Abschuss von Wölfen hat ein Nachspiel
Nun droht Rösti eine GPK-Untersuchung

Wie kam es zum grossen Wolfs-Massaker, für das die nötige Rechtsgrundlage wohl fehlt? Warum soll der Bestand auf zwölf Rudel dezimiert werden, während die Wissenschaft noch immer 20 Wolfsrudel für notwendig hält? Dem soll die GPK auf den Grund gehen.
Publiziert: 19.12.2023 um 20:15 Uhr
|
Aktualisiert: 20.12.2023 um 09:19 Uhr

Das Wolfs-Massaker fliegt Umweltminister Albert Rösti (56) um die Ohren. Er will den Wolfsbestand auf zwölf Rudel ausdünnen. Gegen einen Teil der Regulation wurde beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerden eingereicht. Doch Röstis Vorhaben erleidet nicht nur auf dem Rechtsweg einen Dämpfer.

Die Wolfsjagd, zu der der SVP-Bundesrat und sein Generalsekretär Yves Bichsel (51) geblasen haben, sorgt auch für Zunder im Bundeshaus: «Ich beantrage in der Geschäftsprüfungskommission, dass untersucht wird, wie es zur vermutlich widerrechtlichen Abschussverordnung für die Wölfe kommen konnte», sagt SP-Nationalrätin Gabriela Suter (51) zu Blick.

Als GPK-Mitglied verlangt sie Klarheit darüber, wie Röstis Umweltdepartement (Uvek) solche Verordnungen durchstieren kann. Ihr GPK-Kollege, der Grünen-Nationalrat Michael Töngi (56), findet es ebenfalls angebracht, dass die Geschäftsprüfer beim Thema Wolfsabschuss «zumindest Fragen stellen».

Albert Röstis Wolf-Abschusspläne geben zu reden.
Foto: Keystone
1/8

GPK-Chef sträubt sich

Ein weiteres Mitglied macht klar: «Es ist eigentlich unmöglich, die Vorgänge nicht zu untersuchen, die zur missglückten, weil rechtswidrigen Wolfsabschuss-Verordnung geführt haben.» Sonst mache sich der neue GPK-Chef Erich Hess (42) – er gehört wie Rösti der SVP an – gleich am Anfang seines Präsidiums unglaubwürdig. Das schade auch der GPK selbst.

Noch macht Hess keine Anstalten, die Wolfsjagd unter die Lupe zu nehmen: «Ich gehe nicht davon aus, dass es eine GPK-Untersuchung braucht.» Das Verfahren am Bundesverwaltungsgericht zur Wolfsverordnung werde zeigen, zu welchem Urteil man komme.

Sollte das Gericht die Beschwerden gutheissen, könne das Parlament Korrekturen vornehmen «und allenfalls die Berner Konvention aufkündigen». Gemäss dieser ist der Wolf ein streng geschütztes Tier. Das Vorhaben von Hess – statt Rösti und das Uvek zurückzupfeifen, das Gesetz zurechtzubiegen – dürfte ausserhalb der SVP aber kaum mehrheitsfähig sein.

Ins Visier werde wegen Röstis Wolfsjagd wohl auch dessen rechte Hand geraten, ist man sich in Bundesbern einig. Der einstige SVP-Generalsekretär Bichsel gilt als Röstis Aufpasser im Departement. So wie SVP-Bundesrat Guy Parmelin (64) mit Martin Baltisser (54) einen einstigen Parteisekretär zur Seite gestellt bekam, habe Rösti mit Bichsel einen Aufpasser der SVP bekommen, heisst es.

Auch bürgerliche Kritik

Besonders ungelegen kommt Rösti und Bichsel, dass nicht bloss linke Städter und Tierschutzverbände gegen das Wolfs-Massaker Sturm laufen. Auch bürgerliche Politiker, die im Grunde für eine Regulierung des Wolfs sind, äussern Kritik.

Der oberste Berner Jäger Lorenz Hess (62) sagt: «Wenn der Bundesrat übers Ziel hinausschiesst, ist es kontraproduktiv.» Für das Image der Jagd sei es schlecht, wie etwa der Abschuss des Wolfes im Kanton Wallis aufgegleist wurde. Der Mitte-Nationalrat ist der Meinung, dass die Verantwortung für die Regulierung der Wolfsrudel vorerst bei der Wildhut liegen solle.

Sein Nationalratskollege Matthias Jauslin (61, FDP) sekundiert: «Wenn die Leitwölfe in einem Rudel abgeschossen werden und sich die überlebenden Tiere in alle Winde zerstreuen, produzieren wir genau solche Problemwölfe, die wir nicht wollen.» Der Wolf sei das intelligenteste Raubtier in unseren Breitengraden und durchaus lernfähig. «Deshalb sollten wir ihm fortwährend seine Grenzen aufzeigen und ihn von dort vertreiben, wo wir ihn nicht haben möchten.»

Was tun gegen Bundesratswillkür?

Obendrein reicht SP-Nationalrätin Martina Munz (67) in der laufenden Session eine Interpellation zum Thema ein. Sie will vom Bundesrat wissen, warum hier gesetzes- und verfassungswidrig gehandelt sowie die von der Schweiz ratifizierte Berner Konvention missachtet werde.

Auch zur Zahl der Rudel soll sich der Bundesrat äussern. Wie Parteikollegin Suter fragt Munz sich, wieso plötzlich zwölf Rudel für einen gesunden Wolfsbestand ausreichen sollen, wo wissenschaftlich früher stets mindestens 20 verlangt wurden.

Und Munz verlangt Klarheit darüber, wie sich die Bevölkerung gegen Verfassungs-, Gesetzes- und Konventionsverstösse durch den Bundesrat zur Wehr setzen könne. Alles keine guten Nachrichten für Rösti – eher für den Wolfsbestand.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?