Energiegesetz-Komitees widersprechen sich
Zahlensalat bei Rösti und Mitstreitern

Was kostet die Energiewende? Befürworter und Gegner machen dazu widersprüchliche Angaben. Nun zeigt sich: Nicht einmal im gegnerischen Lager herrscht über diese Frage Einigkeit.
Publiziert: 08.04.2017 um 16:27 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 06:06 Uhr
Sind es nun 3200 Franken oder nur 2400? Selbst die Gegner der Energiestrategie sind sich über die Kosten nicht einig. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Foto: PETER SCHNEIDER
Sermîn Faki

Die SVP hat das Referendum gegen die Energiestrategie 2050 ergriffen, am 21. Mai wird die Schweiz über die Vorlage abstimmen. Zentrales Argument der Frauen und Männer um Parteipräsident Albert Rösti: die Kosten. 3200 Franken im Jahr würde der Atomausstieg einen vierköpfigen Haushalt kosten, rechnet die SVP vor – und illustriert das mit einer vor Kälte bibbernden jungen Frau unter der kalten Dusche.

Auch Wirtschaftsverbände und andere Organisationen sind gegen die Energiewende. Im Komitee «Energiestrategie Nein», geführt vom Verein Alliance Energie, kämpfen etwa Gastrosuisse, der Giesserei-Verband sowie die Jungfreisinnigen und die EDU dagegen.

Ist es doch ein bisschen günstiger?

Auch sie warnen vor den Kosten. Allerdings fallen diese bei ihnen nicht ganz so hoch aus wie bei der SVP. Statt 3200 Franken pro Durchschnittshaushalt kostet die Energiewende für die Alliance Energie nur 2400 Franken im Jahr, nämlich 600 pro Person.

Ein Zahlendurcheinander also im gegnerischen Lager. Doch wie kommen die Komitees auf ihre Zahlen? Alliance Energie macht es sich einfach: «Laut Schätzungen des Bundes würde eine Energiewende unser Land rund 200 Milliarden Franken kosten», steht auf der Webseite. «Das sind 600 Franken pro Person und Jahr während 30 Jahren.»

Bei einer Einwohnerzahl von aktuell 8,5 Millionen geht das rechnerisch allerdings nicht auf. Doch Lukas Weber von Alliance Energie klärt auf: «Aufgrund des Bevölkerungswachstums habe ich mit einer Einwohnerzahl von 10 Millionen gerechnet», sagt er. Das erkläre auch den Unterschied zur SVP. «Aber wir bewegen uns ja dennoch in der gleichen Grössenordnung», findet er.

Auch die SVP schummelt

Bei der SVP ist hingegen klar, wie sich die 3200 Franken berechnen. Die höheren Subventionen für Strom aus erneuerbaren Energien führen gemäss Partei zu 150 Franken Mehrkosten. Ausserdem rechnet die SVP damit, dass sich wegen steigender Energiekosten auch Konsumgüter um ein Prozent verteuern werden. Macht nochmal 650 Franken im Jahr.

Und dann rechnet die SVP noch 2426 Franken für Abgaben auf Brenn- und Treibstoffen dazu. Und hier schummelt sie ein bisschen. Denn diese Abgaben sind noch nicht beschlossen, sondern stehen höchstens in einem zweiten Schritt zur Debatte.

«Niemand ist Mike Shiva»

Die Befürworter der Energiestrategie nehmen man den Ball dankbar auf: «Dieser Zahlensalat zeigt nur eins: Niemand von uns heisst Mike Shiva. Niemand weisst, wieviel die Investitionen in die Energiewende genau kosten werden», sagt Sandro Pfammatter vom Verband der Schweizerischen Elektrizitätsunternehmen (VSE). «Vor diesem Hintergrund ist die Angstmacherei der Gegner sehr unglaubwürdig.»

Im Umkehrschluss heisst das aber auch, dass die 40 Franken Mehrkosten pro Jahr und Haushalt, von denen der Bund ausgeht, ebenfalls falsch sein können.

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