Abschaffung der Stempelsteuer
Werden schon wieder Konzerne entlastet?

Am 13. Februar stimmt die Schweiz über die Abschaffung der Emissionsabgabe ab. «Steuer-Bschiss!», findet die Linke. Falsch, kontert Finanzminister Ueli Maurer. Doch worum geht es eigentlich?
Publiziert: 03.01.2022 um 16:02 Uhr

«Nein zum Stempelsteuer-Bschiss, keine weiteren Steuerprivilegien für Grosskonzerne!», schreiben SP, Grüne und Gewerkschaften auf ihren Webseiten. Sie haben das Referendum gegen die Abschaffung der sogenannten Emissionsabgabe ergriffen, am 13. Februar stimmt die Schweiz darüber ab. Emi... was? Blick erklärt, worum es geht.

Was ist die Emissionsabgabe?

Die Emissionsabgabe gehört zu den sogenannten Stempelsteuern und ist eine Steuer, die Unternehmen bezahlen müssen, wenn sie Eigenkapital aufnehmen. Das heisst: Wenn sie Aktien am Unternehmen verkaufen, um so an mehr flüssige Mittel zu kommen. Die Emissionsabgabe beträgt ein Prozent des aufgenommenen Kapitals. Wer also Aktien im Wert von 10 Millionen Franken herausgibt, muss 100'000 Franken Emissionsabgabe bezahlen. Diese Steuer fällt nur an, wenn das aufgenommene Kapital über eine Million Franken beträgt. Nimmt ein Unternehmen Fremdkapital auf – also einen Kredit –, fällt die Abgabe ebenfalls nicht an.

Am 13. Februar stimmt die Schweiz über die Abschaffung der Stempelsteuer ab. Im Bild das Referendumskomitee bei einer Medienkonferenz.
Foto: keystone-sda.ch
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Was hat das mit einem Stempel zu tun?

Der Name ist historisch bedingt, wie die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) erklärt. Früher musste man für bestimmte Rechtshandlungen tatsächlich die Erlaubnis des Staats haben. Und die bekam man mit einem Stempel. Früher handelte es sich also um eine Gebühr für den Stempel, heute haben die Stempelabgaben den Charakter einer Steuer. Neben der Emissionsabgabe erhebt der Bund noch zwei weitere Stempelabgaben: die Umsatzabgabe auf den Handel mit Wertschriften und die Versicherungsabgabe auf Prämien für bestimmte Versicherungen. Die Umsatz- und die Versicherungsabgabe sind aber nicht Teil der Abstimmungsvorlage.

Sind Stempelabgaben eine Schweizer Eigenart?

Ein bisschen schon. Neben der Schweiz und Liechtenstein erheben in Europa nur noch Griechenland und Spanien eine vergleichbare Steuer. Allerdings haben andere Staaten andere Instrumente, um Finanztransaktionen zu besteuern.

Wer bezahlt die Emissionsabgabe eigentlich?

Gemäss Zahlen der ESTV haben im Jahr 2020 rund 2300 Unternehmen mindestens eine Emissionsabgabe bezahlt. Dabei handelt es sich vorwiegend um mittlere und grosse Unternehmen, kleine Unternehmen nehmen meist kein Eigenkapital in dieser Grössenordnung auf.

Wieviel nimmt der Bund durch die Emissionsabgabe ein?

Gemäss Zahlen des Bundes sind es etwa 250 Millionen Franken pro Jahr. Das ist wenig, wenn man daran denkt, dass der Bund in den letzten Jahren regelmässig mehr als 70 Milliarden Franken eingenommen hat.

Warum soll die Emissionsabgabe abgeschafft werden?

Der Bundesrat, die bürgerliche Mehrheit des Parlaments sowie die grossen Wirtschaftsverbände sagen, dabei ginge es um die Standortattraktivität der Schweiz. Eine Abschaffung der Emissionsabgabe käme insbesondere jungen, wachstumsstarken Unternehmen zugute. Denn wenn Investitionen weniger kosten, könnten Unternehmen das eingesparte Geld zur weiteren Entwicklung einsetzen. Das generiere Wachstum und schaffe Arbeitsplätze. Und Finanzminister Ueli Maurer (71) ist sicher: Die 250 Millionen Franken, die zunächst fehlen, würden mit der Zeit durch die Wachstumsimpulse kompensiert werden.

Was spricht dagegen?

SP, Grüne und die Gewerkschaften wollen die Abschaffung mit dem Referendum verhindern. Sie behaupten, dass vor allem international tätige Grosskonzerne, Banken und Versicherungen von der Abschaffung der Stempelsteuer profitieren würden. Die Bürgerinnen und Bürger müssten dafür höhere Steuern bezahlen oder einen Abbau von staatlichen Leistungen in Kauf nehmen – wie schon in den vergangenen Jahren. Finanzminister Maurer zeigte allerdings, dass die letzten Reformen bei den Unternehmenssteuern mehr Einnahmen in die Staatskasse gespült haben und die meisten Kantone die Einkommenssteuern, vor allem für Geringverdiener, gesenkt haben.

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Die Gegner warnen jedoch davor, dass bei einem Ja zur Vorlage die Umverteilung in den kommenden Jahren im gleichen Stil weitergehen werde. Weitere Privilegien für Grosskonzerne seien bereits in der Pipeline. Diese Reformen würden jährlich über zwei Milliarden Franken kosten, schätzt das Referendumskomitee.

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