seines Arbeitgebers und der Schule als kantonale Institution in Öffentlichkeit zu schaden.

Damit habe er auch das Vertrauen der Schülerinnen und Schüler und deren Eltern in die ordnungsgemässe Ausübung des Berufsauftrags «empfindlich gefährdet». So müsse ernsthaft angezweifelt werden, dass die Schule die geltenden Schutzmassnahmen glaubwürdig umzusetzen in der Lage gewesen sei.

Als Lehrer sei er in der Öffentlichkeit kompromisslos aufgetreten und habe dazu ermuntert, die behördlich angeordneten Massnahmen zu missachten. Der Lehrer sei sich der drohenden Kündigung bewusst gewesen und habe dies bei seiner Rede an der Kundgebung in Wohlen auch erklärt.

An Treuepflicht erinnert

Der Kläger schreckte gemäss Verwaltungsgericht in seiner auf Youtube archivierten Rede auch nicht davor zurück, ein amtierendes Mitglied des Bundesrats mittels Beleidigungen zu verunglimpfen. Er habe Bundesrat Alain Berset als «krank» betitelt.

Zudem habe er sich gehörig in der Wortwahl vergriffen und habe diejenigen, die gegen die Covid-19-Vorschriften verstiessen, als Vorbilder dargestellt. Vom Kläger als einer an einer kantonalen Schule angestellten Lehrperson dürfe und müsse jedoch ein vorbildliches Auftreten in der Öffentlichkeit erwartet werden.

Das Verwaltungsgericht erinnert daran, dass die Bundesverfassung jeder Person das Recht gebe, ihre Meinung frei zu bilden und diese ungehindert zu äussern und zu verbreiten. Gegenüber öffentlich-rechtlichen Angestellten könne die Treuepflicht die Meinungsäusserungsfreiheit einschränken.


Treuepflicht bedeutet, dass die öffentlich-rechtlich angestellte Person bei der Erfüllung ihrer Aufgabe über die eigentliche Arbeitsleistung hinaus die Interessen des Gemeinwesens wahrt, wie das Verwaltungsgericht erläutert. Die Treuepflicht bezwecke, die Funktionstüchtigkeit der öffentlichen Verwaltung zu sichern, indem das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Staat nicht untergraben werde.

Beschränkungen der Meinungsfreiheit gestützt auf die Treuepflicht seien nur zulässig, soweit sie sachlich begründet seien und in einem vernünftigen Verhältnis zu deren Zweck stünden. Öffentliche Kritik sei gemäss Bundesgericht nicht grundsätzlich ausgeschlossen, jedoch gebietet die Treuepflicht der angestellten Person, sich insbesondere in der Art und Weise der Kritik eine gewisse Zurückhaltung aufzuerlegen. (SDA)

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